Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
herb, und ein neues duftendes Öl von Minze und Lavendel. Das möchte Euch gefallen.«
Mit dem zarten Öl glättete Susi Alyss’ lange Haare und flocht sie dann zu einem festen Zopf, den sie ihr um den Kopf wand und mit dem Tuch wie mit einem maurischen Turban umwickelte.
»Und nun wärmt Eure steifen Glieder im heißen Bad. Nachher behandle ich Eure Prellungen und Beulen.«
Hedwigis und Lauryn saßen schon in dem großen Zuber und schwatzten leise, als Alyss sich zu ihnen gesellte. Susi orderte die Badermagd, noch eine weitere Kanne heißes Wasser nachzugießen, und stellte ihnen einen Krug mit süßem Most auf das Brett über dem Bottich.
Alyss streckte sich aus und fühlte, wie das heiße Wasser ihre Muskeln lockerte. Dampfschwaden stiegen auf, Lavendelduft und der Geruch von Äpfeln umwehte sie, leise plätscherte irgendwo die Unterhaltung einiger anderer Badender vor sich hin, von draußen drang gedämpft der Straßenlärm herein, und das graue Novemberlicht, das durch die kleinen Fenster fiel, mischte sich mit den Flammen der Öllampen, die von der Decke hingen. Sie döste vor sich hin, eine ganze Weile offensichtlich, denn erst als eine weitere Kanne heißes Wasser nachgegossen wurde, bemerkte sie, dass die Wassertemperatur im Bottich gesunken war. Sie hob die Lider und sah, dass die beiden Jungfern sie beobachteten.
»Ihr seid müde gewesen, Frau Alyss«, meinte Lauryn und reichte ihr den Becher.
»Ein wenig. Aber nun habe ich mich erholt.«
»Dann darf ich Euch mal eine Frage stellen? Ich meine, bitte?«
Neugierig wandte Alyss sich Hedwigis zu. Derart sanft und demütig pflegte die Patriziertochter gewöhnlich nicht zu bitten. Es musste wohl etwas für sie sehr Wichtiges sein, dass sie nun sogar verlegen die Finger verknotete.
»Natürlich. Um was geht es denn?«
»Frau Alyss, was habt Ihr gegen Herrn Merten?«
»Nichts, Hedwigis. Ich habe nur etwas dagegen, dass du zu freundlich zu ihm bist. Er ist nicht der richtige Mann für dich. Das habe ich doch schon mal sehr deutlich gesagt.«
»Aber … aber warum nicht? Er ist doch ein gewandter und höflicher Herr. Was spricht denn gegen ihn?«
Ja, was sprach gegen ihn als Gatten für Hedwigis? Wie sollte sie ihr verständlich machen, dass Merten nie ein guter Ehemann werden würde? Das lag nicht in seiner leichtherzigen Natur. Er würde ihr über kurz oder lang weh tun. Aber um eine Erklärung bat sie, und eine Erklärung sollte sie bekommen.
»Hedwigis, dein Vater ist ein guter und erfolgreicher Baumeister. Ich bin sicher, er wünscht sich einen Schwiegersohn, der ihn in seinem Gewerbe unterstützt.«
»Aber das könnte Merten doch auch.«
»Nein, das kann Merten nicht. Sieh mal, der Junge hat sehr früh seinen Vater verloren und wurde von seiner Mutter und Großmutter aufgezogen. Als er sieben war, hat Arndt seine Mutter geheiratet, aber da er damals seinen Weinhandel ausgeweitet hat, hat er sich nicht viel um den Jungen kümmern können. Dann starb auch Mertens Mutter, und er kam unter die Obhut der alten Trude de Lipa. Niemand hat sich je darum gekümmert, dass er in die Lehre gegeben wurde, und als mein Gatte endlich die Zeit dafür fand, war es zu spät für ihn.« Sie verschwieg Hedwigis, dass erst auf ihre und Roberts Anregung hin der verwöhnte Junge in die geschäftlichen Tätigkeiten eingewiesen werden sollte, darin aber sowohl Fähigkeit wie auch Gefallen vermissen ließ.
»Er braucht ja auch nicht zu arbeiten, Frau Alyss. Er hat doch eine reiche Großmutter.«
Was weidlich übertrieben war, soweit Alyss wusste.
»Ich könnte mir aber vorstellen, dass dich Vater lieber mit einem Mann verheiratet sähe, der sein oder wenigstens irgendein Handwerk versteht«, wagte Alyss noch einmal einzuwenden.
»Mein Vater schon, aber Mutter sieht das anders. Weil, Merten kennt doch die ganzen Patrizier und ganz viele von den Adligen.«
Wiltrud, eine geborene Overstoltz, war in Alyss’ Augen ein dünkelhaftes Weib und bildete sich ungeheuer viel auf ihre edle Abstammung ein. Ein Makel, den sie leider ihrer Tochter weitergegeben hatte. Gewiss, sie würde an Merten Gefallen finden. Er war jung, gut aussehend, von geschmeidigen Manieren und hatte tatsächlich viele einflussreiche Freunde, von denen sie selbst auch einigen Nutzen hatte.
Alyss seufzte.
»Nun gut, Hedwigis. Hat denn Merten schon erklärt, dass er um dich werben will?«
Jetzt war es an dem Mädchen, verlegen dreinzuschauen.
»Aha. Also nicht. Nun, dann ziert es die Jungfrau,
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