Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
stützt sie durch Ihre persönliche Macht und lässt Ihre persönliche Beziehung außen vor, weil das Nein unpersönlich bleibt.
Betrachten wir an dieser Stelle das Beispiel eines Textilfabrikanten, der von seinen Kunden ständig unter Druck gesetzt wurde, ihre Bestellungen pünktlich auszuführen. Jahrelang reagierte die Firma mit Anpassung. Wenn ein Kunde aufgrund von Verzögerungen ungehalten wurde, pflegte der Hersteller mit aller Konzentration die Sache zu beschleunigen – er peitschte den Auftrag durch und stellte derweil alle anderen Bestellungen zurück. Das Ergebnis war ein schlecht funktionierendes System und Unzufriedenheit auf allen Ebenen. Schließlich beschäftigte sich die Firmenleitung mit dem Problem und engagierte ein Team von Beratern, das ein neues und besseres System entwickeln sollte, um eine pünktliche Auslieferung der Produkte zu gewährleisten. Zu diesem Zweck wurde eine neue Firmenpolitik in Bezug auf Kunden formuliert: keine punktuelle Beschleunigung mehr. Diese neue Politik wurde offiziell verkündet und trotz der anfänglichen Ablehnung durch die Kunden auch aufrechterhalten.
Das Endergebnis? Die Komplexität des Fabrikmanagements wurde deutlich reduziert. Dadurch konnten Bestellungen nun innerhalb von zwei Wochen statt der sonst üblichen sechs abgewickelt werden. Es gab deutlich geringere Verzögerungen und es war gar nicht mehr nötig, Bestellungen zu beschleunigen – ein Gewinn für alle Beteiligten.
»Ich habe andere Pläne« oder »Ich habe andere Verpflichtungen«
Eine konkrete, alltägliche Antwort, die Ihre Interessen bekräftigen und ihre Macht stärken kann, ohne die Beziehung zu belasten, lautet: »Ich habe andere Pläne.« Oder: »Zu diesem Zeitpunkt habe ich schon andere Verpflichtungen.« Mit anderen Worten: Zeigen Sie dem anderen, dass Sie bereits eine andere Verantwortung übernommen haben.
So könnten Sie dem Freund, der Sie zu einer Party einlädt, sagen: »Es tut mir leid. Ich habe schon andere Pläne für den Abend. Danke!« Dem Kollegen, der Sie bittet, ein eiliges Projekt zu übernehmen, können Sie sagen: »Ich würde dir gern aushelfen, aber ich muss erst noch ein paar andere Projekte fertigstellen, bevor ich wieder neue Aufgaben übernehmen kann.« Wenn Ihr Vorgesetzter Sie bittet, am Wochenende an diesem oder jenem Projekt zu arbeiten, können Sie sagen: »Es tut mir leid. Ich habe an diesem Wochenende wichtige Familienangelegenheiten zu erledigen.« Demjenigen, der Sie bittet, sich ehrenamtlich zu engagieren, können Sie antworten: »Im Augenblick muss ich mich stärker auf meine Familie/mein Privatleben/meine Arbeit/mein Studium konzentrieren.«
Einer meiner Klienten schlug einem neuen Kunden einmal ein richtig gutes Geschäft vor. Die Antwort lautete: »Da wir mit Ihrem Konkurrenten bereits eine Vereinbarung getroffen haben, kann ich Ihr Angebot zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Betracht ziehen.« Mein Klient betrachtete dies als eines der effektivsten Neins, das er je erhalten hatte, denn »es demonstrierte moralische Integrität und zeigte, dass sie sich an ihre Vereinbarungen hielten«. Dadurch signalisierte man ihm, dass er, falls man in Zukunft Geschäfte mit ihm machen würde, die gleiche Ehrlichkeit und das gleiche Engagement erwarten konnte, die man jetzt seinem Konkurrenten entgegenbrachte.
»Nicht jetzt«
Es ist nicht leicht, Nein zu sagen, besonders dann nicht, wenn Ihnen die Beziehung zu dem anderen wichtig ist. Eine Möglichkeit, um die negative Botschaft für Ihr Gegenüber abzumildern und Ihnen Ihr Nein zu erleichtern, besteht darin, es zeitlich zu begrenzen. Anders formuliert, benutzen Sie die magischen Worte: »Nicht jetzt.«
Ein Kunde, der Sie bittet, eine spezielle technologische Lösung für sein Problem zu entwickeln, wird ein »Es tut mir leid, aber im Moment können wir Ihnen eine solche Lösung nicht anbieten« besser akzeptieren können als ein pauschales Nein. Genauso wird ein Angestellter, der Sie um eine Gehaltserhöhung bittet, besser mit der Ablehnung umgehen können, wenn er hört: »Es tut mir leid, aber unsere wirtschaftliche Situation lässt dies unter den momentanen Umständen nicht zu.« Einer meiner Bekannten, der eine solche Antwort erhielt, formuliert es folgendermaßen: »Ich hatte das Gefühl, dass man meiner Bitte durchaus zugehört hatte, und dass die Tür immer noch offen stand. In der Zukunft ist ein Ja also keineswegs unmöglich.«
In der Tat lädt ein »Nicht jetzt« zu weiteren Anfragen in der
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