Nelson DeMille
bemerkenswerte Frau, und ich werde sie vermissen«, sagte ich.
Susan trat neben mich, worauf sie und Elizabeth ebenfalls Küsschen tauschten und die passenden Worte wechselten. »Wie geht es dir?«, fragte Susan.
Elizabeth nickte und erwiderte: »Ich bin froh, dass sie jetzt bei Dad ist.« Tja ... wer weiß, wo sie ist und bei wem.
Danach begrüßten die Stanhopes Elizabeth, aber ich spürte eine gewisse Distanziertheit auf beiden Seiten. Die Stanhopes waren vorgeblich aus Pflichtbewusstsein hier, in Wirklichkeit aber, um ihre Tochter, ihre wenigen Freunde in New York und hoffentlich auch ihre Enkel zu sehen. Dass sie auch mir in New York begegneten, war eine Dreingabe für sie.
Tatsächlich hatten William und Charlotte ein paar Probleme mit Ethel gehabt, bei denen es größtenteils um Ethels lebenslanges Wohnrecht und um den Grund für dieses Wohnrecht ging. Ganz davon zu schweigen, dass Ethel nicht gewusst hatte, was sich für sie gehörte - wie Charlotte vorhin nachdrücklich betont hatte. Ich nehme an, William war froh, dass die Mätresse seines Vaters tot war.
Elizabeth, darauf wette ich, machte sich ihrerseits nichts aus William und Charlotte - wer tat das schon? -, war aber im Lauf der Jahre darauf gedrillt worden, nett zu ihnen zu sein, und natürlich war sie jetzt sehr nett und dankte ihnen, dass sie die Reise von Hilton Head extra auf sich genommen hatten. Vielleicht konnte sie sich nicht recht daran erinnern oder nicht einschätzen, wie die Stanhopes zu ihrem einstigen und künftigen Schwiegersohn standen, denn sie sagte zu ihnen: »Ist das mit Susan und John nicht wunderbar?«
Man würde vermutlich nicht meinen, dass Gesichter erstarren und gleichzeitig zucken können, aber genau das geschah. Und Elizabeth ordnete diese Reaktion auf Anhieb richtig ein und sagte: »Darf ich Ihnen meine Kinder vorstellen.«
Sie machte uns mit Tom junior und Betsy bekannt, die wir alle noch als kleine Rangen kannten und die jetzt gutaussehende junge Erwachsene waren, sehr gut gekleidet, und beste Manieren hatten. Vielleicht sollte ich versuchen, sie mit Edward und Carolyn zu verkuppeln. Wir könnten eine Dynastie gründen. Aber vorerst sprachen wir ihnen unser Beileid zum Tod ihrer Großmutter aus.
Dann stellte uns Elizabeth ein paar weiteren Angehörigen in der ersten Reihe vor, an deren Ende Elizabeths Ex, Tom Corbet, saß, an den ich mich noch erinnerte. Tom machte uns mit einem gutaussehenden Mann namens Laurence bekannt, seinem Partner, wie er sagte.
Tja, was soll ich sagen? Solche Situationen sind immer etwas unangenehm, wenn sich ehemalige Eheleute mit ihren neuen Liebsten im gleichen Raum aufhalten, und dabei spielt es keine große Rolle, ob die neuen Liebsten gleichen oder anderen Geschlechts sind. Außerdem kam mir der Gedanke, dass möglicherweise ich jetzt neben Elizabeth säße, wenn die Sache am Samstagabend oder Sonntagmorgen anders gelaufen wäre, und Susan, William und Charlotte mit kühler, an Feindseligkeit grenzender Teilnahmslosigkeit begrüßen würde. Da sieht man's mal wieder.
Weil Tom Laurence als seinen Partner vorgestellt hatte, fühlte sich William natürlich zu der Frage bemüßigt: »In welchem Geschäft sind Sie beide?«
Tom erwiderte: »Wall Street«, und Laurence: »CBS News.«
Das verwirrte William offenbar, denn er hakte prompt nach: »Ich dachte, Sie wären Partner.«
Elizabeth klärte das nur zu gern auf, und alle glucksten ein bisschen, bis auf William, der die neue Bedeutung eines alten Wortes, nachdem er sie gelernt hatte, gar nicht wissen wollte. Charlotte weiß nicht mal nüchtern, worüber jemand redet.
Susan, Heilige, die sie ist, erklärte Elizabeth, dass wir bis zum Schluss bleiben würden, und sie solle ihr bitte Bescheid sagen, wenn sie oder John irgendetwas tun könnten. John bestätigte das, obwohl John keine Ahnung hatte, wie er in einem Bestattungsinstitut helfen konnte. Die Blumen gießen? Die Orgelmusik lauter stellen? Mit etwas Glück wurden William und Charlotte noch vor einundzwanzig Uhr müde. Damit könnten sie mir etwas Gutes tun.
Elizabeth dankte uns für alles, was wir bereits getan hatten, und fügte hinzu: »Ich liebe euch beide.«
Das war herzig. Und um das Fest der Liebe fortzusetzen, sagte ich: »Ein Jammer, dass es einer Beerdigung bedarf, um uns alle zusammenzubringen - dich, Susan und mich und William und Charlotte, die wir all die Jahre fürchterlich vermisst haben.«
Ich meinte ein leises Quieken von Charlotte zu hören, der das nicht
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