Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
schaffen. Mandela hatte das verstanden und war bereit, für diese neue Wirklichkeit einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung sein Leben zu opfern. Sein Instinkt erwies sich als richtig. Sein beredtes Ja! zur Freiheit hallte in ganz Südafrika, ja sogar in der ganzen Welt wider, bis zu jenem Tag, da die Freiheit sich durchzusetzen vermochte.
Das Wesen eines positiven Neins besteht darin, zu bekräftigen, ohne zurückzuweisen – also die eigenen Interessen zu vertreten, ohne Ihr Gegenüber als Menschen abzulehnen. Sie stehen auf eigenen Beinen, ohne dem anderen auf die Zehen zu treten. Ihr ursprüngliches Ja ist der Schlüssel, um dieses prekäre Gleichgewicht zu erreichen.
Erklären Sie Ihr Nein
Oft besteht die Gefahr, dass Ihr Gegenüber Ihr Nein missversteht und Ihnen falsche Motive unterstellt. Deshalb bietet Ihr Ja Ihnen eine hervorragende Gelegenheit, den anderen über die Motive für Ihr Nein aufzuklären. Sie können ihm zeigen, dass Sie ihn nicht persönlich ablehnen, sondern einfach nur das zu schützen versuchen, was Ihnen wichtig ist.
Betrachten wir den Fall eines leitenden Angestellten, der viel auf Geschäftsreisen war und die meisten seiner Mahlzeiten in Restaurants einnahm. Seit vielen Jahren war er herzkrank, weshalb er weder tierische noch pflanzliche Fette zu sich nehmen durfte. Häufig, wenn er einem Kellner seine ernährungsspezifischen Bedürfnisse erklärte, traf er auf Widerstand und auf die Unfähigkeit, seinen Anweisungen zu folgen. Die meisten verstanden sein Nein einfach nicht, hielten es für eine Art Spleen, mit dem er ihnen das Leben schwermachen wollte. Er fühlte sich versucht, in die Offensive zu gehen, aber eine Auseinandersetzung wäre für sein Herz auch nicht gut gewesen.
Also beschloss er eines Tages, seine Erklärung optisch zu untermauern. Er nahm sich einen Stift und zeichnete etwas auf die Serviette. Dann sagte er ebenso höflich wie entschieden: »Sehen Sie her. Dies sind die drei Venen, die zu meinem Herzen führen. Eine ist zu 100 Prozent, die zweite zu 85 Prozent und die dritte zu 65 Prozent verstopft. Die Ärzte sagen, wenn ich Butter oder Öl zu mir nehme, muss ich sterben. Dürfte ich Sie also bitten, diesen Fisch zurückzunehmen und mir einen fettfrei gegrillten Fisch zu bringen?« Der Angestellte stellte fest, dass der Kellner auf diese Erklärung unweigerlich mit Bereitwilligkeit und Zuvorkommen reagierte.
Wie können Sie selbst dieses ursprüngliche Ja konkret übermitteln? Dabei stehen Ihnen drei grundsätzliche Hilfsmittel zur Verfügung: Die Der-Die-Das- Aussage, die die Fakten erläutert, die Ich- Botschaft, die Ihre Interessen und Bedürfnisse erklärt, und die Wir- Aussage, die auf gemeinsame Interessen und Standards eingeht. Bei der Gestaltung Ihres Jas sollten Sie diejenige Aussageform – oder die Kombination aus Aussageformen – auswählen, die Ihnen in Ihrer speziellen Lage am nützlichsten erscheint.
Machen Sie Der-Die-Das-Aussagen
Wie gehen Sie mit unhöflichem, beleidigendem oder ausfallendem Verhalten oder mit unangemessenen, unerwünschten Forderungen um? Die erste natürliche Reaktion der meisten Menschen besteht darin, dem anderen die Schuld zuzuweisen: »Das Produkt konnte nicht rechtzeitig ausgeliefert werden, weil Ihr Team so lang benötigt hat, um sich zu organisieren, und weil Sie zu viele Veränderungen eingeführt haben.«
Solche Du-Aussagen treiben den anderen jedoch automatisch in die Defensive, sodass er instinktiv negativ reagiert. Eine neutralere und effektivere Methode, um die gleiche Information zu vermitteln, besteht darin, die persönliche Anrede durch den Artikel zu ersetzen, also nicht von »du« oder »Sie« zu sprechen, sondern neutral von »der«, »die« oder »das«: »Das Produkt konnte aufgrund der vielen Veränderungen, die eingeführt wurden, nicht rechtzeitig ausgeliefert werden.« Durch Der-Die-Das-Aussagen vermeiden wir eine Verschmelzung von Person und Verhalten. Sie stellen lediglich ein einfaches Ja zu den Tatsachen dar. Keine Schuldzuweisung, keine Verurteilung, nur die klaren Fakten. Beachten Sie: Eine Der-Die-Das-Aussage muss nicht unbedingt ein »der«, »die« oder »das« enthalten. Im Vordergrund stehen die Neutralität der Aussage und ihr Bezug zu den Tatsachen.
Halten Sie sich an die Fakten
Ihr Gegenüber sieht die Dinge möglicherweise ganz anders als Sie. Je objektiver Sie die Situation also beschreiben, umso schwieriger ist es für den anderen, Ihre Worte infrage zu stellen, und umso
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