Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
Freundin und fügte hinzu, dass er sogar einige Bantamhähne besaß. Und ein Taubenhaus (oder Pigeonnier, wenn man es vornehmer ausdrücken will).
Wenn ich meinen Täuberich fangen könnte, ließ er mir ausrichten, würde er ihn bei sich aufnehmen.
Daraufhin ersann ich eine raffinierte Falle in Form eines alten Katzenkorbs, den ich auf dem Fensterbrett befestigte und in den ich von da an sein Futter streute. Er wagte sich mit der Zeit immer tiefer hinein (die brutale Taubengang jedoch leider auch), und am vereinbarten Tag schloss ich rasch die Klappe hinter ihm. V or Nervosität zitternd, machte ich den Korb vom Fensterbrett los, sperrte ihn ab und deckte ihn mit einem Tuch zu.
Meine Freundin und ich stellten den Korb in den Kofferraum ihres W agens, und dann fuhren wir zweieinhalb Stunden aufs Land, in die Fens. Ich war sicher, dass er während der Fahrt vor A ngst umkam, aber als wir angekommen waren und nachsahen, lebte er noch. Der nette V ogelliebhaber brachte ihn sofort in sein neues Zuhause, eine A rt W artezimmer für V ögel, mit einem eigenen kleinen Balkon. Dort musste mein gefiederter Freund erst einmal zehn Tage verbringen, bevor er zu den anderen V ögeln nach draußen durfte. Nachdem er etwas gefressen hatte, tauchte er auf diesem Balkönchen auf und schaute sich um. Ich habe noch nie einen seligeren V ogel gesehen, ganz ehrlich. Er schien sein Glück kaum fassen zu können.
Und nicht nur das: Schon bald tauchten andere weiße Täuberiche und andere Zuchttauben auf und umschwärmten meinen Freund. Mein Fehler. Es stellte sich nämlich heraus, dass mein Täuberich ein W eibchen war.
Zehn Tage später durfte sie frei mit den anderen V ögeln herumfliegen, über den Rasen hüpfen, sich im Herbstsonnenschein im Geäst eines Baums stolz das Gefieder putzen. Heute hat sie bereits Nachwuchs. Und so schrullig es auch sein mag, sein Herz derart an einen V ogel zu verlieren, ich vermisse sie.
Aber ein Jahr lang hat sie mir höchst wirkungsvoll jegliche A nwandlungen von Einsamkeit ausgetrieben.
Facebook
Dieses Internetforum ist ein kniffliges Thema, finde ich. Obwohl mir dort schon mehrmals die Freundschaft angeboten wurde, habe ich bisher immer abgelehnt. Und das ist ziemlich peinlich. Glauben Sie mir, es ist fast ebenso schwer, jemanden online abzuweisen, wie im wirklichen Leben. Plötzlich erhält man eine E-Mail: » Jonathan Bunton (oder wer auch immer) möchte Ihnen auf Facebook seine Freundschaft anbieten.« Dann muss man ihn entweder ignorieren, was ziemlich unhöflich, um nicht zu sagen: gemein wäre, oder antworten, obwohl man diesen Jonathan Bunton seit Jahren nicht mehr gesehen hat (möglicherweise sogar überhaupt noch nie). Man muss ihm dann möglichst schonend beibringen, dass man nicht an einem Kontakt interessiert ist. Daraus ergibt sich meist– trotzdem– eine E-Mail-Korrespondenz, die fast ebenso zeitaufwendig sein kann wie Facebook selbst.
Und das ist der Grund, warum ich mich dort nicht anmelden möchte. Es würde mir schlichtweg zu viel Zeit wegnehmen. Zeit, die ich lieber damit zubringe, meiner Taube nachzutrauern. » Man hat überhaupt keine Zeit mehr für was anderes«, vertraute mir eine Freundin an, die sich hatte ködern lassen. » Seitdem ich bei Facebook bin, sitze ich nur noch am Computer und chatte mit Freunden. Mit alten Schulfreunden, die auf der ganzen W elt verstreut sind… mit deren Freunden… mit den Freunden der Freunde… es saugt einen vollkommen auf, man kommt nicht mehr davon los.«
Immerhin ist es gut zu wissen, dass es ein solches Forum gibt, falls bei mir mal der Einsamkeitsnotstand ausbrechen sollte.
Sich mit Leuten unterhalten
Eine andere Freundin, die seit ein paar Jahren verwitwet ist, meinte, dass sie, obwohl sie massenweise Freunde habe und fast jeden A bend ausgehe, tagsüber manchmal Sehnsucht nach einer menschlichen Stimme habe, bloß um sich zu vergewissern, dass es sie noch gibt. Ich kenne dieses Gefühl. Ich selbst ziehe mich manchmal nur deshalb an, um in die Bibliothek zu gehen, mit der Bibliothekarin einen Schwatz über das W etter zu halten, ein Buch zurückzugeben und dann wieder nach Hause zu gehen. Nur, um mich zu vergewissern, dass es mich noch gibt. W enn man allein ist, gerät man leicht in V ersuchung, seine Identität zu verlieren, man fühlt sich wie eine Nicht-Person, wie ein Glas W asser, das in ein Glas W asser gegossen wurde. Ohne die Grenzen, die einem die A nwesenheit anderer Menschen setzt, passiert es leicht, dass man
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