Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
sich innerhalb weniger Stunden wie ein Nichts fühlt, beinahe so, als würde man nicht wirklich existieren. Eine kleine Unterhaltung mit einem anderen Menschen kann das aber Gott sei Dank wieder geraderücken.
Neulich saß ich bei einer Dinnerparty neben einem Mann, der wie so viele unserer Zeitgenossen über die wachsende A nonymität in der Gesellschaft zu klagen begann. » Man grüßt sich nicht mehr«, beschwerte er sich, » und in meiner Straße kennt keiner den anderen.«
» Und grüßen Sie denn Ihre Nachbarn?«, erkundigte ich mich.
» Nein, ich kenne sie ja nicht«, erwiderte er mit einem düsteren Kopfschütteln.
» Warum um alles in der W elt grüßen Sie dann nicht zuerst?«, fragte ich fassungslos. » Warum gründen Sie nicht einen A nwohnerverein? Laden Sie Ihre Nachbarn zu einer Party ein, dann lernen Sie einander schon kennen! Sie sollten aufhören zu jammern und stattdessen was für Ihre Nachbarschaft tun!«
» Äh ja, da haben Sie vielleicht recht«, stammelte er, wechselte rasch das Thema und begann sich über etwas anderes zu beklagen. Ich wandte mich meinem anderen Tischnachbarn zu, in der Hoffnung, mit ihm über etwas Interessanteres plaudern zu können (leider vergeblich, er war ein Psychoanalytiker).
Suchen Sie sich eine gute Freundin
Jenen unter uns, für die ein Haustier– sei’s ein Pony, eine Taube oder eine Kakerlake– nicht infrage kommt, seien hier noch zwei andere probate Mittel gegen die V ereinsamung aufgeführt. A ls ich jung war, war es mir eigentlich immer ein bisschen peinlich, mit einer Freundin auszugehen. Ein Treffen zum Lunch ging ja vielleicht noch, aber wenn ich abends mit einer Freundin ein Lokal betrat, kam ich mir vor, als wäre ich Teil eines verzweifelten Duos, das nur deshalb zusammen ausgeht, weil es keinen Mann abgekriegt hat. Jetzt, wo wir älter und reifer sind und das Bedürfnis, » einen Mann zu finden«, nachgelassen hat, gewinnt die A ussicht auf einen A bend mit einer guten Freundin wieder an A ttraktivität. Ich will damit nicht sagen, dass eine V erabredung mit einem Mann nicht immer prickelnder für eine Frau ist (na ja, zumindest fast immer wenigstens). Es ist immer etwas Besonderes, mit einem V ertreter des anderen Geschlechts zusammen zu sein, ob er nun neun oder neunzig oder so schwul wie Frieda ist– eine Frau wird sich mehr als Frau fühlen und der Mann mehr als Mann.
Mit einer Freundin auszugehen ist eine ganz andere Erfahrung. Tatsächlich kann ein Treffen mit einer Freundin– wenn man sich nur gut genug kennt, sich also in Gesellschaft des anderen entspannt und wohl fühlt– fast ebenso erfüllend sein wie die zweisamen Momente in einer partnerschaftlichen Beziehung.
Das Nachlassen des sexuellen Interesses an Männern führt nicht nur dazu, dass sie im A lter als Freunde wieder an A ttraktivität gewinnen, man kommt nun auch mit Frauen viel besser aus als früher, da das Konkurrenzdenken schwindet und auch hier eine aufrichtige Freundschaft leichter möglich wird. W ir betrachten unsere Geschlechtsgenossinnen nicht länger als Bedrohung. Und es macht ungeheuren Spaß, sich gemeinsam zu erinnern, wie dumm und töricht man damals teilweise war und wie schön (und gleichzeitig erschreckend) es jetzt ist, Großmutter geworden zu sein. Gar nicht zu reden von den zahlreichen W ehwehchen, unter denen man in unserem A lter leidet und die man nicht unbedingt mit einem Mann besprechen würde.
Suchen Sie sich einen Mann
Es heißt, dass ein alter Mann, der sich eine junge Frau nimmt, vor allem eine Pflegerin sucht. W enn sich dagegen eine junge Frau einen alten Knacker nimmt, dann vor allem wegen seines Geldes, hört man immer wieder. A n beiden Konstellationen ist nichts auszusetzen– es ist ein fairer Tauschhandel. A ber was ist mit älteren Frauen? George Eliot beispielsweise hat erst im A lter von sechzig Jahren geheiratet. Und der neue Gatte der achtundsechzig jährigen Barbara W indsor ist ganze sechsundzwanzig Jahre jünger als sie.
Laut einer Umfrage des A merican Life Project umfasst die am schnellsten wachsende Gruppe jener, die Online-Date-Services und Internet-Partnervermittlungen in A nspruch nehmen, die Fünfundsechzig- bis Siebzigjährigen. W enn Sie es also partout nicht mehr allein aushalten, dann versuchen Sie es doch mal mit einer Internet-Partnervermittlung. Ich habe einen Bekannten– er ist Single–, der fast jede W oche eine andere Internet-Bekanntschaft zu einem romantischen Dinner ausführt. Mit einigen der Damen
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