Nelson DeMille
möglicherweise ich die Prioritäten setzen, und damit meine ich, dass ich mich empfehlen würde, wenn es auf John oder die Hälfte der hundert Millionen hinauslief. Vom Treuhandfonds der Kinder und Susans Unterhaltszahlungen gar nicht zu sprechen.
Während ich daran dachte, edel und selbstlos zu sein, hörte ich die Floristen durch die Haustür ein und aus gehen. In einem Oberschichttonfall, der höflich, aber zweifellos gebieterisch klang, erteilte Susan ihnen Anweisungen.
Wie, fragte ich mich, wollte diese Frau ohne Geld leben? Diese Scheißblumen kosteten mehr, als die meisten Menschen im Monat verdienen. Von den dämlichen abgehobenen Horsd' œuvres, dem Partyservice und Sophie ganz zu schweigen ... tja, warum jetzt darüber nachdenken? Wir hatten größere Probleme, zum Beispiel, am Leben zu bleiben.
Ich schickte ein paar E-Mails an Freunde in London, erwähnte aber weder, dass ich meinen Job aufgeben, wieder nach New York ziehen und meine Exfrau heiraten wollte, noch dass mir die Mafia nach dem Leben trachtete. Die Kanzlei könnte etwas davon erfahren, oder Samantha. Ich war zwar bereit, sämtliche Brücken abzubrechen, aber wenn jemand fand, dass ich den großen Teich noch einmal überqueren sollte, brauchte ich diese Brücke.
Ich hatte meiner Schwester Emily gemailt, die noch immer mit Freund Nummer vier oder fünf an einem Strand in Texas lebte. Emily und ich stehen uns sehr nahe, trotz der geographischen Trennung während der letzten zwölf Jahre. Ich hatte ihr von Ethels Tod berichtet und die gute Nachricht über Susan und mich mitgeteilt.
Ich las ihre Antwort. Wunderbar. Alles Liebe, Emily. PS: Wunderbar. PPS: Ich werde Ethels Beerdigung verpassen, aber Johns und Susans Hochzeit werde ich nicht verpassen. Lass uns telefonieren, sobald Du Zeit hast.
Ich antwortete: Du bist wunderbar. Das Leben ist wunderbar. Rufe dich an, wenn ich kann. Alles Liebe, John. PS: Die Stanhopes werden j eden Moment eintreffen. Nicht so wunderbar. Aber vielleicht gut für ein paar Lacher.
Und schon klingelte es an der Tür. Ich spähte durch die Jalousie und sah neben meinem blauen Taurus einen weiteren blauen Taurus stehen, bei dem es sich bestimmt um den Mietwagen der Stanhopes handelte. Ich hatte eine wunderbare Vision von William und Charlotte, die mit ihrem blauen Taurus durch das Tor auf die Grace Lane fahren wollen, als ihnen ein Hagel Maschinenpistolenfeuer entgegenschlägt.
»Willkommen!«, hörte ich Susan ausrufen.
Und William der Schreckliche sagte: »Der verdammte Verkehr in New York - wie kannst du hier leben?«
»Es ist wunderbar, dich zu sehen, mein Schatz!«, flötete Charlotte. Und so weiter und so fort.
Die fröhlichen Stimmen verklangen am anderen Ende des Flurs, und ich wandte mich wieder der Tastatur zu und tippte eine E-Mail an Edward und Carolyn: HU Eure Großeltern sind leider gerade heil angekommen ... lösch das ... Oma und Opa sind gerade eingetroffen, und ich verstecke mich ... löschen ... O und O sind gerade gekommen, und ich habe sie noch nicht begrüßt, deshalb werde ich mich kurz fassen. Wenn ihr herkommt, denkt daran, dass eure Mutter und ich euch sehr lieben, und wir lieben einander, und wir alle werden versuchen, Opa und Oma das Gefühl zu geben, dass sie willkommen sind und geliebt werden, und selbst Onkel Peter, dieser nichtsnutzige... löschen ... der möglicherweise zu uns stößt. Eure Mutter und ich versuchen euch morgen anzurufen und Bescheid zu sagen, wie alles läuft, aber ihr könnt auch uns anrufen. Edward, einen angenehmen Flug, falls wir uns nicht sprechen sollten. Carolyn, sag uns Bescheid, welchen Zug Du nimmst. Alles Liebe, Dad. PS: Eure Großeltern sind tot hundert Millionen Dollar wert... löschen.
Ich las die E-Mail und war mir nicht sicher, ob ich sie abschicken sollte. Aber hey, Edward und Carolyn wussten, dass es zu Reibereien zwischen mir und ihren Großeltern kommen würde, und sie waren erwachsen, deshalb sollte ich sie dementsprechend behandeln und sie aufmuntern. Mein Brief klang positiv, aber sie würden die unterschwellige Andeutung verstehen, dass es Probleme geben könnte. Ich hatte keine Ahnung, was Susan ihnen zu diesem Thema gesagt hatte, wenn überhaupt etwas, aber ich musste die Initiative ergreifen, deshalb drückte ich auf die Sendetaste, und das Ding ging in den Cyberspace.
Um die Zeit totzuschlagen, surfte ich im Internet, gab Schwiegereltern, perfekter Mord an ein und landete sogar ein paar Treffer.
Danach rief ich eine Webseite auf,
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