Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
diese Nachrichten in den Linien lesen könnt?«
»Das Geheimnis zu offenbaren, wohledler Herr, gehört nicht mehr zu unserer Vereinbarung!«
»Nein? Gut, wollen wir eine neue machen?«
»Gern. Ihr schenkt mir, was ich begehre, und ich verrate Euch auch dieses Geheimnis.«
»Und was begehrt Ihr?«
Sie zwinkerte ihm zu.
»Müsst Ihr schon selbst herausfinden, mein hübscher Herr!«
»Einen süßen Kuss, meine Liebliche?«
»Ach pah, Küsse sind billige Münze. Strengt Euch ein bisschen mehr an. Und nun geht, Herr Marian, Mats Schlyffers kommt bald nach Hause und will sein Essen haben.«
»Gut, wie Ihr wollt. Doch darf ich wiederkommen, wenn ich ein Geschenk gefunden habe?«
»Wenn Ihr das rechte findet!«
Sie führte ihn zur Tür, und als diese hinter ihm zugefallen war, blieb er noch einen Moment versonnen vor dem Haus stehen. Von drinnen erklang fröhlicher Gesang.
In diesem Augenblick bemerkte Marian, dass er sein Wachstäfelchen und den Griffel bei ihr hatte liegen lassen.
Er lächelte ob dieses Verlusts.
John hatte ihn am Vormittag gebeten, bei den Spielleuten nach Kilian Ausschau zu halten, doch als er in deren Quartieren vorbeigeschaut hatte, war das Trüppchen ausgeflogen. Der Wirt, in dessen schäbiger Kaschemme sie Unterkunft genommen hatten, gab ihm nur abfällig zu verstehen, dass die Wachen schon nach diesem Diebsgesindel gefragt hatten.
Gislindis hatte seine Vermutung nur bestätigt. Aldenhoven hatte die Büttel nach Kilian suchen lassen, und die Spielleute, die sehr wohl erkannt haben mussten, dass der Knabe nicht zu dem Bettlervolk oder den Straßenjungen gehörte, wollten nicht Gefahr laufen, dass er in ihrer Mitte gefunden würde. Neu war die Botschaft, dass sie ihn wieder zum Hafen gebracht hatten.
Dort also würde die Suche erneut beginnen.
Und sie würde schwieriger werden, denn nun war die Geleitwoche angebrochen, und zahllose Kaufleute und Händler strömten in die Stadt, um an der Martinsmesse teilzunehmen.
Er hatte Gislindis auch nach dem möglichen Verbleib der Brautkrone fragen wollen, doch das war vornehmlich Johns Aufgabe. Und der hatte augenscheinlich etwas unternommen.
Während Marian zu Alyss’ Haus schlenderte, bedachte er diesen Umstand. Auch er war nicht gänzlich überzeugt davon, dass die Entführer die Krone besaßen. Sie mochten sie gestohlen haben – nicht für sich, sondern für einen, dem daran lag. Und hinter dem hatte John seinen bis dato unsichtbaren Handelsgehilfen hergeschickt. So in etwa lautete seine Theorie, als er das Haus in der Witschgasse betrat.
Hier fand er das Hauswesen in wildeste Spekulationen verstrickt, und auch ihn verblüffte die Neuigkeit über die Rolle, die Houwschild in Kilians Entführung zu spielen schien.
25. Kapitel
S päter, als Marian gegangen war, Hilda sich zurückgezogen und die Jungfern ebenfalls ihre Kammer aufgesucht hatten, vergnügten sich nur Tilo und John noch mit einer Schachpartie.
Alyss hatte am Feuer gesessen und Benefiz ein wenig geneckt, doch ihre Unruhe konnte sie damit nicht mildern. Frieder war noch immer nicht zurückgekommen.
Gut, junge Männer mussten mal über die Stränge schlagen, und sie wollte keine Glucke sein. Aber sie hatte die Verantwortung für ihn übernommen, und es war schlimm genug, dass sie bei Kilian versagt hatte.
Nur was konnte sie tun? Jetzt in der Dunkelheit zum Hafen zu gehen kam für sie nicht in Frage. Tilo zu schicken, wäre den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, und John hatte sie bereits genug aufgebürdet.
Blieb Peer. Der Handelsgehilfe war gut mit Frieder ausgekommen und erfahren genug, ihn auch aus einer Taverne voller trunkener Fuhrknechte und Schiffer zu retten.
Leise stand sie auf und ging über den Hof zu den Stallungen, wo Peer seine Kammer hatte. Doch kaum war sie am Fuß der Stiege angekommen, blieb sie stehen. Leises Lachen, eindeutig das von Hilda, klang ihr entgegen. Und dann die raue Stimme von Peer. Alyss machte auf dem Absatz kehrt.
Heilige Mutter Maria, das hatte sie nun wirklich nicht geahnt!
John sah vom Schachbrett auf, als sie wieder in die Küche
trat, wandte sich dann an Tilo und bat ihn, die Fortsetzung der Partie auf den nächsten Tag zu verschieben.
»Ja, es ist spät geworden«, gähnte Tilo und reckte sich. Mit einem Gutenachtgruß empfahl er sich, und Alyss war alleine mit John.
»In dieser Nacht, Mistress Alyss, soll ich mich dann wohl mit den Schiffern herumschlagen und Jung Frieder aus den Armen der Hafenschwälbchen
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