Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
leichter ist es für ihn, sich auf ein Gespräch einzulassen.
Meine Freundin Katherine versuchte einst, mit ihrem Kollegen Tom zusammen eine kleine Freiwilligen-Agentur zu betreiben. Sie stellte bald fest, dass er ständig Entscheidungen traf, ohne sich vorher mit ihr abzusprechen. Das ärgerte sie so sehr, dass sie ihn eines Tages zur Rede stellte: »Tom, du preschst ständig voran und triffst Entscheidungen, ohne mich vorher zu fragen. Du bist sehr unhöflich!« Tom ging natürlich gleich in die Defensive, und ein nutzloser Streit mit gegenseitigen Schuldzuweisungen war die Folge.
Bei ihrem zweiten Versuch, Tom zum Umdenken zu bewegen, änderte Katherine ihre Strategie. Zunächst einmal sprach sie sich anerkennend über seine Arbeit aus. Dann konzentrierte sie sich auf das konkrete Problem, das sie gerade mit ihm hatte, wobei sie sich ausschließlich an die Fakten hielt: »Vor zwei Wochen wurde ein Gruppenmeeting einberufen, über das wir beide vorher noch gar nicht gesprochen hatten. Und vergangenen Freitag wurde der Veranstaltungskalender von unserer Homepage entfernt und auf eine andere Seite übertragen. Ich kann mich auch in diesem Fall nicht daran erinnern, über diese Entscheidung befragt worden zu sein.« Da Tom nun mit den reinen Fakten konfrontiert wurde, konnte er genau verstehen, welche Verhaltensweisen es waren, die Katherine belasteten.
Entscheidend ist die einfache und neutrale Beschreibung des problematischen Verhaltens – ohne Ressentiments oder spitze Bemerkungen. Sorgen Sie für klare, simple Worte.
Wenn Sie erregt sind, weil Ihr Gegenüber beispielsweise ein Versprechen gebrochen hat, möchten Sie Ihrem ersten Impuls folgend vielleicht so etwas sagen wie: »Du hast dein Versprechen nicht gehalten! Dir kann man nicht trauen!« Wenn Sie aber erreichen wollen, dass das Verhalten Ihres Gegenübers sich ändert, ist es wirkungsvoller, die fragliche Person nicht offen anzugreifen, sondern sich ausschließlich auf die problematische Verhaltensweise zu konzentrieren. Erinnern Sie den anderen an das Versprechen, das er gegeben hat. »Als wir Sonntagabend beim Abendbrot saßen, habe ich deine Worte so verstanden, dass du am Dienstagmorgen den Müll herausstellen würdest. Aber als ich heute nach Hause kam, stellte ich fest, dass der Müll immer noch in der Garage steht. Und er stinkt!« Ihre Worte sollten klar und deutlich sein und sich ausschließlich an die Fakten halten.
Wenn Ihr Nein für den Empfänger eine schlechte Nachricht ist, ist es oft besonders schwer zu übermitteln. Ein sachbezogener Ansatz kann auch hier wesentlich dazu beitragen, dass Ihr Gegenüber das Nein akzeptiert. »Charlie, es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir die fragliche Position als Schulleiter Al übertragen haben. Wir haben uns deshalb so entschieden, weil er als Vertreter der Schulleitung bereits einige Erfahrung gesammelt hat. Angesichts Ihrer hervorragenden Qualifikationen ist uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen.« Charlie erklärte mir, dass er zwar enttäuscht war, die Absage jedoch als sehr effektives Nein empfunden habe: »Ich konnte die Entscheidung nur respektieren. Sie war fair und vernünftig und hielt sich an die Fakten.«
In manchen Situationen ist unverblümte Offenheit unumgänglich. »Ich will aufrichtig zu Ihnen sein«, sagt der Chef zu dem Angestellten, der die erwartete Beförderung nicht erhält. »Ihre beruflichen Leistungen entsprechen einfach nicht unseren Anforderungen.« Vielleicht hört der Angestellte das nicht gern, aber letztlich nützt ihm diese Aussage mehr als eine ausweichende Antwort seines Vorgesetzten. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit wirken oft hervorragend, zumindest solange Sie Ihre Offenheit mit Mitgefühl und Respekt kombinieren.
Gehen Sie hart mit dem Problem um, nicht aber mit dem Menschen.
Achten Sie auf Ihre Worte
Nur weniges ist schwieriger – und wichtiger – als zu lernen, wie man das Verhalten des anderen beschreibt, ohne es zu verurteilen oder zu verdammen.
Als meine Tochter Gabriela in den Kindergarten ging, war am Schwarzen Brett genau zu lesen, was man nicht tun durfte: kein Schubsen, kein Treten, kein Stoßen und Schlagen, kein Beißen und so weiter. Die meisten von uns sagen Nein ohne zu schubsen, zu treten, zu stoßen, zu schlagen oder zu beißen, dafür aber greifen wir unser Gegenüber auf deutlich subtilere Weise an – mit Worten, durch unseren Tonfall und unsere Körpersprache. Um uns neu zu konditionieren, müssen wir lernen, die
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