Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
angebliche Luke im Küchenfußboden?«, fragte Kowalewski.
»Ganz genau.« Beyer nickte. »Wir müssen da rein und uns die Bodenluke ansehen.«
»Das wäre natürlich optimal«, sagte Hjelm. »Ich stelle gleich ein Technikerteam zusammen, das überlegen soll, wie man diese Magnetstreifen vor Ort lesen kann, falls wir sie in die Hände bekommen. Allerdings scheint die Bodenluke nur ein vorübergehender Aufenthaltsort für die Magnetstreifen zu sein. Denn auf den Streifen befinden sich die Rechenschaftsberichte, die weitergegeben werden müssen. Sie können nicht ewig unter dem Küchenfußboden liegen. Sobald einer der drei die Wohnung verlässt, nimmt er wahrscheinlich die Magnetstreifen unauffällig mit. Vielleicht sollten wir uns genau darauf konzentrieren. Auf den Moment, in dem die Buchführung an die nächsthöhere Instanz weitergegeben wird.«
»Aber wir haben diese nächsthöhere Instanz bisher nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen«, gab Miriam Hershey zu bedenken.
Sie gab etwas auf der Tastatur ein, und nach einer Weile wichen die Aufnahmen des Snood spielenden Vlad dem Italienisch sprechenden Ciprian. Es war ein verschwommenes Foto aus einem Raum im Anne-Frank-Haus. Der Leibwächter Ciprian stand mit dem elegant gekleideten Italiener am Fenster. Der Italiener hatte ihm gerade den Umschlag ausgehändigt. Seine rechte Hand steckte in seiner Hosentasche.
»Da«, rief Hershey und zoomte das Bild näher heran. »Der hat zuvor auch in seiner Hosentasche gekramt. Ich erinnere mich daran. Und jetzt hat ihm Ciprian den Rechenschaftsbericht der europäischen Bettlermafia überreicht. Und zwar in Form von elektronisch lesbaren Magnetstreifen.«
»Das klingt plausibel«, sagte Arto Söderstedt.
»Ja, aber wo ist das ganze Geld?«, wiederholte Donatella Bruno ihre Frage.
Die Pressesprecherin
Brüssel, 5. Juli
Mit ihren sechsundzwanzig Jahren gehörte Amandine Mercier zu den jüngsten Kolleginnen, die eine Spitzenposition im Berlaymont-Gebäude bekleideten. Aber das war kein Zufall. Sie ging in ihrer Arbeit vollkommen auf und investierte ihre gesamte beachtliche Energie in ihre Tätigkeit bei der EU. Und sie glaubte an das, was sie tat. Sobald sie die ihr nach wie vor undurchsichtigen Spielregeln der Spitzenpolitiker durchschaut haben würde, würde sie auf der Karriereleiter weiterklettern. Der Posten als Pressesprecherin von Marianne Barrière war nur ein Schritt auf dem Weg zur absoluten Elite.
Und vielleicht hielt sie ebendieses Wissen davon ab, den Knopf zu betätigen.
Es war schon einige Male vorgekommen – Marianne Barrières Unvermögen, den richtigen Knopf zu drücken, um die interne Telefonverbindung auszuschalten, war für eine Perfektionistin wie Amandine Mercier äußerst irritierend. Bisher hatte sie dann stets selbst die Verbindung deaktiviert, aber dieses Mal hielt sie irgendetwas davon ab. Vielleicht hatte sie ja begonnen, die Konturen der Spielregeln zu erkennen.
Oder es lag an Mariannes Stimme. Die hörte sich vollkommen verändert an, als sie aus dem Lautsprecher erklang: »Pamplemousse?«
Amandine Merciers lange, sauber manikürte Klavierspielerfinger schwebten über dem Knopf. Grapefruit? Was war das für ein merkwürdiger Auftakt für ein Gespräch mit dem Spindoktor?
Denn Laurent Gatien war bei Marianne im Zimmer, schon wieder. Immer hing dieser Spindoktor bei ihr herum. Amandine war nicht neidisch auf diesen in der Tat kompetenten Geschäftsmann, der sie im vergangenen halben Jahr als Mariannes Vertrauensperson abgelöst hatte. Nein, sie verspürte keinen Neid, eher Abscheu.
Aus dem Lautsprecher ertönte jetzt Gatiens Stimme: »Ich habe sie beide getroffen, Pamplemousse und Minou. Sie scheinen mir beide sauber zu sein. Dann bleibt nur noch Natz.«
»Vergiss Natz«, sagte Marianne Barrières Stimme. »Er war es nicht. Und was heißt ›sauber sein‹? Ein bisschen ausführlicher, bitte.«
»Minou, also Michel Cocheteux, ist der Geschäftsführer eines großen Unternehmens, Entier S. A. Er hat lange bestritten, von den Sexeskapaden in deiner Jugend Kenntnis zu haben ...«
Amandine Mercier zuckte zusammen an ihrem Schreibtisch in dem kleinen Büro, das zum Zentrum ihres Lebens geworden war. Und sie spitzte die Ohren.
»Es ist schön zu hören, was du da alles zusammengetragen hast, Laurent. Fahr einfach fort, ja.«
»Kurz gesagt, war er mindestens so besorgt wie du, dass seine einstigen Fehltritte an die Öffentlichkeit gelangen könnten.«
»Weiter?«
»Er konnte sich
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