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Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues

Titel: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Ironside
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das fast so etwas wie eine Privatrente ist. Einige dieser » Geldanlagen« mögen sich im Laufe der Jahre als Blindgänger erweisen, andere wiederum als überraschend ergiebig. Denken Sie also immer daran: A uch der W ert einer Freundschaft kann, wie der W ert einer A ktie, steigen und fallen (und wieder steigen).
    Im Großen und Ganzen würde ich als erfahrene Kummerkastentante jedoch empfehlen, an alten Freundschaften festzuhalten– solange sie nicht zu unerträglich werden jedenfalls. Man weiß nie, wie sich der Freundschaftsmarkt entwickeln wird. Es lohnt sich deshalb immer, ein paar bequeme alte Freunde in irgendeiner staubigen Schublade für den Notfall aufzubewahren.

17. Zeit
    » … ein Brief von einer Dame, die mich in einer französischen Zeitung beschrieben hat – ›eine vornehme Dame mit einem dichten Schopf weißer Haare‹ –
Gott, sind wir wirklich so alt geworden? Ich fühle
mich wie sechseinhalb.«
    Virginia W oolf in einem Brief an V anessa Bell
    Ich werde nie ein alter Mann sein. »Alt« heißt für mich immer fünfzehn Jahre älter als ich.
    Francis Bacon
    Seven ages: first puking and mewling,
    Then very pissed off with your schooling,
    Then fucks and then fights,
    Then judging chaps’ rights,
    Then sitting in slippers, then drooling.
    Robert Conquest
    Sieben Lebensalter: erst ausgespuckte Milch im Gesicht
    dann stinksauer auf den Unterricht
    dann vögeln und prügeln
    dann über andre halten Gericht
    dann hocken in Pantoffeln, dann zahnlos und mit Gicht.*
    Mit der Zeit ist es eine ganz eigenartige Sache, habe ich im Laufe meines Lebens festgestellt. A ls ich neulich für eine W oche nach Schottland reisen sollte und meinen Freunden vorjammerte, wie sehr mir vor der Reise graute – ich finde V erreisen mit zunehmendem A lter immer stressiger, auch wenn es mir, sobald ich einmal angekommen bin, meistens unheimlich gut gefällt –, sagten sie: » Aber es ist doch nur für eine W oche! Die vergeht in unserem A lter wie im Flug!«
    Einerseits haben sie recht, denn eine W oche ist nur ein 3328s tel meines bisherigen Lebens– also ziemlich wenig im V ergleich. Bedenkt man jedoch, dass ich vielleicht höchstens noch zehn Jahre zu leben habe, wäre das ein 520 stel meines künftigen Lebens – ganz schön viel.
    Wenn ich überlege, dass ich schon vierundsechzig W eihnachten miterlebt habe, scheint es hirnrissig, sich weiterhin Sorgen darum zu machen, wo und mit wem man das nächste W eihnachtsfest verbringen wird (und ob überhaupt noch jemand W eihnachten mit einem feiern will). A ndererseits habe ich ja wahrscheinlich nur noch zehn W eihnachten vor mir, da erscheint es schon nicht mehr so töricht, dieses Fest wichtig zu nehmen.
    Wie auch immer, bevor man weiß, wie einem geschieht, ist der Frühling da, der Sommer steht vor der Tür, und der Herbst klopft auch schon bald wieder an. Und ehe man sich’s versieht, ist schon wieder W eihnachten. Erschreckend. W enn ich die Tannennadeln vom letzten W eihnachten aus den Sofaritzen sauge, frage ich mich jedes Mal, warum ich mir nicht einfach ein W eihnachtsbäumchen im Topf anschaffe und die Dekoration das ganze Jahr über drauf lasse. Die V orstellung, schon wieder auf eine Leiter kraxeln und den öden alten Christbaumschmuck aufhängen zu müssen, nur um ihn zwei W ochen später wieder abzunehmen, erscheint mir immer dümmer. Nicht zu vergessen die Mühen des A ufbaus der großen W eihnachtskrippe, die mein V ater eigenhändig aus Balsaholz geschnitzt hat, und das A ufstellen dieses albernen Bronzedings aus Österreich mit den W indmühlenflügeln, die sich klingend über einer Kerzenflamme drehen. Oder nicht drehen. Und die dann alljährlich über kurz oder lang zu kokeln anfangen.
    Als ich 2009 zu jemandem sagte, 2010 stehe vor der Tür, seufzte er: » Hört das denn nie auf?« Ich weiß genau, was er meint.
    Die Zeit vergeht rasend schnell, wenn man alt ist. A ber das ist auch das Einzige, was schnell geht. Man selber wird immer langsamer und langsamer.
    Ab wann gilt man offiziell als alt?
    » Ach, man ist doch nur so alt, wie man sich fühlt!«, trällern einige meiner noch älteren Freunde. A ber wem können sie da etwas vormachen? Offenbar glauben sie, dass sie, wie Jack Straw es ausdrückte, » irgendwo zwischen achtzig und fünfunddreißig sind, je nachdem, was an diesem Tag gerade los ist. W enn man in den Sixties geboren wurde, glaubt man, ein göttliches Recht auf ewige Jugend zu haben.«
    Jack Straw hat recht: W enn wir älter werden,

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