Nele Paul - Roman
ihr Körper vibrierte vor Energie, während sie mich auf den neuesten Stand brachte.
»Wir haben den Garten hergerichtet. Zwanzig Bänke bestellt, außerdem kommen noch …«
Ich erfuhr, dass sie wieder flüssig war. Benni hatte ihr ein Angebot gemacht. Fünftausend Euro für alles, was er kaputt gemacht hatte. Ich empfahl ihr, die Summe zu verdoppeln, aber davon wollte sie nichts wissen. Sie zog mich in den Garten, wo ich einige Zeit damit verbrachte, ihr Dinge anzureichen, während sie in den Bäumen herumkletterte und Lichterketten anbrachte. Rokko und Anita waren in der Küche zugange, in der wir morgen das Essen zwischenlagern würden. Die Kids schleppten immer noch Kisten und Altpapier und Sperrmüll vom Dachboden. Nele schaute zwischendurch in einige der Kartons, winkte aber fast alles direkt weiter in die Container.
Eine Stunde später kam Mor den Hügel hochgefahren und mästete uns mit Biksemad – einem dänischen Nationalessen, das eigentlich aus nichts anderem als Resten bestand. Ein paar Kartoffeln vom Vortag, Zwiebeln, Fleisch und eine dicke braune Soße drüber, fertig. Biksemad gab es immer nur, wenn Mor keine Zeit oder Lust hatte zu kochen. Sie lachte mich jedes Jahr aus, wenn ich es mir zum Geburtstag wünschte.
Nach dem Essen gab Nele den Kids frei. Es gab heute nichts mehr zu tun. Die Container waren voll und würden morgenVormittag abgeholt werden. Erst nach dem Fest würden wir uns die obere Etage vornehmen.
Die Kids warfen sich auf ihre Mofas und zogen ab zum See. Wir blieben im Schatten der Buche sitzen und verdauten. Nele sah sich im Garten um.
»Wir haben es tatsächlich geschafft. Morgen noch die Bühne auf bauen, Essen und Getränke, dann steht die Sache.«
»Genau«, sagte ich. »Also, was haltet ihr von einem kleinen Familienausflug zum Strand?« Ich sah Mor an. »Wir könnten ’ne Runde schwimmen. Das haben wir ewig nicht mehr gemacht.«
»Was ist mit der Toilette?«
»Das schaffen wir nicht mehr.«
»Ich schick meine Gäste nicht auf ein Dixi-Klo.«
Rokko grinste.
»Scheiße bleibt doch Scheiße, egal wie’s zuvor geschmeckt hat.«
Alle Köpfe wandten sich Mister Fettnapf zu. Mor sah ihn streng an.
»Rokko Müller, so reden wir nicht bei Tisch.«
Er zog den Kopf ein und warf mir einen Blick zu.
»Wir könnten es ja versuchen«, murmelte er. »Wenn wir sofort losfahren, können wir es noch schaffen.«
Ich starrte ihn an. Er ließ sich nicht abschütteln.
»Komm schon, ’ne neue Schüssel einbauen, das dauert doch nicht lange.«
»Viel Spaß.«
»Bringt auch gleich ein Waschbecken mit«, sagte Mor.
»Und einen Spiegel«, ergänzte Nele.
Rokko stand auf. Ich blieb sitzen. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Ich versuchte es noch mal.
»Erstens hab ich Feierabend, zweitens ist es zu spät. Auch wenn wir die Schüssel austauschen, die Rohre kriegen wir bis morgen nicht hin.«
Sie sahen mich bloß an. Ich seufzte.
Während wir in die Stadt rasten, nannte ich Rokko einen widerlichen Arschkriecher. Er versprach mir Haue, verabreichte mir aber keine. Die ganze Sache machte ihn noch zum Maulhelden.
Fünf Stunden später duschte ich, bis kein heißes Wasser mehr kam, dennoch meinte ich, immer noch nach Kloake zu riechen. Rokko hatte recht gehabt, die Schüssel war nicht das Problem gewesen. Der verstopfte Abfluss dagegen hatte es in sich gehabt.
Ich versprühte einen Hektoliter von Neles Parfüm und kam gerade rechtzeitig in den Garten, um die letzten fünf Minuten ihres Lebensjahres mit Mor zu verbringen. Meine Duftnote brachte mir ein paar Sprüche ein, aber sonst herrschte Frieden. Der Gartentisch trug eine Tischdecke und einen Kerzenleuchter mit sechs brennenden Kerzen. Ich knackte eine Flasche Schampus, und um Punkt zwölf stießen wir auf Mors Sechzigsten an. Wir prosteten ihr zu, und sie strahlte von einem Ohr zum anderen. Ihren letzten Geburtstag hatten wir zu zweit im Garten verbracht, dagegen war das hier schon ein anderes Kaliber. Nach der ersten Flasche packte sie ein paar Anekdoten aus, die ich schon kannte, aber es war ein guter Augenblick für Wiederholungen. Wir lachten über die Ausreden der Männer, wenn diese realisierten, dass Mor nur ein Bein hatte. Danach kamen Jugendstreiche aller Anwesenden dran. Mor packte sogar ein paar Männergeschichten aus, die ich noch nicht kannte. Ich wartete auf eine über meinen Vater, aber wie immer war keine dabei. Wir redeten, lachten und tranken. Nele hielt meine Hand, und als Rokko und Anita irgendwann auf
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