Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
zweites Mal erlebt werden. Als würde ihr Körper sich erinnern. Der Wunsch nach Wiederholung, nein Verbesserung. Der Wunsch des Körpers, sich noch einen Schritt weiter zu wagen. Der Traum von Vollendung.
Marek Kowalewski hob vorsichtig das Laken an und atmete den Duft ein. Haut. Weibliche Haut. Langsam schob er sich hinter Lieke und drückte sein Glied gegen ihr Hinterteil. Dann streichelte er ihr sanft über den Rücken und wartete ab.
Es dauerte nicht lange, und das zentrale Nervensystem übernahm. Noch im Halbschlaf drückte sie sich an ihn. Er hielt still, während sie ihren Hintern behutsam hin und her bewegte und ihn dann in sich eindringen ließ.
Er konnte nicht aufhören, über sein Leben zu staunen.
Es war drei Uhr, als Miriam Hershey sich in ihrem Bett umdrehte und Nicholas ansah. Er war ihr großes Geheimnis. Nur Laima Balodis wusste von ihm. Dabei stellte er wirklich keine Gefahr dar. Nur eine Anomalie in ihrem sonst so homogenen Leben. Er hatte keinerlei negative Auswirkungen auf ihre polizeiliche Tätigkeit. Im Gegenteil, eigentlich würde sie fast sagen, er machte sie zu einer noch besseren Polizistin.
Allerdings war Nicholas eigentlich nicht der Typ, der sich mit einer Polizistin einlassen sollte. Denn er war ein Gangster. Oder anders formuliert, ein ehemaliger Gangster. Ein Mann, der einst in den schlimmsten Gangs der Pariser Vororte verkehrte. Und der auch heute noch mit Kriminellen zu tun hatte, allerdings mit dem Ziel, dass diese ihre kriminellen Karrieren aufgaben, so wie er es getan hatte. Von seinen fünfunddreißig Lebensjahren hatte er zwanzig im Gefängnis gesessen. Aber eine Sache war vollkommen klar: Er würde nie wieder dorthin zurückkehren.
Aber er konnte seinem Körper nicht entfliehen. Miriam Hershey lag still neben ihm und betrachtete ihn. Er war wie ein Geschichtsbuch über ein vergeudetes Leben, eine Landkarte der Spuren sinnloser Gewalt. Es gab Narben aus der Kindheit von aufgeplatzten Lippen und Augenbrauen, Narben von Messerschnitten und zerbrochenen Flaschen aus der Pubertät, Zeugen der Selbstverstümmelung in Teenagerjahren, Schusswunden und Zeichen von bakteriellen Heroininfektionen, Folterwunden und eine zerfressene Nasenscheidewand vom Kokainkonsum. Nicht zu vergessen die vielen misslungenen Tattoos aus der Zeit im Knast.
Und all diese Zeichen und Spuren fanden sich auf einem Mann mit einem Herzen aus Gold und einem Gewissen aus Stacheldraht. Der unablässig an seiner Seele kratzte. Von innen.
Hershey studierte sorgfältig seinen Körper. Der nie zur Ruhe kam. Ständig wurde er von kleinen Stößen erschüttert wie kleine Erdbeben. Sie wünschte ihm so, dass er irgendwann einmal zur Ruhe kommen würde. Und tief in ihrem geheimen Inneren, sogar vor ihr selbst verborgen, hoffte sie, dass sie dann an seiner Seite sein würde. Dass sie in Frieden miteinander alt werden würden.
Sie ertastete die Stelle an ihrer linken Schläfe. Unter dem dicken Haaransatz zeichnete sich deutlich ein Relief ab, eine Quadratzentimeter große Unebenheit. Aber immerhin befanden sich alle Knochenstücke an ihrem angestammten Platz. Laima Balodis hatte sie sorgfältig aus einer großen Blutlache eingesammelt, oben in den andalusischen Bergen, und sie in einer Plastiktüte aufbewahrt, die sie dann den Rettungssanitätern mit in den Helikopter gegeben hatte.
Hershey gelang es in der Regel, die Erinnerungen an die Jagdhütte in der Nähe von Estepona zu verdrängen. An das Blutbad. Aber es suchte sie in den Nächten heim. Dann lag sie wieder angeschossen auf dem Boden. Stücke ihres Schädels waren weggeschossen worden. Sie spürte, wie ihre Schusshand von einem schweren Stiefel zu Boden gedrückt wurde. Sie blickte zu dem Mann über ihr hoch, dem mit dem markanten Unterkiefer, der sie nonchalant eine Dame nannte. Durch einen roten Schleier hindurch sah sie zu Laima Balodis hinüber und war davon überzeugt, dass sie tot war. Balodis lag reglos da, blutüberströmt. Hershey war sich sicher, dass sie beide dort in der verrotteten alten Jagdhütte sterben würden.
Jetzt legte sie die Hand an die Wand und dachte über Entfernung nach.
Laima Balodis wurde aus dem Schlaf gerissen und sah auf den Wecker auf dem Nachttisch in dem ehemaligen Studentenwohnheim im Südosten von Den Haag. Er zeigte vier Uhr. Genau genommen hatte sie gar nicht auf die Uhr gesehen, sondern auf die Wand dahinter. Es war die Wand, hinter der Miriam Hershey wohnte. Und vermutlich hatte die gerade einen Albtraum, der
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