Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
elektronischen Kommunikationswege überwacht, Internet, Handys und so weiter. Deshalb hatten sie sich gegen diese entschieden. Aber es gab noch eine andere Art der elektronischen Kommunikation. Eine ältere Form. Elektronisch, aber ohne Nutzung des Internets. Und wenn sie direkt kommunizieren wollten, gingen sie in die Kirche. Das hatte bestimmt auch etwas zu bedeuten, aber diese Frage interessierte Arto Söderstedt nicht weiter. Denn die eigentliche Kommunikation fand in der Wohnung statt, davon war er überzeugt. Und in diesem Fall gab es nur eine einzige Möglichkeit.
Der Stau löste sich so abrupt auf, wie er entstanden war. Arto Söderstedt würde nie begreifen, welchen physischen Gesetzmäßigkeiten solche Verkehrsströme folgten, besonders hier auf dem Kontinent, wo sich immer und überall vollkommen unvorhersehbare Staus bildeten. Aber wenigstens ging es jetzt weiter.
Er erreichte das nagelneue Gebäude von Europol, fuhr in die Tiefgarage, fand den Weg durch das Labyrinth und parkte seinen Wagen. Er sprang in den Fahrstuhl und wurde mit angsteinflößender Geschwindigkeit nach oben transportiert. Dort angekommen verließ er den Lift, begleitet von einer elektronischen Stimme, die ihr Äußerstes gab, um verführerisch zu klingen. Mit den richtigen Codes erreichte er schließlich auf rätselhaften Wegen die Räume der Opcop-Gruppe.
Natürlich hatten sich schon alle vor dem Whiteboard versammelt, wenn man von Navarro, Marinescu, Bouhaddi und Balodis absah, die in Amsterdam waren. Söderstedt versuchte, möglichst entschlossen auszusehen, als er auf seine Kollegen zuging und laut rief: »Bild!«
Alle Köpfe drehten sich zu ihm um. Seine Kollegen blickten ihn mit neutralem Gesichtsausdruck an. Erst da bemerkte er, dass ein Stuhl leer war. Der des Chefs.
In diesem Augenblick schlug die Tür, durch die Arto Söderstedt soeben gekommen war, erneut hinter ihm zu. Er sah, wie zwei gebrochene Helden das Herz der Abteilung betraten. Kerstin Holm wirkte niedergeschlagen, während sie zu ihrem Arbeitstisch schlich, und auch Paul Hjelm lief merkwürdig gebückt.
»Bild?«, wiederholte Hjelm und setzte sich.
»Die Wohnung«, präzisierte Söderstedt. »Jetzt sofort.«
»Und warum ausgerechnet jetzt?«
»Vlad spielt immer direkt nach dem Frühstück Computer. Also findet es in diesem Moment statt.«
»Was findet statt?«
»Die Kommunikation«, sagte Arto Söderstedt.
Angelos Sifakis stellte eine Verbindung zu der Kamera in der Wohnung her. Eine ihnen wohlbekannte Einstellung erschien auf dem Bildschirm. Die Leibwächter saßen auf dem Sofa und säuberten ihre Fingernägel – tatsächlich beide, der eine mit der Ecke eines Pornoheftchens –, und Vlad saß am Rechner und spielte scheinbar gelangweilt Snood.
»Wechsle bitte die Einstellung«, sagte Söderstedt.
Sifakis gehorchte ihm blind.
Sie sahen die erst kürzlich geänderte Kameraeinstellung, die direkt den Monitor zeigte. Die idiotischen Figuren des Spieles wurden in die Luft gesprengt, während eine Kanone an der Bildschirmunterkante unablässig neue Figuren auf die Spielfläche schoss. Es war unerträglich öde.
»Das haben wir uns doch schon so oft angesehen«, rief Donatella Bruno. »Es ist grässlich.«
»Mit dem Recht des Älteren fordere ich mehr Geduld«, sagte Söderstedt. »Gleichzeitig aber auch eine größere Wachsamkeit der jüngeren Generation.«
Die Zeit verstrich. Eine ziemlich lange Zeit. Söderstedt war sich nicht sicher, ob die Wachsamkeit der jüngeren Generation ausreichend groß war. Seine eigene war es ganz bestimmt nicht. Da rief Miriam Hershey plötzlich: »Was war das denn?«
»Was?«, fragte Paul Hjelm, der in Gedanken offenbar ganz woanders gewesen war. Bei seinem Ischias?
»Ich habe es nur eine Zehntelsekunde lang gesehen«, sagte Hershey.
»Aber du bist dir sicher?«, fragte Söderstedt.
»Absolut«, Hershey nickte. »Da war etwas.«
»Die Bilder werden aufgezeichnet«, erklärte Sifakis. »Wir finden es heraus.«
»Aber was genau hast du gesehen?«, fragte Donatella Bruno.
»Alle aufgepasst!«, mahnte Söderstedt.
Erneut verstrich Zeit. Viel Zeit. Aber ihre Wachsamkeit hatte jetzt eine andere Qualität. Sie war geschärft.
Etwas blitzte auf dem Bildschirm auf. Dieses Mal für ungefähr eine halbe Sekunde. Zahlen waren zu sehen. Große Zahlen.
»Was geht denn hier ab?«, rief Marek Kowalewski.
»Erlaubt ihr mir eine Hypothese?«, fragte Söderstedt.
»Solange es eine solche bleibt«, entgegnete Hjelm.
»Ich
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