Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
Familie verbringst«, was man vielfältig interpretieren kann, formulieren Sie es lieber folgendermaßen: »Ich möchte, dass du den ganzen Sonntag zu Hause bleibst, dass du mit den Kindern spielst und ihnen bei den Hausaufgaben hilfst.« Ein Nein erhält seine Macht nicht nur dadurch, dass es stark ist, sondern auch durch die Genauigkeit des Gegenvorschlags.
Kurz gesagt: Bieten Sie dem anderen eine positive, verhaltensorientierte Lösung für Ihr Problem an. Nutzen Sie den Vorteil, dass sein Verhalten objektivierbar ist: Sie und Ihr Gegenüber können genau beurteilen, ob Ihre Bitte erfüllt wurde oder nicht. Außerdem konzentriert sich der verhaltensorientierte Ansatz auf das, was der andere Ihrer Ansicht nach tun soll, und nicht auf das, was er Ihrer Meinung nach sein soll.
Formulieren Sie Ihre Bitte realistisch
Der zweite Prüfstein für Ihre Bitte besteht in ihrer Realisierbarkeit. Ein Ansinnen wie »Hör auf, so wütend zu sein« konzentriert sich zum einen nicht auf das Verhalten des anderen und ist zum anderen auch kaum umsetzbar. Oft ist es Ihrem Gegenüber nämlich gar nicht möglich, seinen Zorn in diesem Augenblick zu überwinden. Konstruktiver ist es, einen ersten Schritt in puncto Verhaltensänderung zu erbitten: »Würdest du dich jetzt bitte erst einmal hinsetzen und mir erklären, warum du so wütend bist?« Diese Bitte ist realisierbar. Sie gibt dem anderen das Gefühl, dass man ihm respektvoll zuhört, und kann ein erster Schritt sein, damit seine Wut verraucht.
In einem schon früher zitierten Beispiel versuchten von Forest Ethics und der Dogwood Alliance rekrutierte Umweltaktivisten, die Firma Staples dazu zu bewegen, keine aus gefährdeten Waldbeständen gewonnenen Produkte mehr zu verkaufen. Bei einer Aktionärshauptversammlung richteten sie also eine realistische Bitte an den Geschäftsführer. Dieser war alles andere als überzeugt davon, dass seine Firma aufhören konnte, derlei Produkte einzukaufen und zu vertreiben, deshalb luden ihn die Umweltaktivisten öffentlich zu einer Rundreise in die gefährdeten Gebiete ein, damit er selbst mehr über dieses kritische Thema lernen konnte. Und tatsächlich betraute der CEO einige Mitarbeiter damit, sich die Sache genauer anzusehen. Deren Reise trug maßgeblich dazu bei, dass die Verantwortlichen mehr über das Problem erfuhren. Zwischen der Geschäftsführung und den Umweltaktivisten entstand eine konstruktive Beziehung, was nicht zuletzt die Voraussetzung für die bahnbrechende Vereinbarung war, die letztlich zustande kam: Staples erklärte sich bereit, keine Produkte mehr einzukaufen, die aus dem Holz gefährdeter Waldbestände hergestellt wurden.
Eine realistische Bitte übt stärkeren, konstruktiveren Druck auf Ihr Gegenüber aus als eine unrealistische. Diese Lektion lernte in den 80er Jahren auch die Antiapartheidbewegung in Südafrika. Ihr mächtigster Slogan lautete nicht: »Keine Apartheid mehr!«, sondern »Befreit Nelson Mandela!« (»Free Mandela!«). Diese simple, spezifische und realistische Forderung trug dazu bei, Menschen auf der ganzen Welt zu mobilisieren, Druck auf das weiße, südafrikanische Minderheitenregime auszuüben und schließlich Mandelas Entlassung zu bewirken.
Je mehr Beachtung Sie den Bedürfnissen und Einschränkungen Ihres Gegenübers schenken, umso größer sind die Chancen, dass der Betreffende Ihrer Bitte nachkommt. Achten Sie bei der Berücksichtigung Ihrer eigenen Belange also darauf, dass Ihr Verhalten möglichst wenig negative Auswirkungen auf andere hat. Je stärker Sie die legitimen Interessen des anderen respektieren, umso mehr respektiert dieser auch die Ihrigen.
Formulieren Sie Ihre Bitte positiv
Auch die Antiapartheidbewegung hatte also gelernt, dass es einen großen Unterschied macht, wenn man sein Ansinnen – »Befreit Mandela« – positiv formuliert.
Woran denken Sie zuerst, wenn ich Sie auffordere, nicht an Elefanten zu denken? Mit anderen Worten: Wenn Sie Ihrem Gesprächspartner ein »Schrei mich nicht an!« entgegenschleudern, so formulieren Sie die Lösung negativ, und seine Aufmerksamkeit richtet sich automatisch auf das unerwünschte Verhalten und trägt unbewusst zu seiner Verstärkung bei – besonders, wenn Sie selbst ebenfalls schreien. Es ist also viel effektiver, mit normaler Stimme zu sagen: »Bitte sprich in ruhigem Ton mit mir.« Lenken Sie die Gedanken des anderen eindeutig auf die positive Handlungsweise, die Sie von ihm verlangen.
Ein Mann aus meinem Bekanntenkreis
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