Nele auf dem Ponyhof - Nele ; [2]
du was mit ihm unternimmst«, beruhigte sie Sebastian. »Er mag dich.« Er zurrte den Sattelgurt fest und hielt Nele den Steigbügel hin. »So, jetzt versuch dich einfach mal über den Bügel auf den Sattel zu schwingen, als ob du auf ein Schaukelpferd aufsteigen würdest.«
Nele nickte eifrig. Wie sie das bei anderen Reitern abgeguckt hatte, tätschelte sie erst einmal Freddys Hals und steckte ihm ein Zuckerstückchen zu, das sie vom Frühstückstisch stibitzt und in ihre Hosentasche gesteckt hatte.
»Du lernst ja schnell«, lobte sie Sebastian. »Das nächste Mal nimmst du aber besser ein Apfelstückchen, sonst muss Freddy zu oft zum Zahnarzt. Also, rauf mit dir!«
Im gleichen Moment, als Nele ihren linken Fuß in den Steigbügel setzte, wurden ihre Knie weich wie Pudding und schlenkerten unkontrolliert hin und her. Dasselbe passierte mit ihren Armen.
Vergeblich versuchte sie, sich hinaufzuhieven. Immer wieder rutschte sie ab.
»Ist etwas mit deinen Beinen nicht in Ordnung? Oder hast du Muskelkater vom Sport?«, fragte Sebastian verblüfft. »Du bist doch Handballerin und hast jede Menge Muckis.«
Nele schossen die Tränen in die Augen. »Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist«, antwortete sie mit zitternder Stimme. »Meine Arme und Beine wackeln ganz doll und mir wird irgendwie ganz schummrig, wenn ich mich raufziehen will.«
Sebastian setzte sich auf einen Strohballen und legte seine Stirn in nachdenkliche Falten.
Eigensinnig probierte Nele es auf eigene Faust und rutschte erneut ab. Zu allem Übel plumpste sie dabei auf ihren Po, ausgerechnet in einen Haufen weicher Pferdeäpfel. Sie schimpfte wie ein Rohrspatz los. Dicke Tränen rannen über ihre hochroten Wangen.
»He, ein bisschen Pferdemist bringt doch Glück!«, rief Lukas. Er war gerade auf den Ponyhof geradelt und kam verwundert herbeigerannt, weil Nele weinte.
»Ich komm einfach nicht auf das doofe Pferd rauf«, schniefte sie und stampfte mit dem Fuß auf. »Freddy ist zu groß für mich. Ich möchte mit einem kleineren Pony üben.«
Sebastian reichte Nele ein Taschentuch zum Naseputzen und schüttelte mitleidig den Kopf. »Das hat nichts mit der Größe zu tun, Nele«, sagte er mit freundlicher Stimme. »Die Sache ist ein bisschen komplizierter. Du hast eine höllische Angst. Und die musst du erst mal in den Griff kriegen. Da gibt es nur eines: ganz viel Geduld und langsam an Pferd und Höhe gewöhnen.«
Auch wenn Nele sich mit Händen und Füßen wehrte – Sebastian hatte recht.
Am liebsten wäre sie gleich wieder nach Hause gefahren, so sehr schämte sie sich über sich selber. Dabei hatte sie gar keinen Grund dazu. Es gab ja auch Menschen, die Angst vor winzigen Katzen hatten, die Mutter von Lukas zum Beispiel. Sie hatte vor Kurzem sogar die Puddingschüssel fallen lassen, als eine Babykatze durch das offene Küchenfenster sprang, erzählte er.
Sebastian nickte. »Meine Freundin fürchtet sich vor Schmetterlingen«, ergänzte er. »Auf unserem letzten Ausritt ist sie vor einem Schwarm Zitronenfalter davongejagt.«
Nele schniefte getröstet in das Taschentuch. Und als Freddy Nele gleich darauf mit seinem Maul total zutraulich ins Heu schubste, musste sie über sich selber lachen.
»Na also«, sagte Sebastian erleichtert. »Alles nicht so tragisch. Wie in einer Freundschaft, die langsam wächst, müssten auch ein Pony und seine Reiterin miteinander warm werden«, erklärte er ihr. »Das geht manchmal nicht so hopplahopp, wie man sich das wünscht.« Er empfahl Nele, erst einmal ein wenig an die frische Luft zu gehen und draußen herumzuhüpfen, um ihren heißen Kopf abzukühlen.
Im Hof war Großtante Adelheid gerade dabei, sich für ihren ersten Ausritt fertig zu machen. Sie wirkte in ihrem bodenlangen schwarzen Rock mit Seitenschlitz und der roten Reiterkappe sehr schick, auch wenn Nele heimlich dachte, dass die Großtante aussah wie auf einem Kostümball. Aber das hätte sie ihr nie und nimmer gesagt.
Großtante Adelheid fiel aus allen Wolken, als Nele von ihrer missglückten ersten Reitstunde berichtete. Nele hatte Angst vorm Reiten? Das konnte sie wirklich nicht verstehen.
»Du kletterst doch auch auf Bäume, Kind«, sagte sie und hüpfte federleicht wie ein Flummi in den Damensattel. Komet war der wildeste Hengst in Sebastians Stall, aber Großtante Adelheid hatte darauf bestanden, mit ihm auszureiten.
Und wirklich! Sie galoppierte auf dem ungestümen Hengst los wie eine Amazone. Mit einem Juchzer verschwand sie Richtung
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