Nelson, das Weihnachtskaetzchen
heißt das schon. Vielleicht …«
»Arthur, sprichst du etwa mit deiner Katze?« Murat stand grinsend vor ihm.
Arthur fühlte sich ertappt. »Unsinn«, blaffte er. »Ich führe Selbstgespräche, wie das jeder alleinstehende Rentner tut. Ich verbitte mir solche frechen Sprüche.«
Doch Murat ließ sich nicht für dumm verkaufen. »Du sprichst mit deiner Katze!«, rief er lachend.
Arthur brummelte, er solle sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
»Ist doch nicht schlimm«, meinte Murat. »Das machen ja viele. Ich hätte es nur bei dir nicht erwartet.«
Nelson sprang vom Regal herunter und verkroch sich hinter seinem Öfchen. Na also, jetzt war er beleidigt. Arthur überlegte, ob er ihn mit der Holzmaus hervorlocken sollte.
»Hast du eigentlich die große Figur der Maria verkauft? Die, die immer hier in der Ecke stand?«, fragte Murat.
»Welche meinst du?«, fragte Arthur überrascht.
»Die heißt doch Maria, diese Frau über dem Trog mit dem Kind, oder? So gut kenn ich euren Glauben doch. Eine davon stand hier, die war etwas größer als die anderen.«
Arthur war perplex. Meinte Murat seine Lieblingsfigur? War ihm die etwa aufgefallen? Hatte er denn überhaupt Augen für so etwas?
»Komm schon, wundert dich das etwa?«, fragte Murat. »Ich sehe mir deine Figuren natürlich ab und zu mal an. Und die war von allen die Schönste. Ich hoffe, du hast einen guten Preis für sie bekommen.«
Arthur war wirklich überrascht von dem Jungen. Er hatte die Figur nicht verkauft, sondern unter den Ladentisch gestellt. Nach einigem Hin und Her hatte er beschlossen, sie selbst zu behalten. Er verdiente auch so genügend Geld. Da konnte er die Figur, in der am meisten Herzblut steckte, ruhig wieder mit nach Hause nehmen.
»Weshalb ich herkomme«, fuhr Murat fort. »Heute ist Bergfest. Keine Ahnung, ob du das überhaupt weißt, aber der Weihnachtsmarkt hat Halbzeit.«
»Ja, das weiß ich.« Arthur zählte bereits die Tage. Die Kälte und das lange Arbeiten zehrten an ihm. Jedes Jahr brauchte er länger, um sich von dem Markt zu erholen.
»Heute nach Feierabend wollen wir ein kleines Fest feiern, im Zelt hinter dem Glühweinstand. Da kommen nur erlesene Gäste. Du weißt schon, der engste Freundeskreis. Na ja, und da wollte ich dich fragen, ob du nicht auch kommen willst.«
»Ein Fest? Und ich bin eingeladen?« Arthur dachte an die vielen Menschen. »Ich weiß nicht, Murat.«
»Komm schon. Deine Flamme kommt auch.«
»Meine Flamme?«, fragte er.
»Jetzt tu doch nicht so. Du weißt genau, wen ich meine. Liselotte natürlich.«
»Also, ich muss doch sehr bitten!«
»Jedenfalls kommt sie auch. Du bist doch heute Abend dabei, oder? Komm schon, Arthur. Sag ja, bitte.«
Arthur wusste nicht, ob das eine gute Idee war. »Mal sehen. Ich will aber noch nichts versprechen.«
»Super, ich freu mich. Wir treffen uns nach zehn, wenn wir die Stände dichtgemacht haben.«
Nachdem Murat gegangen war, lugte Nelson hinter dem Öfchen hervor, wie um zu sehen, ob die Luft rein war. Mit großen Augen blickte er zu Arthur auf.
»Was meinst du, Nelson? Soll ich heute Abend dorthin gehen?«
Seit Sophies Tod war er nicht mehr ausgegangen. Er mied Gesellschaften und blieb lieber für sich. Außerdem wusste er gar nicht, ob er das überhaupt noch konnte: gesellig sein und mit anderen ungezwungen plaudern. Ein lautes Miauen war die Antwort. Nelson schmiegte sich an seine Beine.
»Du meinst also, ich sollte gehen?«
Wieder ein Maunzen.
Arthur lachte. »Also gut, Nelson. Wenn du wirklich denkst, es ist das Richtige, dann gehe ich.«
Um kurz nach zehn schloss Arthur die Fensterläden und räumte seine Figuren zusammen. Das schmale Brett, mit dem er das Loch in der Rückwand abgedichtet hatte, schob er zur Seite. Die Ratten waren fort, das hatten ihm die Kammerjäger versichert, und Giftköder würden auch keine mehr herumliegen.
»Ich lasse dich jetzt alleine, Nelson«, sagte Arthur.
Der Kater blickte unglücklich zu ihm auf.
»Nur für eine Stunde, nicht länger. Du weißt doch, ich bin auf dem Fest eingeladen.«
Ein protestierendes Miauen folgte, doch dann machte sich Nelson daran, das freigelegte Loch zu beschnuppern und zu betasten. Arthur war offenbar plötzlich nicht mehr so interessant. Also nahm der seine Tasche, trat ins Freie und schloss hinter sich ab.
Die Gassen lagen still und verlassen da. Nur die kleinen Lichter in den Weihnachtsbäumen leuchteten noch und warfen schwaches Licht auf die Stände. Oberhalb der
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