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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein wenig verwirrt an und hob dann die eiserne Hand vor das Gesicht, um sie so angestrengt zu betrachten, als vermute er die Antwort auf alle seine Fragen irgendwo im Inneren des komplizierten Gebildes aus Zahnrädern, Stiften und Scharnieren. Ein leises Klirren drang unter seiner Kleidung hervor, als er die Finger zur Faust schloss und wieder öffnete.
    »Gehen«, sagte er schließlich. »Sofort.«
    Und tatsächlich war Andrej kurz versucht, genau das zu tun. »Du verdankst dem alten Tattergreis dein Leben«, gab er dann zu bedenken.
    »Was eine unglaublich eigennützige Tat war«, spottete Abu Dun.
    »Ohne ihn wärst du tot, so einfach ist das. Es spielt keine Rolle, warum er es getan hat.« Andrej stand auf.
    »Erlaubt Ihr mir die Frage, wohin Ihr geht, oh großmächtiger Sahib?«, fragte Abu Dun.
    Andrej nickte. »Ich tue etwas, worin ich schon eine gewisse Übung habe … im Gegensatz zu dir, Pirat. Außerdem wäre es viel zu gefährlich für dich. Ich jage Katzen.«

Kapitel 14
    Er fand die tote Katze auf halbem Wege zurück zu ihrem Nest. Abu Dun musste sie wohl doch erwischt haben, so schnell sie auch gewesen war, denn sie hatte es nicht einmal mehr ganz über den Hof geschafft, sondern sich kurz vor dem hölzernen Verschlag, in dem ihre Mutter und ihre Geschwister auf sie warteten, in einen dunklen Winkel verkrochen, um dort zu sterben, ganz wie es die Art ihrer Spezies war.
    Wenn sie es denn gekonnt hätte.
    Andrej hätte sie auch ohne die Blutspur, die ihn zu ihrem kläglichen Versteck führte, gefunden, denn es ging etwas von ihr aus, ein düsterer Odem, den nur er wahrnehmen konnte, und der ihm nur zu bekannt war und ihn wahrscheinlich auch mit verbundenen Augen hierhergeführt hätte.
    Das Rückgrat des Tieres, das kaum größer war als seine ausgestreckte Hand, war gebrochen, und einer der Hinterläufe hing nur noch an einer blutigen Sehne. Ihr Brustkorb war eingedrückt, Rippenenden ragten aus dem besudelten Fell. Dennoch versuchte sie, mit ihren winzigen Zähnchen nach ihm zu schnappen, als er sich in die Hocke sinken ließ und die Hand nach ihr ausstreckte.
    Sehr vorsichtig, um nicht gebissen zu werden und das schwarze Feuer in sich womöglich neu zu entfachen, nahm Andrej das tote Tier auf und zwang sich, den grässlichen Anblick noch ein wenig länger zu ertragen und den geschändeten Körper zu inspizieren. Die tiefen Wunden und Verletzungen wären für sich schon tödlich gewesen, doch das war es nicht, wonach er suchte.
    Es war ein einzelner Biss, nicht einmal besonders tief und halb versteckt im struppigen Fell und harmlos im Vergleich zu allem anderen, was dieser bedauernswerten Kreatur angetan worden war, aber er war wohl für alles verantwortlich, was ihr zugestoßen war, denn es war der Biss eines Menschen.
    »Die spinnen, die Römer. Und allen voran dein neuer Freund Clemens, der hier überall seine Finger mit im Spiel hat. Oder glaubst du etwa, er wäre an all dem unschuldig?«
    Andrej brach der Katze mit zwei Fingern das Genick, um sie von ihren Leiden zu erlösen, erinnerte sich dann aber an das, was er gerade in der Gaststube mit angesehen hatte. Er überwand seinen Widerwillen und zermalmte ihr den Schädel mit der flachen Hand. Erst, nachdem er das tote Tier fast behutsam abgelegt und sich gründlich die Hand an seinem Mantel gesäubert hatte, richtete er sich wieder auf und drehte sich zu Abu Dun herum.
    Don Corleanis und einer seiner Männer waren vor der offenen Tür des Gasthauses stehengeblieben, und ein weiterer Mann ging schnellen Schrittes die Straße hinunter, um dort nach dem Rechten zu sehen. Corleanis sah neugierig in ihre Richtung.
    Andrej senkte die Stimme zu einem Flüstern, als er antwortete. »Das habe ich nie behauptet. Aber wenn du so genau weißt, in was wir hier geraten sind, dann klär mich doch einfach auf.«
    »Ich weiß jedenfalls, was es
nicht
ist«, sagte Abu Dun. »Und ich weiß auch, was deine kleine Freundin nicht ist.«
    »Und was wäre das?«
    »Ein harmloses kleines Mädchen, das Hilfe braucht«, antwortete Abu Dun, alles andere als im Flüsterton. Andrej meinte, Corleanis misstrauisch die Stirn runzeln zu sehen. Abu Dun stieß das, was von der toten Katze übrig war, mit dem Fuß an.
    »Oder willst du behaupten, dass
das hier
nur ein Zufall ist?«
    »Nein«, sagte Andrej. »Rom ist für seine streunenden Katzen bekannt. Hier stolpert man allerorts darüber.«
    »Du weißt verdammt genau, was ich …« Abu Dun schluckte den Rest des Satzes herunter

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