Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
machte sich Sorgen um seine alte Mutter, die ganz allein in einem großen Haus lebte. »Es war schwer, Nein zu ihrem Lebensstil zu sagen, aber sie war in dem alten Haus einfach nicht mehr sicher. Eines Tages stürzte sie und lag ganze sechs Stunden auf dem Boden, bevor zufällig jemand vorbeikam. Doch trotz meiner wiederholten Bitten weigerte sie sich, umzuziehen. Schließlich machte ich ihr ein Angebot. ›Probiere für sechs Wochen das betreute Wohnen in einer Appartment-Anlage aus. Wir behalten das Haus, wir rühren nichts an, und wenn dir das neue Arrangement nicht gefällt, kannst du ja wieder zurück nach Hause ziehen. Wie wäre das?‹ Es fiel ihr deutlich leichter, versuchsweise umzuziehen, als gleich das ganze Haus aufzugeben. Schließlich gefiel es ihr so gut in ihrer neuen Wohnung, dass der Verkauf des alten Hauses kein Problem mehr darstellte.« Der Sohn veränderte den Fokus vom Negativen (»Verkaufe das Haus«) zum Positiven (»Probiere dieses neue Arrangement sechs Wochen lang aus«).
Mit anderen Worten: Sagen Sie dem anderen nicht einfach nur, dass er mit der Verhaltensweise aufhören soll, die Sie nicht wollen, sondern bitten Sie ihn, etwas zu tun , was Sie wollen .
Formulieren Sie Ihre Bitte respektvoll
Auch wenn Ihr Vorschlag durchaus realistisch ist, ist es möglich, dass der andere ablehnend reagiert. Dann sollten Sie sich Gedanken über Ihren Ton machen. Vielleicht haben Sie Ihr Ansinnen ja auch auf eine Weise vorgebracht, der ihn zu einem Machtkampf herausfordert oder ihn befürchten lässt, das Gesicht zu verlieren. Ihr Auftreten kann den Unterschied zwischen Akzeptanz und Weigerung bedeuten.
Nur allzu oft kommt ein Vorschlag in Gestalt einer Forderung oder eines Befehls daher: »Hör damit auf, sonst …!« Eine Forderung zielt darauf ab, den anderen zu kontrollieren, und missachtet typischerweise sein Recht auf eine eigene Entscheidung. Das erschwert es ihm, das zu tun, was Sie gern von ihm hätten. »Hör auf, mit mir zu reden, während ich telefoniere!« hört sich anders an als: »Könntest du bitte warten, bis ich mit dem Telefonat fertig bin? Dann können wir uns unterhalten.« Die grundsätzliche Botschaft ist die gleiche, aber in der ersten Variante kommt sie als Befehl herüber, in der zweiten als Bitte. Der wahre Unterschied liegt nicht so sehr in den Worten, sondern in der respektvollen Grundhaltung dem anderen gegenüber.
Das Ergebnis Ihres Vorschlags sollte gegenseitiger Respekt sein
Manchmal gibt es einfach keine andere Lösung als ein einfaches Nein. In einem solchen Fall kann das von Ihnen vorgeschlagene Ja minimalistisch ausfallen: Sie bitten Ihr Gegenüber im- oder explizit, Ihr Nein zu akzeptieren und Ihre Bedürfnisse zu respektieren. Das Ergebnis, auf das Sie abzielen, lautet: »Leben und leben lassen, respektieren und respektiert werden.«
So sagt nach einem heftigen Streit ein Partner zum anderen: »Ich möchte jetzt eine Zeit lang allein sein. Bitte respektiere das. Danke!« Zu einem beharrlichen Vertreter an der Tür kann der Hausherr sagen: »Bitte respektieren Sie unsere Privatsphäre und klingeln Sie nicht noch einmal hier. Seien Sie so freundlich!« Nachdem ein Freund die Einladung des anderen ausgeschlagen hat, sagt er: »Ich bitte um dein Verständnis.«
Eines Tages beobachtete ich folgende Situation: Der zehnjährige Ty tobte ausgelassen herum und machte jede Menge Lärm, während sein Vater sich mit ein paar Freunden unterhielt. Nachdem Ty das erste Nein seines Vaters ignoriert hatte (»Ty, bitte lass das Toben«), sagte sein Vater: »Ty, ich rede mit dir. Bitte hilf mir. Wir versuchen uns zu unterhalten, und es ist mir wichtig, dass du das respektierst.« Diesmal fügte sich Ty.
Was immer Sie auch an positiven Vorschlägen machen, das Endergebnis sollte immer das gleiche sein: Sie verhalten sich dem anderen gegenüber respektvoll und bitten um die gleiche Behandlung. Tatsächlich ist gegenseitiger Respekt sogar das Ziel des positiven Neins.
Setzen Sie zum Schluss einen positiven Akzent
Wie bereits geschildert, ist es für die Beziehung äußerst förderlich, das positive Nein mit einer freundlichen Bemerkung einzuleiten. Genauso hilfreich kann es sein, auch am Ende einen positiven Akzent zu setzen. Das kann ein positiver Vorschlag sein, aber auch eine einfache, respektvolle Geste: »Vielen Dank, aber wir nehmen keine telefonischen Bewerbungen entgegen. Ich wünsche noch einen schönen Tag.« Es kostet Sie nichts, Ihre Mitmenschen respektvoll zu
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