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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Unterboss des Dons handelte und dass er Capo di tutti capi werden wollte, weshalb Frank abtreten musste.
    Mr D'Alessio, der jetzt ein paar Schritte von mir entfernt saß, war ein großer, kräftig gebauter Mann mit dichten, schwarz gefärbten Haaren und dichten Augenbrauen, die in der Mitte zusammenstießen, wie man es in den Dioramen mit prähistorischen Menschen im Museum für Naturgeschichte sieht. Er hätte ein Tierfell tragen können, ohne dass sich jemand darüber ausgelassen hätte, stattdessen aber trug er eine weite schwarze Anzughose und ein weißes, halb aufgeknöpftes Oberhemd mit hochgekrempelten Ärmeln, aus dem eine Menge Haare herausschauten. Ich glaubte nicht, dass er zum Familienessen eine Knarre mitbrachte, aber wenn doch, hätte er sie in seinem Brusthaar verstecken können.
    »Sind Sie meiner Tante Marie schon mal begegnet?«, fragte mich Anthony.
    Ich wandte mich Tante Marie zu, die aussah wie eine schlankere und ältere Ausgabe von Anna. »Ich glaube, wir sind uns schon mal begegnet«, sagte ich zu ihr.
    Sie nickte, sagte aber nichts.
    Ich war Marie D'Alessio bei Frank Bellarosas Totenmesse begegnet, wo sie neben Anna gesessen und mit ihr um die Wette geweint hatte. Bei dieser Beerdigung hatte ich Onkel Sal zum zweiten Mal gesehen und dann noch einmal am Grab, wo er ständig auf den Sarg gestarrt und jeden Blickkontakt mit dem jungen Anthony vermieden hatte.
    Marie hatte dem Exmann von Susan Sutter anscheinend nichts zu sagen, deshalb wandte ich mich wieder Onkel Sal zu und bemerkte jetzt, dass er mich abschätzig musterte. Ich fing seinen Blick auf.
    »Lange her«, sagte er.
    Ich nehme an, dass sollte so viel heißen wie »Lange nicht gesehen«, was eigentlich heißt: »Es ist Ewigkeiten her, John, seit wir einander gesehen haben.« Ich erwiderte: »Lange her.«
    Mir war klar, warum Onkel Sal seinen Schwager hatte umnieten wollen, aber ich war sauer, dass er sich den Abend ausgesucht hatte, an dem ich mit Frank und unseren Frauen essen gegangen war. Doch wie Felix Mancuso mir später erklärte, wusste Sally Da-da wahrscheinlich, dass Frank Bellarosa niemals auf die Idee gekommen wäre, jemand könnte gegen die strenge Regel verstoßen, nach der man niemanden im Beisein seiner Familie oder in Gesellschaft rechtschaffener Bürger umlegen durfte, was, wie ich annahm, John und Susan Sutter einschloss. Deshalb hatte Salvatore »Frank umlegen« für den gleichen Abend in seinen Kalender eingetragen, an dem in meinem Kalender »Essen mit Bellarosas/NYC/Limousine« stand. Ich hätte auch den Namen des Restaurants aufgeschrieben, Giulio's, aber bei Frank wusste man nie genau, wohin es ging, bis man dort war. Irgendjemand allerdings, wahrscheinlich Franks Fahrer Lenny die Schlange, wusste den Namen des Restaurants und gab ihn an Sally Da-da weiter, der sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ.
    Ich schaute wieder zu Salvatore D'Alessio, der mich immer noch musterte, und fragte mich, was für ein Mann er sein musste, wenn er seinen Schwager vor den Augen der Schwester seiner eigenen Frau umbringen lassen wollte.
    Schon vor diesem Anschlag hatte Frank Bellarosa keinen Tag erlebt, an dem er nicht auf der Hut war, und er hatte eine kugelsichere Weste unter seinem maßgeschneiderten Anzug getragen, sodass er bis auf ein paar gebrochene Rippen und eine durchtrennte Halsschlagader, die nicht durch Kevlar geschützt war, davongekommen war - mit etwas Hilfe meinerseits.
    Anthony unterbrach das Schweigen mit einer guten Nachricht und gab bekannt: »Meine Tante und mein Onkel haben bloß vorbeigeschaut, um Hallo zu sagen.«
    Onkel Sal stand auf, und ich war beeindruckt davon, wie riesig dieser Typ war. Ich meine, selbst wenn man ihm sämtliche Haare abrasierte, wäre er immer noch groß. Er sagte: »Yeah. Wir gehn.«
    Tante Marie stand ebenfalls auf und wies ihren Neffen an: »Anthony, kümmer dich um deine Mutter.« »Mach ich.« »Du musst sie anrufen.« »Mach ich.«
    »Lass sie öfter herkommen. Nicht bloß sonntags, Anthony.« »Meine Brüder kommen aus Jersey und sehen sie ständig.« Ohne darauf einzugehen, riet sie Anthony: »Seit dein Vater gestorben ist« - aus irgendeinem Grund warf sie mir einen kurzen Blick zu -, »seit er tot ist, ist sie allein.«
    »Sie hat in Brooklyn fünfzig Kusinen und Schwestern.« »Die führen ihr eigenes Leben.«
    »Okay, okay. Danke, Tante Marie.«
    Unterdessen stand Onkel Sal mit ausdrucksloser Miene da, aber vielleicht dachte er, seine Frau verschwendete nur ihre Zeit,

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