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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Besonderen. Eure eigene Art hasst euch, und die meisten meiden eure Nähe, sofern sie euch nicht nach dem Leben trachten. Vielleicht war das der Grund, aus dem ich mich letzten Endes für euch entschieden habe.«
    »Entschieden?«, fragte Abu Dun argwöhnisch.
    »So war das nicht gemeint«, antwortete Hasan rasch. »Ich habe lange mit mir gerungen, mich …« Er suchte nach Worten. Abu Dun half ihm aus: »Mit dem Teufel einzulassen?«
    »Mancher würde es so nennen«, bestätigte Hasan ungerührt. »Und auch ich war nicht sicher, nicht einen noch schlimmeren Fehler zu begehen, um einen anderen Fehler gutzumachen, den ich vor langer Zeit begangen habe. Aber das war, bevor ich euch kennengelernt und gesehen habe, wie ihr wirklich seid.«
    »Da bist du einer von wenigen«, sagte Abu Dun. »Ich bin erstaunt. Ich dachte, dass der Turban ausreicht, um meine Hörner zu verbergen.«
    »Gottes Wege sind manchmal sonderbar«, erwiderte Hasan mit einem flüchtigen Lächeln. »Selbst ich bin immer wieder erstaunt, wie verschlungen die Pfade sein können, über die er uns führt. Nicht jeder, dem Kräfte und Möglichkeiten geschenkt worden sind, die die der Menschen übersteigen, nutzt sie nur zu seinem eigenen Vorteil oder um sich über seine Nachbarn zu erheben.«
    »Amen«, sagte Abu Dun, was ihm dieses Mal nicht nur einen zornigen Blick Alis einbrachte. Auch Andrej spürte ein kurzes, aber heftiges Aufwallen von Wut. Was Hasan sagte, war ernst gemeint, doch er spürte, wie dünn das Eis war, auf dem sie sich bewegten. Ein falsches Wort mochte genügen, und Hasan würde nicht weiterreden.
    »Ich habe lange nach Männern wie euch gesucht«, sagte er. »Männer mit euren besonderen Kräften, die das, was sie erfahren werden, nicht missbrauchen, um noch größeres Unheil über die Welt zu bringen, als ich es in meiner Anmaßung bereits getan habe.«
    »Welches Unheil?«, fragte Abu Dun. »Bitte, ehrwürdiger Hasan as Sabah, erweist mir die unbeschreibliche Gnade, mich in Euer großes Geheimnis einzuweihen. Ich werde es ja vermutlich doch nicht verstehen, aber ich werde allmählich unruhig. Ich muss an die frische Luft. Mein Ziegenfuß juckt, und es ist an der Zeit, meine Hörner spitz zu feilen.«
    »Abu Dun, bitte«, seufzte Andrej.
    Doch Hasan lächelte milde. »Es ist gut, Andrej. Ich habe es verdient. Ich bin nicht so vermessen, Vergebung von euch zu erwarten. Aber wenn ihr die Männer seid, für die ich euch halte, dann werdet ihr mir helfen, diese Gefahr zu bannen.« Er wies mit dem Kopf auf den großen Blutfleck auf dem Tisch. Die Männer hatten die Leichen weggebracht, aber nicht alle Spuren des gespenstischen Kampfes beseitigt. Dazu hatte die Zeit nicht gereicht.
    »Willst du damit sagen, dass
du
diese Kreaturen erschaffen hast?«, ächzte Abu Dun.
    »Nur Gott sollte das Recht haben, Leben zu erschaffen«, antwortete Hasan, »und ich bin nur ein Mensch.«
    »Wenn man es Leben nennen will«, schnaubte Abu Dun.
    »Trotzdem hast du in gewissem Sinne recht«, fuhr Hasan fort. »Ich habe diese Geschöpfe nicht erschaffen, aber es ist meine Schuld, dass sie hier sind. Und meine Pflicht, diesen Fluch zu brechen.«
    »Was du nur dort kannst, wohin wir dich begleiten sollen«, sagte Abu Dun.
    Hasan nickte. »Das Schicksal ist zuweilen grausam. Es genügt ihm offensichtlich nicht, nur mich zu bestrafen.«
    »Sondern auch das Mädchen?« Abu Dun legte den Kopf auf die Seite. »Was hat sie damit zu tun?«
    Hasan antwortete nicht gleich, doch hinter seiner Stirn arbeitete es. Schließlich nickte er Ali knapp zu, und der Assassinen-Hauptmann sagte: »Sie ist seine Tochter.«
    Abu Dun riss die Augen auf, und auch Andrej brauchte einen Moment, um diese Neuigkeit zu verarbeiten. Aber immerhin wurde ihm jetzt das eine oder andere klar. Dennoch schüttelte er zweifelnd den Kopf. »Das würde bedeuten, dass diese … Kreaturen denken können. Und das kann ich nicht glauben.«
    Aber noch vor wenigen Minuten hatte er auch geglaubt, dass es reichte, diese schrecklichen Geschöpfe zu enthaupten, um sie endgültig zu töten, und war eines Besseren belehrt worden.
    Und vielleicht, dachte er schaudernd, war das ja nicht der einzige Irrtum, dem er erlegen war. Sowohl Abu Dun als auch er waren bisher ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass in diesen unheimlichen Kreaturen kein Leben mehr war und schon gar kein
Bewusstsein
. Was, wenn es nicht so war? Wenn da irgendwo tief verborgen unter der Mordlust und der Gier nach Blut und warmem

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