Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
Unempfindlichkeit den Leiden der anderen gegenüber und einem tiefgreifenden Mangel an Respekt. Wenn Sie mit dem anderen letztlich zu einem Ja gelangen wollen, müssen Sie den Einsatz von Macht durch Respekt mäßigen. Je mehr Macht Sie ausüben, umso mehr Respekt müssen Sie zeigen.
Realisieren Sie Ihren Plan B respektvoll und vielleicht sogar mit Bedauern. Statt Ihr Kind wütend zu bestrafen, ist es klüger, die Konsequenzen mit traurigem Unterton zu verkünden: »Es tut mir wirklich leid, dass du in dieser Woche dein Handy nicht haben darfst. Wenn du deine Hausaufgaben ab sofort bis zum Abend gewissenhaft erledigst, kannst du es am Ende der Woche wiederhaben.«
Verwechseln Sie Respekt nicht mit Schwäche. Wenn Sie eine Konsequenz durchsetzen müssen, zum Beispiel Ihrem Kind gegenüber, fühlen Sie sich nach einer Weile möglicherweise zum vorzeitigen Einlenken versucht. Damit riskieren Sie jedoch den Verlust Ihrer Glaubwürdigkeit. Standhaftigkeit ist deshalb umso wichtiger.
Die Ausübung von Macht kann Ihre persönlichen Beziehungen ziemlich belasten, deshalb gehen Sie sparsam damit um. Und sorgen Sie stets für eine positive Note.
So sahen sich die ärmeren Stadtteile von San Antonio im Jahr 1974 mit folgendem Problem konfrontiert. Die Straßen und Abwassersysteme waren in einem fürchterlichen Zustand. Bund und Land hatten Gelder zur Sanierung zur Verfügung gestellt. Der Stadtrat aber, dessen Vertreter vornehmlich wirtschaftliche Interessen verfolgten, weigerte sich, die notwendigen Reparaturen zu bewilligen, da man die Gelder an anderer Stelle einsetzen wollte. Angesichts der dramatischen Situation hätten die Anwohner der betroffenen Stadtteile nun gut und gern auf ihre negative Macht zurückgreifen können und einen Aufstand anzetteln können, wie es häufig geschieht, wenn die Frustration der Menschen das Fass zum Überlaufen bringt. Der Preis dafür wäre hoch gewesen: Leid und Zerstörung hätten die Ärmsten am stärksten getroffen.
Stattdessen reagierten die Betroffenen mit dem Einsatz positiver Macht. Sie bildeten eine Koalition, die sich COPS nannte (Communities Organized for Public Service). Als der Stadtrat ihre wiederholten Anfragen weiterhin ignorierte, griff COPS auf Plan B zurück. Hunderte von COPS-Aktivisten stellten sich an den Schaltern einer großen Bank im Hauptgeschäftsviertel an. Jeder ließ sich Hunderte von Dollars in Pennies wechseln. Anschließend stellten sie sich erneut an und tauschten die Pennies wieder gegen Dollarnoten ein. Unterdessen gingen zahlreiche weitere Aktivisten in das städtische Kaufhaus, probierten Kleider an, kauften aber nichts. Diese kreativen, völlig gewaltfreien Aktionen brachten einen Großteil der geschäftlichen Aktivitäten der Stadt zum Erliegen. Die Geschäftsleute sahen ihre finanziellen Interessen gefährdet und propagierten beim Stadtrat die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen. Sie sorgten dafür, dass das Problem in Zukunft weder gemieden noch verleugnet wurde.
Der Stadtrat und die Geschäftsleute lernten, dass sie sich nicht ausschließlich auf die Bedürfnisse der wohlhabenden Innenstadt konzentrieren und dabei die ärmeren Gegenden völlig außer Acht lassen konnten. Sie trafen sich mit den Anführern der COPS und stellten finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Infrastruktur der ärmeren Gegenden zu verbessern. Durch den starken und respektvollen Einsatz positiver Macht hatte COPS seine Ziele erreicht und die andere Seite zur Besinnung gebracht.
Begegnen Sie Widerstand mit Beharrlichkeit
Halten wir abschließend fest, dass Ihr positives Nein eine neue Grenze zieht, eine neue Realität schafft, die der andere respektieren sollte. Am Anfang mag es Ihrem Gegenüber schwerfallen, diese neue Wirklichkeit zu akzeptieren. Man ignoriert Ihr Nein oder setzt Sie unter Druck, damit Sie nachgeben. Sie fühlen sich vielleicht versucht, tatsächlich einzulenken oder zum Gegenangriff überzugehen, doch derlei reaktive Verhaltensweisen würden die Aufmerksamkeit des anderen nur von der neuen Realität ablenken.
Die Alternative besteht darin, dem Widerstand Ihres Gegenübers mit Beharrlichkeit zu begegnen. Unterstreichen Sie Ihr Nein mit positiver Macht. Betrachten Sie es als Ihre Aufgabe, dem anderen durch den Einsatz Ihrer Macht dabei zu helfen, die neue Realität zu verstehen und zu akzeptieren. Sorgen Sie dafür, dass nicht Sie der Lehrer sind, sondern die Situation und die daraus erwachsenden Konsequenzen. Warten Sie ab, bis der andere den
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