Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
Schließlich haben Sie die Angelegenheit genau durchdacht. Ihre Warnung war kein Bluff. Wenn Sie jetzt nicht konsequent bleiben, so schaden Sie Ihrer Glaubwürdigkeit, und zwar nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft. Führen Sie Ihren Plan B aus – zügig, ohne zu zögern. »Nein«, sagen Sie zu Ihrem Kind, das mit einem Freund draußen spielen möchte. »Du darfst jetzt nicht mit Arthur spielen, egal, wie oft du fragst. Du hast deine Entscheidung getroffen, als ihr beide gestern Sally drangsaliert habt. Dein Verhalten hat eine Konsequenz, die sich nicht ändern wird.«
Verweigern Sie Ihre Mitarbeit
Wie Gandhi erkannte und demonstrierte, besteht die vielleicht wichtigste positive Macht, die wir im Beziehungsgeflecht der Welt haben, in der Fähigkeit, dem anderen unsere Kooperation zu versagen, wenn dieser sich weigert, unsere legitimen Interessen zu respektieren.
Eine berühmte griechische Sage, die als Komödie von Aristophanes auf die Bühne gebracht wurde, ist die Geschichte von Lysistrate. Die Frauen von Athen und Sparta, die des beständigen Krieges und des daraus resultierenden Todes und Leides müde geworden sind, beschließen, nicht mehr mit ihren Männern zu schlafen, bis diese aufhören zu kämpfen. Egal, wie sehr die Männer bitten und betteln, die Frauen gehen nicht mehr mit ihnen ins Bett. Angesichts dieser beharrlichen Weigerung geben die Männer dem weiblichen Eintreten für den Frieden schließlich nach und beenden ihre Machtkämpfe und ihre Gewalt. Die Frauen sagen also erfolgreich Nein zum Sex, um Ja zum Frieden sagen zu können. Letztlich sind dadurch alle besser dran.
Im Folgenden schildere ich die Geschichte einer Angestellten, die von ihrem Vorgesetzten, einem Universitätsprofessor, schikaniert wurde. Der Professor beschreibt ihre Reaktion und die Wirkung, die sie auf ihn hatte.
»Ich muss zugeben, dass ich durch den Druck und das öffentliche Interesse, das mit der Anerkennung einherging, die ich auf meinem Fachgebiet erhielt, zur Plage für meine Mitarbeiter geworden war. Immerhin leistete ich wertvolle Arbeit! Eines Tages sagte meine Chefassistentin zu mir: ›Die Arbeit hier macht keinen Spaß mehr. Ich möchte etwas anderes tun!‹, und sie kündigte. Zuerst konnte ich nicht glauben, dass sie mich trotz unserer Terminknappheit verlassen wollte. Aber sie blieb standhaft: Sie wusste, dass wir wichtige Deadlines hatten, aber unter meiner Leitung wollte sie diesem Team nicht mehr angehören. Bei einem gemeinsamen Mittagessen hoffte ich, sie zur Rückkehr überreden zu können. Tatsächlich versprach sie, über meine Bitte nachzudenken, betonte aber, dass sie unter den momentan herrschenden Bedingungen nicht wieder mit mir zusammenarbeiten wollte, obwohl sie an unser Projekt glaubte. Jetzt war ich gezwungen, mich mit mir selbst und meinem Verhalten auseinanderzusetzen. Ich begann, Schritt für Schritt meine Perspektive zu überdenken, und stellte mich darauf ein, das Projekt ohne ihre Hilfe bewältigen zu müssen. Einen Monat später ließ sie sich dann doch wieder einstellen. Sie wollte weiterhin an unserer Arbeit teilhaben, ich durfte ihr nur nie wieder das Leben schwermachen. Durch ihr Verhalten hatte sie mir eine wichtige Lektion erteilt!«
Der Professor durchlief sämtliche emotionale Stadien: Vermeidung, Verleugnung (»Zuerst konnte ich nicht glauben, dass sie mich trotz unserer Terminknappheit verlassen wollte.«), Angst, Wut, Verhandeln (»Bei einem gemeinsamen Mittagessen hoffte ich, sie zur Rückkehr überreden zu können.«) und Trauer, bis er schließlich ein Stadium der Akzeptanz erreichte. Die Assistentin blieb ihrem Job fern – sie versagte ihrem Vorgesetzten ihre Mitarbeit –, bis er zur Besinnung gekommen war und ihr Nein zu seinem Fehlverhalten akzeptierte (wobei es sich in Wirklichkeit um ein Ja zum gegenseitigen Respekt handelte).
Die Verweigerung Ihrer Mitarbeit kann ein mächtiges Instrument sein, um den anderen zu erziehen und eine gesündere Beziehung zwischen allen Beteiligten aufzubauen. Beim Hinausgehen sollten Sie allerdings immer daran denken, die Tür nicht hinter sich zuzuschlagen. Tun Sie es der oben beschriebenen Assistentin gleich: Bleiben Sie für eine Einigung offen, falls der andere seine Ansicht ändert.
Je mehr Macht, umso mehr Respekt
Auch wenn Sie auf Ihren Plan B zurückgreifen, sollten Sie das mit Augenmaß tun. Macht führt leicht zu Missbrauch. Die Ausübung von Macht wird häufig von einem gewissen Rachebedürfnis begleitet, einer
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