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Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt!

Titel: Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ironside
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Mami, wenn sie weg ist… eine Überraschung… unser kleines Geheimnis. « Und dann flüsterte ich ihr ins Ohr, dass wir sie als Prinzessin verkleiden würden, und ein Lächeln trat auf ihr Gesicht.
    Sharmie spielte mit. » Was heckt ihr beiden denn da aus? « , fragte sie und tat so, als würde sie lauschen.Alice sagte strahlend: » Geh weg, Mami, es ist ein Geheimnis! «
    Ich hatte das nicht vorbereitet, aber wir spazierten in mein Schlafzimmer, durchforsteten Schränke und Schubladen und förderten eine indische Stola zuTage, die wir in einen Rock verwandelten, sowie ein paillettenbesetztesTuch, aus dem wir ein Oberteil machten, und ein leuchtend rotes Halstuch, das als Gürtel diente. Dann behängten wirAlice noch mit sämtlichen Broschen,Armbändern, Halsketten und Ohrringen, die meine Schmuckschatullen hergaben, und steckten ihr die Haare hoch. Sie war die hübscheste kleine Prinzessin unter der Sonne. So etwas hätte ich mit Gene niemals machen können.
    Alice betrachtete sich verzückt im Spiegel. Dann nahm sie meine Hand und fragte ernsthaft: » Hast du auch Make-up? «
    » Natürlich! « , sagte ich und ließ ihr freie Hand mit Lippenstift, Rouge und Eyeliner. Die Krönung war ein roter indischer Punkt zwischen ihrenAugenbrauen. Dann besprühten wir sie mit einem Hauch teuren Parfums, und die Prinzessin war vollendet.
    Als es klingelte, hatte ich gerade (aufAlices Drängen hin) Fotos von ihr gemacht, während sie sich im Spiegel bewunderte. Ich ging nach unten und machte Sharmie auf.
    » Tu so, als erkennst du sie nicht « , flüsterte ich und rief: » Alice! Deine Mama ist hier! «
    Alice schritt majestätisch dieTreppe herunter, und Sharmie spielte ihre Rolle.
    » Ach du liebe Güte! « , rief sie aus und warf die Hände in die Luft. » Was für eine wunderhübsche kleine Prinzessin!Aber wo « , sie wandte sich mit besorgter Miene zu mir, » ist denn meineAlice? Du hast sie doch wohl nicht verloren, oder? Ich hatte doch gesagt, dass du gut auf sie aufpassen musst. «
    » Ich bin’s doch, Mama « , schrie dieAlice-Prinzessin kichernd und rannte dieTreppe hinunter. » Ich bin’s! «
    » Nein « , sagte Sharmie verblüfft. » Das kann nicht sein. Du bist die kleine Prinzessin? «
    » Kann ich es Papa zeigen? « , batAlice. » Kann ich? Ja? Bitte, bitte… «
    Die beiden versprachen, alles zurückzubringen, wenn Papa das bezauberndeWesen gesehen hatte, und zogen von dannen. Und ich hatte dieses zufriedene und wohlige Gefühl, das ich von meinem Zusammensein mit Gene kannte– Erfüllung. Manchmal denke ich, dass man als Großmutter die Chance bekommt, selbst wieder Kind zu sein, ohne dabei das unangenehme Gefühl von Machtlosigkeit erdulden zu müssen. Mit einem Kind etwas zu erschaffen, die Fantasie schweifen zu lassen, ob man nun mit einem Fünfjährigen ein Gefängnis baut oder ein kleines Mädchen in eine Prinzessin verwandelt– das ist das großartigste und inspirierendste Gefühl derWelt.
    Glaube ich jedenfalls.
    25. Oktober
    Habe jetzt grünes Licht für meinen Besuch beiArchie bekommen und muss sagen, dass mir irgendwie davor graut, ihn wiederzusehen. Es ist sonderbar, aber ich war so auf seinenTod eingestellt, dass ich es jetzt– was ich niemandem außer meinemTagebuch anvertrauen würde, nicht einmal Penny– gar nicht gut finde, dass er noch am Leben ist. Ich frage mich, ob andere Menschen so etwas auch empfinden. Ich meine, ich hatte mich innerlich aufTrauer, Bestattung, Erinnerungen vorbereitet, und nun steckte ich in demselben alten Muster wie vorher fest.Wie Sylvie schmerzte es auch mich, dass man ihn zumWeiterleben gezwungen hatte.Vermutlich wünschte ich mir– egoistisch–, um das trauern zu können, was ich verloren hatte. Und unter diesen Umständen war das nicht möglich.
    Als ich um die Mittagszeit in der ResidenzAbendlicht eintraf, musste ich im Flur warten, weil eine Schwester inArchies Zimmer war und irgendwelchenWirbel veranstaltete: ihm den Puls fühlte, den Blutdruck maß und jede Hoffnung auf einen friedlichenTod zunichtemachte. Ich starrte trübsinnig vor mich hin. InArchiesTür war ein kleines Fenster eingelassen, was vermutlich dazu diente, ihn nachts zu beobachten, damit er nicht irgendetwas Ungezogenes tat, wie in Frieden zu sterben.An derWand mir gegenüber hing ein Poster von MonetsWasserlilien, und ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren, obwohl andauernd alte Menschen in Rollstühlen an mir vorbeigekarrt wurden, zweifellos zu irgendeinemVortrag oder einer

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