Nelson DeMille
das Friedenszeichen gezeigt, worauf er mir das Siegeszeichen zeigte, was das Gleiche ist. Richtig? Nun ja, wir haben darüber gelacht, und dann habe ich ihm den Mittelfinger gezeigt, was er nicht so komisch fand, weshalb er mir mit dem Zeigefinger vor dem Gesicht herumfuchtelte, um mir zu zeigen, dass er sauer war, worauf ich dann mit meinem kleinen Finger gewackelt habe - etwa so -, um mich über seinen kleinen Schwanz lustig zu machen.«
Tom und Laurence lachten, und einige Leute wurden auf uns aufmerksam, unter anderem William, aber auch Reverend James Hunnings, den ich gerade entdeckte und der mir einen Blick zuwarf, als wollte er mir mit dem Zeigefinger drohen. Jedenfalls fand ich, dass ich gehen sollte, und entschuldigte mich.
Ich begab mich zurück in Salon A, setzte mich in eine der hinteren Reihen, verfolgte das ständige Kommen und Gehen und klinkte mich mehr oder weniger aus. Der Blumengeruch war überwältigend, und von dem dämlichen Flackern der Wandleuchter konnte man einen Schlaganfall kriegen.
Meine Gedanken schweiften wieder zu Georges Beerdigung, und mir fiel ein, dass sogar Frank Bellarosa aufgekreuzt war, was für eine gewisse Unruhe unter den Versammelten gesorgt hatte. Man hat schließlich nicht jeden Tag einen Mafia-Don im Walton's, und ich fragte mich, ob die Trauergäste wussten, dass er meinetwegen erschienen war. Und wegen Susan natürlich. Ich konnte nur hoffen, dass alle dachten, Bellarosa wäre lediglich gekommen, weil er auf dem Nachbaranwesen wohnte.
Jedenfalls traf Frank mit Anna ein, und sie knieten nach katholischem Brauch vor dem Sarg nieder, bekreuzigten sich und senkten ihre Köpfe zum Gebet. Ich hätte schwören können, dass ich sah, wie George sich umdrehte. Nachdem sie dem Verstorbenen ihre Achtung bezeugt hatten, drehten sich die Bellarosas um, schüttelten allen Leuten in der ersten Reihe die Hand, sprachen ihnen ihr Beileid aus und gingen Gott sei Dank wieder.
Ich hatte keine Ahnung, warum sie überhaupt aufgekreuzt waren, wenn man mal davon absah, dass sich Italiener meines Wissens keine Beerdigung entgehen ließen, egal, um wie viele Ecken sie mit dem Verstorbenen verwandt waren. Vermutlich überfliegen sie jeden Morgen die Todesanzeigen, telefonieren anschließend herum, um festzustellen, ob irgendjemand Angelo Cacciatore oder wen auch immer kannte,
und kommen danach zu dem Schluss, dass sie zu der Totenwache gehen sollten, was hauptsächlich darauf beruht, dass sie die Familie nicht beleidigen wollen. Auch wenn es nicht ihre Familie ist.
Zumindest Frank Bellarosa hatten noch andere Motive dazu bewogen, eine halbe Stunde seines geschäftigen kriminellen Daseins zu opfern, um zu George Allards Totenwache zu kommen und ein riesiges Blumenarrangement zu schicken - er wollte sich bei mir und Susan einschmeicheln. Immerhin legte er ja schon einen von uns aufs Kreuz, und zu dem Zeitpunkt war ich das noch nicht.
Aber ich hatte Susan versprochen, nicht mehr daran zu denken, deshalb dachte ich an Erfreulicheres, wie zum Beispiel, dass ich Edward und Carolyn bald sehen würde, wieder mit Susan zusammen war und an die glitschige Wanne im Gästebadezimmer der Stanhopes.
Etwa zwanzig Minuten später stand ich auf und sah mir die Blumengebinde entlang der Wand an. Ich kannte viele der Absender, darunter auch meine al ten Freunde Jim und Sally Roose velt, die meines Wissens nicht zu Ethels Beerdigung nach New York kommen wollten, obwohl sie die Allards seit vierzig Jahren kannten. Desgleichen meine Schwester Emily, deren Kommen ich mir gewünscht hatte, und sei es nur um des Wiedersehens willen, aber Emily wollte so wenig wie möglich mit der Welt an der Golden Coast zu tun haben, nachdem sie schon vor langem zu dem Schluss gelangt war, dass unsere Mutter verrückt und jeder, der hier lebte, in einer unbekömmlichen Vergangenheit steckengeblieben war.
Apropos Harriet. Ich hatte mir gleich gedacht, dass die Topfgeranie, die auf einem Hocker stand, von ihr stammte. Harriet ist sehr grün eingestellt, daher verschenkt sie niemals Schnittblumen. Bei bestimmten Anlässen bringt oder schickt sie für gewöhnlich Blumentöpfe mit Petersilie, Dill oder was auch immer. Sie spinnt zwar, aber wenigstens hatte sie keine Tomatenstaude ins Walton's Funeral Home mitgebracht.
Ich sah ein sehr großes Gebinde, das laut Karte von John, Susan, Carolyn, Edward, William, Charlotte und Peter stammte. Ich wusste, warum die Vornamen auf der Karte standen, aber mir war nicht klar, warum der
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