Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues

Titel: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Ironside
Vom Netzwerk:
Fassade einigermaßen instand gehalten. A ber dann passiert etwas Überraschendes: Wir stellen mit Erstaunen fest, wie die Jahre auf den faltigen Gesichtern unserer Gegenüber nach wenigen Minuten dahinschmelzen. A uf einmal können wir uns kaum noch erinnern, wie die Kameraden damals ausgesehen haben– und doch scheinen sie dieselben guten Kumpel zu sein wie früher. A ls würde man in einem alten Speicher unter eingelagertem Gerümpel herumwühlen, wühlen wir unter diesen alten Klassenkameraden, auf der Suche nach einem, der uns vielleicht in Zukunft etwas bedeuten könnte. Jemand ganz Besonderem, den wir damals vollkommen übersehen oder ignoriert haben, den wir vollkommen vergessen haben, jemandem, der sich vielleicht noch mal abstauben und zu einem neuen alten Freund machen ließe.
    Alte Freunde neu entdeckt
    Alte Freundschaften lassen sich wiederbeleben, selbst wenn man sie aus irgendeinem Grund vor langer Zeit beiseitegeworfen hat. Im A lter sieht man die Dinge klarer. Ein alter Streit mit dem Ex, der uns damals einfach unerträglich vorkam, erscheint uns nun, da der eigentliche A nlass immer mehr verblasst, viel weniger wichtig. Ein weiteres Plus ist, dass wir nun die nötige Reife und den nötigen A bstand haben, um verzeihen zu können.
    Selbst mit Menschen, mit denen man jahrelang nicht mehr gesprochen hat, kann man wieder Kontakt aufnehmen, da die Zeit die harten Kanten der alten Konflikte weichgeschliffen hat. Die Zeit heilt alle W unden, heißt es. A uf einmal erscheint es uns wie V erschwendung, all die Zuneigung und den Spaß wegzuwerfen, den wir mit dem anderen doch irgendwann einmal gehabt haben müssen, weil er sonst nicht unser Freund geworden wäre. Das ist fast so, als würde man die Reste eines Brathuhns einfach wegwerfen, anstatt eine köstliche Hühnersuppe daraus zu kochen. Oder als habe man einen Garten sorgfältig umgegraben und gedüngt, ihn dann aber aufgrund irgendeines lächerlichen Streits oder Missverständnisses nie mehr bepflanzt. Es ist Zeit verstrichen, nicht selten sogar viel Zeit. Nun kann man die alten Freundschaften, die man ganz unten in den schwarzen Psychosack gestopft hat, wieder hervorholen. W eil man so weit ist zu erkennen, dass an ihnen etwas Bewahrenswertes ist.
    Sie sind wichtig, diese komischen alten Leutchen, fast wie verschrumpelte alte Kartoffeln. Und versuchen Sie gar nicht erst, sie wie jeden anderen auch zu betrachten. Das Schlimme daran, alte Freunde und V erwandte zu verlieren, ist nicht nur, dass sie nun nicht mehr da sind, sondern dass mit ihnen auch so viele Erinnerungen, so viele geteilte Erfahrungen, geflügelte W orte, Spitznamen und W itze unwiderruflich sterben.
    Man sollte also, wenn möglich, an alten Freunden– und wenn sie noch so langweilig und nervtötend sind– festhalten. Einfach um der gemeinsamen Erinnerungen willen.
    Warnung
    Lassen Sie es sich bloß nicht einfallen, diese alten Freunde irgendwem vorzustellen. Sie mögen sie ja aus nostalgischen Gründen charmant oder sogar sympathisch finden, aber Ihre neuen Freunde wären entsetzt, wenn Sie ihnen plötzlich einen dieser räudigen alten Labradors aus Ihrer V ergangenheit vorsetzten. Ihren neuen Freunden würde es ja auch im Traum nicht einfallen, Ihnen ihre alten Freunde vorzustellen– sie sind etwas ganz Persönliches und Privates, und man will sie genauso wenig mit anderen teilen wie eine alte Badematte (vor allem, wenn sie unten schon schimmelt). Falls Sie mich jetzt für grausam halten, sei darauf hingewiesen, dass auch ich für einige Menschen eine » alte Freundin« bin. Und ich hoffe, dass diese Freunde aus meiner V ergangenheit genauso viel Takt haben und mich nicht ihren neueren Modellen vorstellen. W enn mich jemand als » alte Freundin« vorstellt, zucke ich innerlich immer zusammen. Ich weiß, wofür dieser Code steht: » Entschuldige, dass ich so töricht bin, euch beide zusammenzubringen. Frag besser nicht nach: Du würdest V irginia sowieso nie verstehen. Ich habe sie kennen gelernt, als ich noch jung und dumm war. Bitte ziehe jetzt keine falschen Schlüsse über mich, wo du Einblick in meine V ergangenheit bekommen hast. Es stimmt ja, ich mag sie, sehr sogar, aber das ist eben so eine V errücktheit von mir.« Mich als alte Freundin vorzustellen ist fast so, als würde jemand der Times ein Gedicht schicken, das ich in der Grundschule verfasst habe.
    Mit einigem Glück haben wir uns also einen V orrat an alten Freunden angelegt und werden das Gefühl nicht los, dass

Weitere Kostenlose Bücher