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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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Bienenstock. Die Bande hatte wieder zugeschlagen. Während gestern Abend alle bei uns draußen gewesen waren, hatte sie sich eine Spielhalle in Weyerbusch vorgenommen. Obwohl der Spielhallenleiter kooperiert hatte, hatten sie ihm wieder Kopfverletzungen zugefügt, anscheinend bekamen sie langsam Lust auf Gewalt. Viertausend Euro Beute hatte es der Bandeeingebracht. Auch das sprach gegen die Profithese, denn welcher Profi würde schon für tausend Euro pro Nase eine zentral gelegene Spielhalle ausnehmen? Es musste sich um Amateure handeln, und jedem von uns war klar, dass mindestens einer der Jungs von hier sein musste.
    Hundt wies uns an, auf alte Bekannte zu achten, die plötzlich Geld hatten oder sich irgendwie merkwürdig verhielten. Er hatte eine Liste aller Männer zwischen achtzehn und fünfzig zusammengestellt, die derzeit im Landkreis wohnten oder bis vor kurzem hier gewohnt hatten. Die Liste war lang und die Aufgabe verrückt. Wie überprüfte man eine Liste auf Verdächtige, wenn die einzigen Anhaltspunkte ungefähre Schuhgröße, geschätztes Gewicht und Alter plus minus dreißig Jahre waren? Aber Hundt drehte am Rad. Zweimal in einer Woche – die Bande erhöhte die Schlagzahl. Entweder sie wurde übermütig, oder sie hatte Torschlusspanik. Vielleicht würde sie bald weiterziehen und Hundt wie einen Trottel zurücklassen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hatten ein paar Reporter angerufen, und ein TV-Team vom Regionalfernsehen hatte über den Bruch berichtet. Hundt schob volle Paranoia: War uns die Bande einen Schritt voraus? Hatte sie uns gestern abgehört und bewusst zugeschlagen, als die komplette Polizeiwache auf unserem Hof versammelt war? Während er das sagte, musterte er mich. Sein Blick glitt über meine Kleidung. In dem kleinen Raum waren Rokko und ich die Einzigen, die Freizeitkleidung trugen, aber er sagte nichts. Die ganze Zeit wartete ich auf die These, dass Mor die Polizei bewusst aus der Stadt gelockt hatte, um den Weg für die Bande freizumachen. Ich ertappte mich dabei, ihn anzulächeln.
    Die Einsatzbesprechung endete damit, dass wir angewiesen wurden, den Funk nicht mehr zu benutzen, wenn es um die Bande ging. Ab sofort sollten wir über Handy kommunizieren. Es wurden noch verschiedene Zuständigkeiten diskutiert, dann löste sich die Versammlung auf. BeimRausgehen kassierte ich die fälligen Kollegenkommentare; Verdächtigungen bezüglich meiner möglichen Bandenzugehörigkeit, gefolgt von Vermutungen wegen meines dämlichen Grinsens und dem genauen Verlauf der letzten Nacht. Ich lächelte bloß, nickte der Neuen zu und drückte ihr die Daumen. Für die heutige Schicht war ihr Schröder zugeteilt worden. Er grinste fast so breit wie ich.
    Ich folgte Rokko ins Kabuff, wo Mattes uns schlecht gelaunt erwartete. Wegen der Besprechung hatte er eine Überstunde schieben müssen, dabei litt er eh schon unter dem von Hundt verordneten Schichtwechsel. Nachtschicht war nicht ideal, wenn man Kleinkinder hatte. Hundt arbeitete wirklich hart daran, jedem das Leben zu versauen, und würde erst dann ruhen, wenn alle so verbittert waren wie er selbst.
    Mattes verabschiedete sich. Ich riss das Fenster auf und holte einen Lappen aus der Küche, um die Rücken- und Armlehnen der Stühle abzuwischen. Kaum hatte ich mich hingesetzt, blinkte auch schon die Lichterkette zum ersten Mal an diesem Tag.
    »Polizeinotruf. Schönen guten Morgen.«
    Ich nahm einen Einbruch entgegen und gab die Fahrt an Schröder raus. Er nahm gut gelaunt an, ohne das Ganze auch nur mit einem einzigen winzigen Fluch zu garnieren. Ich legte den Hörer auf, lehnte mich gegen die Rückenlehne und blätterte die Anzeigen und Dienstprotokolle der Nacht durch.
    Am Nebentisch schüttelte Rokko den Kopf.
    »Schönen guten Morgen …«, äffte er mich nach. »Glaubst du wirklich, irgendjemand, der hier anruft, hat gerade einen schönen Morgen?«
    Bevor ich antworten konnte, blinkte die Lichterkette wieder, und ich meldete mich förmlich. Auch Glück braucht Timing.
    »Polizeinotruf.«
    »Haaaalllooo! Ich brauche die Feuerwehr – mir brennt der Arsch!«
    Das Kind kicherte unterdrückt.
    »Hat das mit dem Ficken gestern geklappt?«
    Das F-Wort löste hysterisches Prusten am anderen Ende der Leitung aus. Der Hörer wurde aufgeknallt. Rokko warf mir einen Stift an den Kopf.
    »Mann, red nicht mit den kleinen Scheißern!«
    Ich verdrehte die Augen über seine Laune, aber er hatte recht. Kinder und Verrückte. Wenn man zu nett zu ihnen war,

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