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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Anwesenheit Schrecken und Angst verbreitete. Jemand würde herkommen, um nachzusehen. Vermutlich würde er nicht zurückkehren, um Bericht zu erstatten, aber das konnte alles nur schlimmer machen.
    Hasan schien das ebenso gleichgültig zu sein, wie es ihn nicht mehr zu kümmern schien, ob ihn jemand erkannte. Wenn sie an Menschen vorbeikamen, sah er weder weg, noch schlug er die Kapuze seines Mantels hoch, um sein Gesicht zu verbergen oder senkte wenigstens den Blick. Und mindestens einmal, dessen war sich Andrej sicher,
wurde
er erkannt, von einem älteren Mann, der ihren Weg kreuzte und ihn so fassungslos anstarrte, als hätte er ein Gespenst gesehen.
    Hasan tat jedoch nichts, um die Situation zu entspannen, sondern lächelte ihn im Vorbeigehen an und nickte ihm auch noch grüßend zu.
    Es dauerte nicht mehr lange, bis sie ihr Ziel erreichten. Obwohl Andrej gewusst hatte, was sie erwartete, stockte er, als sie auf den großen Platz hinaustraten, unwillkürlich im Schritt beim Anblick des monumentalen Bauwerks auf der anderen Seite.
    Das Kolosseum trug seinen Namen wahrlich zu Recht – auch wenn es nicht wegen seiner gewaltigen Größe so genannt wurde, wie die meisten glaubten. Wie ein von Menschenhand erschaffener Berg erhob sich der titanische Bau auf der anderen Seite des Platzes, eine gemauerte Naturgewalt, der weder die zurückliegenden Jahrhunderte noch Stürme, Überschwemmungen und Erdbeben etwas hatten anhaben können. Andrej wusste um die Geschichte dieses gewaltigen Gebäudes und auch den einzigen und grausamen Zweck, dem es gedient hatte, und doch fühlte er für einen Moment nichts als Ehrfurcht angesichts dessen, was menschliche Hände zu erschaffen imstande waren.
    Aber da war noch etwas.
    Etwas, das er nicht zuließ.
    »Wo sind deine Freunde, Hasan?«, fragte Abu Dun. Die Frage – und vor allem der Ton, in dem er sie stellte – trug ihm erneut einen ärgerlichen Blick Alis ein. Hasan zuckte zusammen, gab aber – wie so oft – keine Antwort. Corleanis und seine Männer waren jedenfalls nicht da, obwohl die Zeit ein Dutzend Mal ausgereicht hätte, die kaum zwei Meilen zurückzulegen. Wahrscheinlich sogar weniger, wenn er die Umwege in Betracht zog, die sie auf dem Weg nach San Clemente gemacht hatten.
    Als Andrej über die Schulter zurückblickte, sah er seine Vermutung bestätigt. Über den Dächern hinter ihnen stieg noch immer eine schwarze Qualmwolke beinahe senkrecht in die unbewegte Luft. Don Corleanis hatte die Fähigkeiten der Römer im Umgang mit Feuer wohl doch etwas überschätzt.
    »Vielleicht wurden sie aufgehalten«, sagte Ali schließlich, als auch ihm klar wurde, dass Hasan nicht antworten würde. Er gab einem seiner Männer einen Wink, woraufhin dieser gehorsam loseilte und mit ausgreifenden Schritten den Platz überquerte, um unter dem großen Tor des Kolosseums zu verschwinden.
    Andrej beobachtete ihn, wie er unter dem gemauerten Bogen hindurch und in den gewaltigen Innenhof trat, und etwas … Seltsames geschah. Das Gefühl, das er gerade schon einmal niedergekämpft hatte, scharrte erneut mit scharfen Klauen an der Tür zu seinen Gedanken und forderte Einlass, und die schlanke Silhouette des Assassinen wurde zu … etwas anderem.
    Beute.
    »Andrej? Alles in Ordnung?«
    Er hatte gar nicht gemerkt, dass Abu Dun wieder dicht an ihn herangetreten war. Im ersten Moment verwirrte ihn der alarmierte Ausdruck in seinem Blick, erst dann wurde ihm bewusst, dass er die Hände zu Fäusten geballt und die Kiefer so fest aufeinandergebissen hatte, dass die scharfen Ohren des Nubiers wahrscheinlich das Knirschen seiner Zähne gehört hatten.
    »Nein«, antwortete er barsch. »Wir stehen hier wie auf dem Präsentierteller, in einer Stadt, in der wir nicht sein sollten, und warten auf einen Mann, mit dem wir nichts zu tun haben wollen. Was also soll nicht in Ordnung sein?«
    Abu Dun setzte zu einer ärgerlichen Antwort an, beließ es aber dann lediglich bei einem Schulterzucken und ging. Andrej sah noch einmal zu dem Assassinen hinter dem Tor hin, bedauerte es aber sofort, als er merkte, wie er die Gestalt mit den Augen eines Jägers musterte, abschätzte, wie und in welchem Winkel er sich an ihn anpirschen und wann er zum finalen Sprung ansetzen würde …
    Es gelang ihm auch jetzt wieder, die schlechten Gedanken abzuschütteln, doch für ein weiteres Mal würde seine Kraft nicht reichen, das spürte er. Er musste wachsam sein und durfte die Augen nicht mehr vor der Veränderung

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