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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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machen sich ständig Sorgen. Mann, willst du so leben?«
    Ich grinste.
    »Anita will ein Kind von dir?«
    Er warf mir einen Blick zu.
    »Dicker, dreh mir nicht die Worte im Mund um. Sie hat nur gesagt, dass ich mal über Kinder nachdenken soll, aber ich will halt noch keine.«
    »In meinen Augen geht das total in Ordnung.«
    Das überraschte ihn.
    »Echt?«
    »Klar«, sagte ich. «Ist doch deine Entscheidung. Sag ihr das, damit sie sich einen Kerl suchen kann, der so leben will wie sie.«
    Das brachte ihn zum Schweigen. Er trat aufs Gas. Vor uns zog es mehrere Fahrzeuge dicht an dicht wie an einerKette über die Straße. Rokko riss das Lenkrad herum, und wir schossen aus unserer Lücke auf die Gegenfahrbahn. Der Gegenverkehr kam uns in Form eines LKWs entgegen. Rokko tippte auf die Bremse und rutschte so gerade noch mal in die Lücke zurück, die ein Opa versucht hatte zu schließen. Seine Lichthupe bombardierte uns, als wir uns wieder in die Spur einordneten. Rokko zeigte ihm den Mittelfinger. Auf der Gegenspur fuhr in diesem Moment der Schulbus an uns vorbei. Willi sah zu uns rüber und schüttelte den Kopf. Diesmal konnte ich nichts gegen mein Grinsen tun. Herrje, fühlte Rokkos Fahrstil sich gut an. Jede Sekunde brachte mich ihr näher.
    »Hm, sag mal, kommt es nur mir so vor …?« Ich beugte mich rüber und warf einen irritierten Blick auf den Tacho. »Korrigier mich, aber mir scheint’s, wir kommen kaum voran. Ist die Karre Schrott, oder warum fährst du wie ’ne Tucke?«
    Rokko senkte das Kinn, schaltete hoch und verwandelte die Landstraße in ein Videospiel.

    Als wir auf den Hof rollten, kam November aus dem Haus gesprungen. Rokko scheuchte mich aus dem Wagen, aber nicht, ohne mich beiläufig an unseren Kegelabend zu erinnern. Ebenso beiläufig äußerte ich, dass ich heute Abend womöglich etwas anderes vorhaben könnte. Er nickte, als hätte er es geahnt. Ich riet ihm, sich mit Anita zu versöhnen. Er zeigte mir einen Finger und schoss aus der Einfahrt. Ich verpasste November ein paar Streicheleinheiten und ging auf schwachen Beinen zum Haus, während November um mich herumkragehopte. Als ich die Haustür öffnete und Neles Stimme in der Küche hörte, musste ich mich für einen Moment gegen den Türrahmen lehnen. Sie war noch da.
    Mor lehnte am Herd und schob Gemüse von einem Brett in die Pfanne. Nele stand vor der Arbeitsplatte und raspelteMöhren. Sie trug eine weite grüne Khakihose, Sandaletten und mein Lovesexy-Tourshirt.
    »Hi, Mädels.«
    Beide drehten sich mit einem Lächeln um.
    »Wie war dein Tag?«, fragte Mor.
    »Wie immer.«
    Sie lächelte wissend. Ich lehnte mich mit dem Hintern gegen die Kante des Küchentisches und musterte Nele. Es war neun Stunden her, seitdem wir uns gesehen hatten. Ihre Augen funkelten.
    »Was?«
    »Tolles T-Shirt.«
    Sie schielte an sich hinunter.
    »Ja, war ’ne gute Tour.«
    »Ja, die Lovesexy war vielleicht seine beste.«
    »Auch die Anreisen.«
    »Wegen der Anreisen.«
    Ich sah in ihren Augen, dass ihr dieselben Dinge einfielen wie mir.
    Mor räusperte sich.
    »Denkst du an den Rollstuhl?«
    »Tag und Nacht.«
    Auf halber Strecke zur Treppe warf ich einen Blick über die Schulter zurück. Zwei Frauen in der Küche. Nicht mehr. Nicht weniger. Es war echt nicht zu fassen.
    Nachdem ich geduscht hatte, warf ich einen Blick in den Garten, kontrollierte den Zaun, klaubte eine Tomate von einem Strauch und ging auf den Hof, um mir den Rollstuhl anzuschauen. Die Tomate schmeckte aromatisch. Ein Holländer hätte das nicht für möglich gehalten. Gegen mein Grinsen war auch nichts zu sagen. Ich musste aufpassen, keine Fliegen zu verschlucken, als ich mich neben den Rollstuhl kniete, um den Antrieb auseinanderzunehmen und die Achse zu reinigen. November streunte rastlos umher. Er wollte los, sein Revier markieren und ein paarLangohrfreunde treffen, doch er wusste, dass er nicht alleine vom Hof durfte. Die Sache mit den Fahrzeugen auf der Straße hatte er immer noch nicht verstanden. Wenn ein Auto auf ihn zukam, lief er nicht weg, sondern blieb stehen, um zu spielen. Rokkos Angst um seinen Lack war also nicht ganz unbegründet. Vor einem Jahr war November ihm mal auf die Motorhaube gesprungen und hatte ein paar Kratzer hinterlassen. Es war ein Rätsel, dass bei der Sache niemand ums Leben gekommen war.
    Ich vertröstete ihn auf später und fand einen besonders langen Grashalm, der sich um die Achse gewickelt hatte. Mor fuhr gerne noch zehn Meter weiter, wenn der Motor

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