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Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Titel: Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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ungarischen Grünen mit Protesten empfangen worden. Sie hatten sich den Mund zugeklebt und hielten ihrem Premier leere Titelseiten von namhaften ungarischen Zeitungen entgegen, auf denen nur ein einziges Wort in roten Buchstaben stand: »Zensiert«. Das war ein Protest gegen das umstrittene Mediengesetz, das seit Januar in Ungarn galt und eines Landes mit demokratischen Ambitionen nicht würdig war. Die Medien sollten damit in Schach gehalten werden und durften ausschließlich national opportune Nachrichten bringen, was sich besonders auf den kulturellen Sektor bezog. Es kündigte sich eine echte Zensur an in jenem Land, das für die nächsten sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft innehaben würde.
    In erster Linie bildeten sich jedoch immer mehr Milizen, selbst ernannte Gesetzeswächter, bevorzugt in Uniformen. Sie erinnerten an die Pilkors-Bewegung im Zweiten Weltkrieg, jene prodeutschen Stoßtruppen, die für die Nazis hilfsbereit die ungarischen Juden ausfindig machten und sie ins Konzentrationslager deportierten. Die Magyar Gárda zum Beispiel gehörte dazu, die ungarische Garde, aber auch die schwarz gekleideten Gestalten der Gruppierung Szebb Jövőért Polgárőr Egyesület, des Bürgerwehrvereins »Für eine schönere Zukunft«. Die hatten sich Anfang des Jahres in der Ortschaft Gyöngyöspata, nordöstlich von Budapest, zusammengefunden und einen umfassenden und anhaltenden Krieg gegen die Bewohner, vor allem gegen die dort ansässigen Roma geführt. An Ostern war die Situation eskaliert, was eine Massenevakuierung der Roma zur Folge hatte.
    Nyberg musste nicht einmal auf das Autobahnschild sehen, um zu wissen, welches Ziel der rote Passat ansteuerte. Gyöngyöspata.
    Es war eine Fahrt in das Herz der Finsternis.
    Noch immer regnete es ununterbrochen, allerdings weniger stark als vorher. Der Himmel war ein einheitliches Grau, stahlgrau, die Landschaft karg, die Bäume der Wälder sahen mager aus, wie ausgelaugt. Sie näherten sich dem Mátragebirge. Dann hatten sie die kleine Stadt erreicht, die nicht mehr als dreitausend Einwohner zählte.
    Gunnar Nyberg wäre viel lieber nach Budapest hineingefahren. Es war so viel einfacher, in einer Großstadt unerkannt zu bleiben. Gyöngyöspata war nicht nur klein, es war auch eine sehr wachsame Stadt. Und je weiter sie hineinfuhren, desto deutlicher wurde es, dass sie sogar mehr war, als nur wachsam. Sie war okkupiert.
    Durch die Säuberungsaktionen der vergangenen Monate hatte Gyöngyöspata die Weltöffentlichkeit auf sich aufmerksam gemacht. In der Stadt hatten vorher rund vierhundertfünfzig Roma gelebt, von denen zweihundertsiebzig bei einem Aufmarsch der rechtsextremistischen Gruppierung Vederö gezwungen wurden, ihre Häuser zu verlassen. In diesem Land gab es offenbar eine unendlich große Anzahl faschistischer Gruppierungen. Allerdings war die Präsenz einer anderen Gruppe in der Stadt weitaus dominanter: die der stiernackigen, schwarz gekleideten Anhänger des Bürgerwehrvereins »Für eine schönere Zukunft«, Szebb Jövőért Polgárőr Egyesület, die in enger Verbindung zu den Neonazisten der Jobbiks standen. Diese Leute wollten sich also um Fabien Fazekas »kümmern« und ihn »aus der Schusslinie nehmen«.
    Der Ausgangspunkt dieser Schusslinie, also Gunnar Nyberg, hielt Abstand. Viel Verkehr herrschte nicht in der Stadt, aber ausreichend, um den unscheinbaren, dunkelblauen BMW unsichtbar zu machen. Diesen Teil der Polizeiarbeit beherrschte er wenigstens noch. Der Passat fuhr nach Norden, an den Stadtrand, wo die Präsenz der schwarzen Jacken immer markanter wurde. Zahlreiche Gruppen, und immer nur Gruppen, nie Einzelpersonen. Schließlich erreichte der Passat ein Haus hinter einem hohen Stacheldrahtzaun, bog durch das Tor, das von ebenfalls schwarz gekleideten Männern bewacht wurde, fuhr den Kiesweg bis vor die zweistöckige Villa hinauf und hielt vor einer imposanten Veranda.
    Nyberg passierte die Einfahrt mit seinem BMW. Die Wachen würdigten ihn keines Blickes. Glücklicherweise stand auf dem einzigen Nachbargrundstück eine verfallene Hütte. Er bog in die Einfahrt und parkte hinter einer zum Teil eingestürzten Mauer, die ihn sowohl vor den Wachen als auch vor den Hausbewohnern verbarg. Das Problem war nur, dass auch er nichts sehen konnte.
    Er stieg aus und inspizierte das vermüllte, verlassene Grundstück. Er wagte einen Blick über die Mauer und konnte sich ein Bild vom Garten machen. Wenn er ein paar größere Steine beiseiterollte und

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