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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verstärkte Tür zum Vorschein.
    »Gar nicht. Aber wenn du es nicht tust, dann stirbst du auf jeden Fall.«
    Irgendetwas stimmte nicht. Andrej konnte das Gefühl nicht in Worte kleiden, aber es war zu deutlich, um es zu ignorieren, und es wurde zunehmend stärker. Die Männer dort draußen waren keine Narren. Sie kannten und respektierten seine Fähigkeiten, aber sie hatten ganz gewiss keine Angst vor einem einzelnen Mann, der sich hier drinnen verbarrikadiert hatte. Warum also hatten sie nicht längst die Tür eingetreten und kamen herein, um es zu Ende zu bringen?
    »Gib mir … noch einen Augenblick«, antwortete Andrej zögernd. »Ich muss nachdenken!« Inzwischen hatte er die Tür erreicht und stellte fest, dass sie ebenfalls kein Schloss hatte, sondern nur eine simple Klinke. Er wechselte das Schwert in die linke Hand, um sie mit der anderen herunterzudrücken.
    »Ich zähle bis hundert, nicht eine Zahl mehr. Dann holen wir dich! Eins. Zwei. Drei …«
    Andrej zog die Tür auf. In dem grauen Zwielicht dahinter sah er einen schmalen Treppenabsatz und die ersten Stufen einer steinernen Treppe, die linkerhand weiter nach oben führte und zur Rechten nach unten. Der Mann würde kaum weiter als bis fünfzig zählen. Das musste er auch nicht. Obwohl sie sich bemühten, leise aufzutreten, hörte er die Schritte von drei Männern, die aus dem unteren Stockwerk heraufkamen. Widerwillig gestand er sich ein, dass die Männer in den albernen Operettenuniformen ihren Ruf zu Recht trugen.
    Keinen Laut,
signalisierte er Ayla, schob sie durch die Tür und mit sanftem Druck nach links, zu den nach oben führenden Stufen hin. Das Mädchen bewegte sich so lautlos, dass er kaum das Rascheln ihres Kleides hörte, und als er die Tür hinter sich zuzog, wurde es vollkommen dunkel.
    Sie hatten gute zwanzig Stufen hinter sich gebracht, als unter ihnen wieder graues Licht sichtbar wurde, und ein überraschter Ausruf erklang, nur einen Moment später gefolgt von einem gewaltigen Poltern, mit dem die Tür auf der anderen Seite des Zimmers eingetreten wurde.
    »Lauf!«
Er versetzte Ayla einen Stoß, und sie rannte die letzten Stufen hinauf. Er lief an ihr vorbei und immer zwei, manchmal drei Stufen auf einmal nehmend in die Höhe. Als er der Krümmung des Treppenschachtes weit genug gefolgt war, tauchte ein schmales Rechteck aus haardünnen grauen Linien über ihnen auf, wo die Tür nicht ganz mit dem Rahmen abschloss und das Mondlicht hereinließ. Andrej sprengte die Tür mit der Schulter auf und warf sie hinter sich wieder zu, kaum dass Ayla hinter ihm auf das Dach hinausgestürmt war. Hastige Schritte folgten ihr, und das Keuchen und Waffenklirren zahlreicher Verfolger, die mit jeder Stufe schneller aufholten.
    Auch diese Tür hatte kein Schloss, und auch ein Riegel fehlte, also blockierte er sie mit seinem Dolch, so gut es ging, packte Ayla erneut am Arm und zog sie hinter sich her.
    Sie befanden sich auf dem weitläufigen Dach des Rundbaus, aus dessen Mitte ein säulengesäumter Tempelbau wuchs, dessen Zugang von zwei weiteren großen Engelsstatuen mit drohend gespreizten Schwingen flankiert wurde. Andrej wollte sich erst dorthin wenden, verwarf die Idee aber wieder. Er wunderte sich, dass nicht auch aus dieser Richtung weitere Verfolger aufgetaucht waren, und stürmte weiter, dem anderen Ende des Daches entgegen, hinter dem das schwarze Band des Tiber und die Lichter der Stadt lockten. Vielleicht gab es dort ja einen Abstieg von diesem verdammten Dach.
    Alles, was er fand, waren glatte Wände, die hundert und mehr Fuß, die ihm wie tausend vorkamen, senkrecht in die Tiefe fielen und im harten Stein der Uferstraße mündeten. Dahinter lag das schwarze Wasser des Tiber, unerreichbare dreißig oder vierzig Fuß entfernt und unmittelbar am Ufer nur wenige Handspannen tief.
    Aber er hatte keine Wahl.
    Hinter ihm zerbrach sein improvisierter Riegel schon unter dem ersten Schlag, und die Soldaten stürzten auf das Dach heraus. Dieses Mal würden sie sich nicht damit aufhalten, ihn zum Aufgeben überreden zu wollen. Und einen Kampf durfte er nicht riskieren, solange Ayla in der Nähe und damit in Gefahr war, verletzt – oder gar getötet – zu werden.
    Andrej beugte sich noch einmal über die Brüstung und vergeudete gut die Hälfte der wenigen kostbaren Augenblicke, die ihm noch blieben, damit, die Entfernung abzuschätzen, in der der Fluss unter und vor allem
vor
ihnen lag. Dann schob er das Schwert in die Scheide und fragte: »Vertraust

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