Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!
geben; ein Bilderbuch von Beatrix Potter, damit er sich daran erinnerte, dass ich schon einen Enkel hatte und auch keinen Hehl daraus machte; und meine aktuelle Lektüre: die Erzählungen vonTschechow und dieAutobiografie von Bob Monkhouse, Crying With Laughter. Ich weiß, ich weiß, das mag ein bisschen flach erscheinen.Aber das Buch ist erstaunlich gut geschrieben, und der Mann hatte ein spannendes Leben. Und ich dachte mir, diese Mischung könnte Louis verwirren.
Dann stellte ich entsetzt fest, dass Michelle beim Putzen des Badezimmers meineAntirutschmatte aus derWanne auf den Heizkörper im Flur gehängt hatte– die sei unten schimmlig geworden, behauptete sie, und sie habe sie bleichen müssen, um die Flecken zu entfernen–, und schaffte es gerade noch rechtzeitig, dieses Merkmal von Gebrechlichkeit verschwinden zu lassen, indem ich es unter mein Handtuch hängte, bevor Louis an derTür klingelte.
Natürlich beachtete er die Bücher gar nicht, sondern ging durchsWohnzimmer direkt in den Garten. Der zwar allmählich so aussieht, wie ich mich dieserTage fühle– etwas heruntergekommen und trist–, aber Louis war dennoch begeistert.
» Der ist ja schön! Das ist das Problem mit New York– keine Gärten und nicht genug Grün. Großer Gott, was ist das denn? « Er hatte James’ Installation entdeckt, die ich in ihr » individuellesAmbiente « befördert hatte.
» Ähm… das hat ein Freund von mir gemacht « , antwortete ich entschuldigend. » Es ist eine Installation… Ähm, ich habe sie so weit wie möglich aus dem Blickfeld geräumt. Sie soll mich darstellen. «
» Dich? « Louis runzelte die Stirn. » Mit diesem ganzen Stacheldraht? So kenne ich dich aber nicht.Was ist denn das für einTyp? «
» Ach, er ist sehr nett und lieb, ich kenne ihn schon Ewigkeiten… musste das Ding behalten… finde es abscheulich « , murmelte ich, treulose Seele, die ich bin.
Aber das Objekt machte Louis zu schaffen. » Marie, du kannst dieses… dieses… dieses… Ding hier nicht herumstehen lassen, so gern du den Mann vielleicht auch magst! Es sieht aus wie… wie… «
» Etwas aus Bittere Quitten, vergiftete Seele n ? « , schlug ich vor, und er lachte.
In der Küche beäugte er einen alten Gehstock in der Ecke, den ich nach meinem zweiten Sturz benutzt hatte.
» Wem gehört der? « , fragte er beunruhigt. » Doch wohl nicht dir? «
» Äh, nein, der… ist für Gäste, wenn sie mit derTreppe… ähm… «
Schlagartig sah ich das gesamte Haus mit denselbenAugen, mit denen ich Marions Haus betrachtete. Puristisch ist es nicht gerade.
Schließlich sagte Louis etwas mürrisch: » Du hast ein hübsches Haus. Erinnert mich an das meiner Mutter. Sehr englisch. «
Mir wurde ganz anders. Denn » sehr englisch « war gleichbedeutend mit » sehr altmodisch « . Oder, schlimmer noch: » sieht nach alten Leuten aus « .
Ich war froh, als wir nach Burnham Beeches fuhren. Ich liebe diese Gegend schon seit meiner Kindheit.Wir parkten denWagen und spazierten auf einem öffentlichenWeg durch denWald. Unter unseren Füßen raschelten die Buchenblätter. ZuAnfang sprachen wir kaum.Aber Louis legte immer wieder denArm um mich und zog mich an sich.
Es war einer dieser seltsamen Spaziergänge, in denen man sich komplett im Einklang mit seinemWeggefährten befindet. Zumindest fühlte ich mich so. Ob das für Louis auch galt, weiß ich nicht. Er könnte auch über die Kreditkrise oder denAußenminister nachgedacht haben. Manchmal warf ich ihm einen verstohlenen Seitenblick zu. Oh, seine Haut ist so weich und straff– und beimAnblick seines Nackens werde ich ganz schwach. DieWahrheit ist einfach, dass die Haut alter Männer dünn und trocken und eben nicht so attraktiv ist. Sogar die vonArchie. Das ist nun mal nicht zu ändern.
Nach einerWeile setzten wir uns auf einen Baumstumpf, und Louis sah mich an.
» Hör mal, ich weiß, ich habe gesagt, dass ich es nicht wissen will, aber nun will ich es doch. Ich habe nachgedacht, und es ist mir ernst.Wenn wir uns weiter aufeinander einlassen wollen, müssen wir aufrichtig sein.Wie alt bist du? «
» Ich habe doch versucht, es dir zu sagen, aber du wolltest es nicht hören! « , erwiderte ich pikiert. Dann holte ich tief Luft. » Ich bin fünfundsechzig! «
Er sah völlig überrascht aus.
» Und ich hatte ein Facelifting « , fügte ich hinzu.Wobei ich mir vorkam, als würde ich beichten, dass ich bei der Mathearbeit abgeschaut hatte.
» Ich kann nur hoffen, dass du das Martha
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