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Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)

Titel: Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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unbändige Sturheit seiner Gene ließ ihn nachbohren, als er erst einmal Wind von der politischen Korruption bekommen hatte. Eigentlich hatte es sich um einen Routineauftrag gehandelt, den jeder Neuling bewältigen musste: Nach Korruption forschen, nichts finden. So lautete die Routine. Aber der junge Angelos Sifakis fand etwas. Und konnte nicht einfach wegsehen. Also schritt er zur Tat, und nur sehr wenige konnten sich seinem Griff entwinden. Er zog die Schlinge immer enger. Der junge Athener mit den kretischen Wurzeln wurde zu einem ernsthaften Problem. Er setzte große Teile seines Korps unter Druck und machte auch vor Politikern nicht halt. Er entdeckte Verbindungen, die er besser nicht aufgespürt hätte. Er fühlte die wachsende Bedrohung und kontaktierte die Presse. Das rettete ihm das Leben. Jetzt konnte er nicht ohne Weiteres beseitigt werden. Aber man konnte ihn auf anderem Wege loswerden. Man konnte ihn wegbefördern. Also schickten sie ihn zu Europol, als Griechenland seine größte Krise seit dem Dritten Makedonischen Krieg erlebte. Und der untadelige junge kretische Nachfahre ließ sich widerstandslos in einen Nordeuropäer verwandeln.
    Aus der Distanz beobachtete er, was mit seinem Land passierte. All die Armut. Wie die Neonazis das Herz der Demokratie eroberten, während die ausländischen Banken die Zinsen anhoben und es dem Land unmöglich machten, weitere Kredite aufzunehmen. Mit wachsender politischer Instabilität gewannen die Rechtsextremisten zunehmend an Einfluss, und immer häufiger riefen die Leute nach den Vertretern der Goldenen Morgenröte statt nach der Polizei, wenn etwas geregelt werden sollte. Die Fremdenfeindlichkeit nahm zu. Die EU trat auf wie eine Unheil bringende Obrigkeit. Die Weltbank, die sich weigerte, Kredite zu gewähren, wurde zum personifizierten Bösen. Wir sind Griechen, unser Land ist die Wiege der Zivilisation, das darf uns niemand nehmen. Kein Ausländer darf unsere Kultur zerstören, so dachte die Bevölkerung.
    Auch Sifakis kannte diese Gefühle. Zumindest im Kleinen. Aber die alten Griechen waren schon lange tot, und die Wiege der Zivilisation, sollte es sie denn geben, war schon längst außer Landes geschafft worden. Vor zweitausend Jahren. Seitdem schaukelte sie zwischen den verschiedenen Kulturen hin und her, immer am Rande der Zerstörung. Wo sie sich im Augenblick befand, ließ sich nur schwer sagen, aber Sifakis war sich sicher, dass sie nicht in Athen zu finden war.
    Er lag in seinem Bett in dem kleinen Haus in Loosduinen vor dem Fernseher. Athen standen bedeutende Veränderungen bevor. Würde die Goldene Morgenröte wirklich den Sprung ins Parlament schaffen? Würden die Krawalle ein fester Bestandteil der griechischen Gegenwart werden? War Griechenland auf dem Weg, das Sorgenkind der EU zu werden?
    Als die Uhr im CNN-Kanal auf zwei sprang, beschloss er, schlafen zu gehen. Aber er konnte seine Sorge über das Wohlergehen seines Landes nicht verdrängen. Auch nicht im Schlaf.
    Schlaf war für Marek Kowalewski gerade nicht von größter Bedeutung. Er hatte einen merkwürdigen Abend gehabt. Das Leben im Westen unterschied sich so radikal von seiner Jugend in den Plattenbauten der Warschauer Vororte. Dennoch hatte er das Gefühl, sich ganz gut angepasst zu haben. Natürlich trug er noch Anzeichen seiner bäuerlichen Herkunft mit sich herum und dachte manchmal an seine Kindheit im Ostblock. Aber immer seltener.
    Er hatte das Gefühl, als wäre er in der kurzen Zeit in New York reifer geworden. Er war dorthin gefahren als der eine Mensch und als ein anderer zurückgekommen. Mit deutlich verringertem Lungenvolumen.
    Das Leben hatte sich grundlegend verändert, denn auf wundersame Weise hatte er an Attraktivität für das weibliche Geschlecht gewonnen. Er begriff nicht ganz, worauf das zurückzuführen war, aber es war unverkennbar. Er, der rotgesichtige Pole, war plötzlich zu einem Frauenmagneten geworden. Trotz verringertem Lungenvolumen.
    Kowalewski blickte zur anderen Seite des Bettes. Die Frau, die dort lag und leise schnarchte, hieß Lieke. Sie war eine kleine Holländerin, deren perfekte Konturen sich unter dem Laken abzeichneten. Ihr gerader Rücken, die runden Pobacken, die durchtrainierten Schenkel. Er genoss den Anblick im milden Licht der Straßenlaterne, das durch die polnischen Spitzengardinen fiel. Es war göttlich.
    Mit erregtem Staunen fuhr er mit der Hand über das Laken. Ein leises Wimmern ertönte. Als würde der Abend unter dem Laken ein

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