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Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Titel: Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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verinnerlicht hatte und der über Leichen ging, der von schnellen Kicks lebte und sein Leben auf die unmittelbare Befriedigung seiner Bedürfnisse ausrichtete, auf eine niemals versiegende Adrenalinzufuhr. Aber er spürte keinen Kick mehr, er hatte alles ausprobiert, alles getan, konnte sich alles leisten, aber nichts innerhalb der Grenzen des Gesetzes befriedigte ihn noch. Er wollte das Extreme. Jenseits der Grenzen des Gesetzes.
    Der Sender verharrte nach wie vor auf der Stelle. Es gab keinen Zweifel, Liang Zunrong war angekommen. Er hielt sich irgendwo in diesem unübersichtlichen Gebäudekomplex auf. Beyer wartete noch einen Moment, dann fuhr sie los.
    Es handelte sich doch nicht um einen geschlossenen Gebäudekomplex, wie die Karte es suggeriert hatte. Die Anlage lag etwa hundert Meter von der Straße entfernt und bestand eher aus mehreren frei stehenden Gebäuden, die unterschiedlich stark dem Verfall zum Opfer gefallen waren. Das war nicht gerade die Perle des aufstrebenden Buiksloterhams.
    Es war schwer auszumachen, in welchem der Gebäude sich Liang Zunrong aufhielt. Jutta Beyer war gezwungen, den Wagen am Straßenrand stehen zu lassen und sich auf das Gelände zu begeben. Sie hatte ihr Handy mit dem Rechner gekoppelt, um den Sender im Auge zu behalten. In diesem Augenblick überkam sie das Gefühl, das Wettrennen gewonnen und die imaginäre Zielgerade weit vor Kerstin Holm überschritten zu haben.
    Sie musste etwa hundert Meter über wucherndes Unkraut stapfen, ehe sie das eigentliche Gelände erreichte. Wenigstens wurde sie nicht von Absperrungen aufgehalten. Die ehemalige Toreinfahrt, die früher einmal ziemlich beeindruckend gewesen sein mochte, hing ramponiert in ihren Angeln, rechts und links gesäumt von einem zerrissenen, aber hier und da noch mit Stacheldraht versehenen Maschendrahtzaun. Sie sah auf ihr Display. Sie näherte sich dem Sender.
    Jutta Beyer sah sich um. Es gab etwa zehn Ruinen auf dem Gelände, und der Junge konnte in jeder von ihnen sein. Der Boden war matschig, als hätte es hier geregnet. Sie versuchte, den Sender genauer zu lokalisieren, hatte aber Schwierigkeiten mit den Himmelsrichtungen. Jetzt stand sie am Tor und drehte sich mit dem Handy im Kreis, um die richtige Position zu finden. Schließlich hatte sie eine ungefähre Vorstellung, in welche Richtung sie gehen musste.
    Behutsam, um nicht entdeckt zu werden, schlich sie an den Gebäuderesten entlang, blieb möglichst im Schatten und tastete immer wieder nach der Pistole im Halfter, die ihr in den unendlichen Stunden im Küchenschrank so schrecklich gefehlt hatte.
    Sie näherte sich der größten und am besten erhaltenen Ruine, die eine geeignete Zuflucht für zwielichtige Unternehmen zu sein schien. Geduckt rannte sie in Richtung der Treppe, die zu einer großen Eingangstür führte.
    Aber irgendetwas stimmte nicht. Sie blieb an der untersten Stufe stehen und studierte ihr Display. Der Sender befand sich weiter rechts, sie musste an der Treppe vorbei, um die Ecke und noch ein Stück weiter. Also folgte sie dem Verlauf der Gebäudefront, bog dann um die Ecke und stand unvermittelt in der Wildnis. Das Unkraut reichte bis zu einer kleinen Böschung. Als sie hindurchstapfte, sah sie, dass am Fuß des Abhangs eine Art Sumpf war, der sich deutlich vom lehmigen Boden abhob. Ein kleiner grauer Bach lief hindurch, mit wilder verwahrloster Uferkante. Der Gestank von verseuchtem Morast stieg zu ihr auf.
    Und dann erblickte sie Kerstin Holm.
    Ich glaube es nicht!, dachte Jutta Beyer.
    Da wusste sie, dass sie verloren hatte.
    Sie wollte gerade etwas Bissiges von sich geben, als sie Kerstin Holms Gesichtsausdruck sah. Etwas Unermessliches lag in ihrem Blick. Unermesslicher Schmerz.
    Holm wandte sich ab und sah die Böschung hinunter. Erst da entdeckte Beyer die kleine Gestalt. Halb versunken im Matsch starrte sie in den grenzenlosen, gleichgültigen Himmel.
    Und dennoch lag da noch eine, wenn auch vergebliche Hoffnung in Liang Zunrongs erloschenen braunen Augen.

Die Kommunikation
Amsterdam – Den Haag, 4. Juli
    Nacht. Es war Nacht. Nachts passiert doch eigentlich nie etwas. Was ist denn eine Nacht? Eine bedeutungslose Pause zwischen zwei Tagen? Eine Zeitspanne für tiefe entspannte Atmung?
    Oder die Zeit, in der das meiste geschieht?
    *
    Nach ihnen konnte man die Uhr stellen. Obwohl Adrian Marinescu sogar noch weiter ging. Er richtete sein Leben nach ihnen aus.
    Kurz vor zehn Uhr abends gähnte Vlad in der Regel. Das war das Zeichen

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