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Nele Paul - Roman

Titel: Nele Paul - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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aber niemand fügte was hinzu, wenn Hundt am Rad drehte. Seine Frau war erst sechs Monate tot. Der Arme hatte nichts außer seiner Wut. So gesehen kam ihm diese Bande gerade recht. Machte ihn das verdächtig?
    Darüber lachten wir hämisch, als wir vom Parkplatz rollten und den Supermarkt ansteuerten. Als Transporter war der GT definitiv ungeeignet, und so baten wir Mohammed, mit auf Shoppingtour zu gehen. Während wir den GT und das Großraumtaxi mit Lebensmitteln vollstopften, kamen immer wieder Leute vorbei und dankten für die Einladung.Als der Supermarkt leer gekauft war, brachen wir auf. Eins war klar: Verhungern würde keiner.
    Wir glitten durch den Feierabendverkehr. Ich ließ eine Hand aus dem Fenster hängen. Am Horizont hatten sich ein paar lustlose Wolken versammelt. Sie schienen etwas unternehmen zu wollen, aber mir konnten sie nichts vormachen. Es war und blieb Sommer, man konnte es sehen, spüren, riechen und an den Mengen von Insekten abzählen, die gegen Rokkos Windschutzscheibe klatschten, was jedem einzelnen von ihnen nicht nur den Tod, sondern auch eine saftige Verwünschung einbrachte.
    Als wir zu Hause ankamen, war es bereits später Nachmittag, auch wenn man das dem Wetter kaum anmerkte. Wir entluden das Taxi und trugen die Sachen ins Haus, wo Mor in der Küche trällerte. Ich hielt nach Nele Ausschau, aber es war nur Mor da, die uns wie ein Feldwebel herumdirigierte. »Stell das da hin! Früchte auf den Küchentisch! Getränke in die Garage! Nicht in die Ecke, da hin! Mitdenken! Eier in den Kühlschrank!«
    Durch die Fenster schien der Sommer rein. Die Luft in der Küche war hellgelb und verwandelte alles in grelles Strahlen. Bienen summten träge. Das Radio sang leise, und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, wenn ich Mor zwischen Herd, Kühlschrank und Schränken herumhüpfen sah. Sie strahlte die Kompetenz der Könner aus. Konzentriert wie ein Chirurg bei der Operation.
    Als wir fertig waren, sah die Küche aus wie eine Lagerhalle. Immer noch keine Spur von Nele. Ich bezahlte Mohammed und legte ordentlich Trinkgeld drauf, das er verlegen zurückwies. Mor lud ihn und seine Familie zum Fest ein. Er freute sich, wünschte uns einen schönen Tag und fuhr los. Rokko stieg kopfschüttelnd in den GT.
    »Gibt es irgendjemanden, den deine Mutter nicht eingeladen hat?«
    »Ich sag ihr, dass du das scheiße findest.«
    Das brachte ihn zum Schweigen. Er schoss vom Hof und fuhr den Hügel hinauf. Ich kniff die Augen zusammen und sah zur Villa hoch. Da standen Mofas und Anitas Motorrad, aber Nele konnte ich nirgends erkennen.
    »Entspann dich«, sagte Mor und hakte weitere Dinge auf ihrer Einkaufsliste ab. Sie wedelte mit einer Hand in Richtung Villa. »Ich hab dir doch gesagt, dass alles in Ordnung ist. War bestimmt bloß ein kleiner Schock – nachts ganz allein in ihrem Elternhaus … Wir lassen sie da einfach nicht mehr alleine hingehen, ja?« Sie verpasste mir wieder einen ihrer Blicke. »Übrigens kann man schlagartig versterben, wenn in diesem Haus je wieder das Wort Wechseljahre erwähnt wird.«
    Ich blickte den Hügel hinauf. Ich sah schwer arbeitende Kids herumwanken, und Anita, wie sie mit Gestrüpp beladen zwischen Garten und Container hin- und herhastete. Keine Spur von Nele.
    »War Anita die ganze Zeit bei ihr?«
    »Jaaa! Kümmer dich lieber um die sanitäre Situation. Ich wünsche mir ein funktionierendes Klo zum Geburtstag.« »Und das fällt dir am Vorabend der Party ein?«
    »Nein, das fiel mir schon gestern ein, aber du hast nicht zugehört. Kümmer dich.«
    Sie schnappte sich den Sauger und entsorgte eine Fliege, die so lebensmüde gewesen war, die Küche zu entern. Sie legte den Sauger wieder beiseite und tat, als wäre sie überrascht, mich zu sehen.
    »Du bist ja immer noch da.«
    Sie trällerte weiter, während sie durch ihr Reich hüpfte und die Einkäufe prüfte. Ich zog mich um und eilte den Hügel hoch. Als ich das Grundstück betrat, kam Nele um die Ecke gebogen. Sie hatte einen Hut auf und beide Arme voller Grünzeug. Sie ließ alles fallen und sprang mir in die Arme. Fast setzte ich mich auf den Hintern.
    »Hey!«
    »Hast du mich vermisst?«
    »Nee.«
    »Ich dich auch nicht.«
    Sie drückte ihr Gesicht an meinen Hals, biss mir ins Ohrläppchen und ließ ihre Hand wie zufällig durch meine Haare gleiten. Sie roch nach Schweiß und Erde. Ich presste sie an mich und … mein Gott.
    »Wie läuft’s denn?«
    Ihre Augen leuchteten, ihre Wangen waren leicht gerötet, und

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