Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
destruktive Wirkung unserer Worte ebenso zu erkennen wie die indirekte Art, wie wir Schuldzuweisungen vornehmen:
Dem anderen sagen, was er tun »soll«. Schuldzuweisungen erfolgen häufig durch die Benutzung der Worte »sollte« oder »sollte nicht«, die meistens mit einer Verurteilung einhergehen. »Du solltest lernen, wie man sich besser benimmt!« oder »Das solltest du nicht tun!«. Eine neutralere Formulierung sähe folgendermaßen aus: »Dieses Verhalten schafft Probleme für uns beide.« Als sehr nützlich hat sich die Strategie erwiesen, das Wort »sollte« beim Gespräch mit dem anderen ganz zu meiden. Dadurch wird sich die Aufnahmebereitschaft Ihres Gegenübers ungemein steigern.
Verurteilende oder subjektive Sprache. Wenn Sie das Verhalten des anderen beschreiben, passiert es leicht, dass Sie ihn verurteilen. Denken Sie an Katherines Worte: »Tom, du preschst ständig voran und triffst Entscheidungen, ohne mich vorher zu fragen. Du bist sehr unhöflich!« Der Begriff »voranpreschen« ist nicht nur ausgesprochen subjektiv gefärbt, er stellt auch eine Verurteilung dar. Sie klagt Tom an, sie zu schnell vor vollendete Tatsachen zu stellen. »Vorangehen« wäre eine neutralere Formulierung für die Beschreibung des gleichen Verhaltens gewesen. Genauso ist »sehr unhöflich« eine Verurteilung. Katherine unterstellt Tom eine boshafte Absicht, die vielleicht gar nicht existiert.
Häufig ist die Verurteilung offensichtlich. So zum Beispiel bei einer Äußerung wie »Das ist doch unvernünftig!« oder »Du benimmst dich einfach scheußlich«. Oder: »Lächerlich!« Manchmal jedoch ist sie eher indirekt und heimtückisch, wenn auch immer noch eindeutig negativ. Bei einer Diskussion zwischen zwei Partnern über das übliche Entgelt, das sie von ihrem gemeinsamen Kunden für ihre Dienste verlangen wollten, sagte der eine zum anderen: »Das Honorar, das du in Rechnung stellen willst, ist doch total mickrig! Damit gebe ich mich nicht zufrieden!« Eine neutralere Formulierung könnte lauten: »Ich glaube, wir haben für unsere Dienstleistungen ein deutlich höheres Honorar verdient.«
Zwar mag es auf den ersten Blick etwas Befriedigendes haben, den anderen zu verurteilen, auch wenn es nur insgeheim durch eine kleine Nuance erfolgt, doch diese entgeht der Aufmerksamkeit des anderen nur selten. Ein solches Verhalten weckt Ärger und Groll, drängt unser Gegenüber in die Defensive und macht es umso schwieriger für ihn, das wahre Problem wirklich zu verstehen. Durch Verurteilung ziehen wir unsere eigene Botschaft in den Schmutz. Viel wirkungsvoller ist es, die Fakten offen zu benennen und die anderen ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen zu lassen. Statt Ihrem Kunden zu erklären: »Ihre Forderung ist vollkommen unvernünftig!«, sollten Sie sich an die Tatsachen halten. »Wenn wir die Änderungen vornehmen, die Sie von uns fordern, so verzögert dies die Auslieferung des Produkts an Sie um drei Monate und erhöht die Kosten um 100 000 Dollar.«
Sie können entweder über den anderen zu Gericht sitzen oder wirkungsvoll Nein sagen, aber nicht beides gleichzeitig.
Kategorische Aussagen. » Immer musst du an meinem Essen herummeckern. Nichts ist dir jemals gut genug!«, sagt ein Ehepartner ärgerlich zum anderen. »Was willst du eigentlich?«, lautet die Antwort. »Du bist immer so empfindlich. Letztlich regst du dich doch über alles , was ich tue, auf!« »Da haben wir es ja schon wieder, immer machst du mich nieder!«, schreit der erste. Und so geht es immer weiter. Kategorische Aussagen bringen vielleicht Ihre emotionale Situation zum Ausdruck, aber sie sagen weder etwas über die Art des Problems noch helfen sie, es zu lösen.
Achten Sie auf Ihre Sprache: »Nie«, »immer«, »nichts« und »alles« sind keine faktenorientierten Beobachtungen, sondern reine Übertreibungen. Aus einer oder ein paar Beleidigungen wird eine kategorische Schlussfolgerung gezogen, mit der der andere in eine Schublade gepackt wird, aus der es kein Entkommen gibt. Ein korrigierbares Problem wird so zu einer Riesensache aufgebauscht, die man unmöglich bewältigen kann. Natürlich geht der andere sofort in Verteidigungsposition, weist die kategorische Unterstellung als unwahr zurück und ignoriert die konkrete Kränkung, die der Auseinandersetzung zugrunde liegt.
Überlegen Sie sich doch einmal, was hätte passieren können, wenn der erste Partner einfach nur die Fakten beschrieben hätte. »Gestern Abend habe ich gesehen, wie du
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