Nelson DeMille
Lungenentzündung erkrankt wäre. »Ihnen auch«, erwiderte ich.
Ich unterbrach die Verbindung. »Ich fühle mich wohler, seit Mancuso sich der Sache angenommen hat.« Susan nickte.
»Und das FBI, die Bezirkspolizei und Detective Nastasi.«
Wieder nickte sie, aber sie wusste auch, dass ich die Lage schöner reden wollte, als sie tatsächlich war. Es enttäuschte uns, dass Anthony nicht aufgetaucht war und dem FBI und dem NYPD keine Gelegenheit gegeben hatte, gegen ihn vorzugehen. Wenn die Polizei oder das FBI einen Verdächtigen oder eine Person, für die sie sich interessierten, vernahmen, konnten sie ihn zumindest anweisen, sie über seine Aufenthaltsorte auf dem Laufenden zu halten. Und sie konnten den Betreffenden verfolgen. Aber Anthony war untergetaucht, und das machte alle Beteiligten nervös.
Wenn Mr Mancuso sagte, die Chancen stünden fifty-fifty, dann war er entweder zu optimistisch, oder er wollte, dass es uns besserging. Eigentlich sprach alles dafür, dass Anthony Onkel Sal umbrachte, bevor Onkel Sal Anthony umbringen konnte. Aber darauf wollte ich nicht wetten.
Und sobald Anthony Onkel Sal aus dem Weg geräumt hätte, würde er sich den Sutters zuwenden. Daraufging ich jede Wette ein.
61
Wir verbrachten an diesem regnerischen Samstagnachmittag ein paar gemütliche Stunden im Wohnraum oben, wo wir lasen und Musik hörten.
Um vier ging ich nach unten und bat Sophie, uns Kaffee und Gebäck zu bringen, dann begab ich mich ins Büro und rief meine E-Mails ab.
Bislang lag noch keine Antwort von meiner Kanzlei auf mein Kündigungsschreiben vom Freitagabend vor, aber ich wusste, dass ich am Montag von meinen - nun - Exkollegen hören würde.
Allerdings war eine Antwort auf meinen Brief an Samantha eingegangen. Um es kurz zu machen: Sie war nicht froh. Ehrlich gesagt, war sie stinksauer.
Sie wies durchaus zu Recht darauf hin, dass ich weder angerufen noch geschrieben, sondern sie ganz allgemein im Unklaren gelassen hätte, bis ich die Bombe hochgehen ließ. Sie schrieb außerdem, sie sei verletzt, am Boden zerstört und zutiefst getroffen. Für eine E-Mail war es ein wirklich schön formulierter Brief, und sie benahm sich wie eine Dame und benutzte keine Ausdrücke wie »Scheißkerl«, »Arschloch« oder »Leck mich«. Im Grunde genommen meinte sie natürlich genau das, aber sie drückte es vornehmer aus.
Ich fühlte mich scheußlich und wünschte, ich hätte ihr die schlechte Nachricht persönlich oder wenigstens am Telefon überbringen können - sie verdiente etwas Besseres als eine E-Mail, aber die Sache war mir entglitten, und ich hatte das Beste getan, was ich konnte, wenn man bedachte, was hier vorgegangen war und dass sie geplant hatte, demnächst hier aufzutauchen.
Ich wollte nicht gleich auf ihren Brief antworten, aber ich würde sie anrufen, vielleicht auch in London mit ihr sprechen, und falls sie wirklich eine Erklärung wollte, würde ich ihr die ganze Geschichte erzählen. Höchstwahrscheinlich würde sie jedoch nie wieder etwas von mir hören wollen. Ich fragte mich, ob sie es erfahren würde, wenn ich umgelegt wurde. Ich nehme an, sie würde über meine Kanzlei davon hören, wo man vermutlich ungehalten darüber war, dass ich nicht vorbeigekommen war, um mich um die Auflösung meines Arbeitsplatzes zu kümmern.
Ich löschte die E-Mail, für den Fall, dass das FBI postum meinen Computer überprüfen sollte. Ich wollte nicht, dass Mr Mancuso mich für einen Schuft hielt. Ich kehrte in den Wohnraum zurück, und Sophie brachte Kaffee und Gebäck. »Du bist so still«, sagte Susan zu mir.
»Ich habe mich um diese Angelegenheit in London gekümmert«, erwiderte ich wahrheitsgemäß.
»Wurde auch Zeit«, sagte sie und widmete sich wieder ihrer Zeitschrift.
Um sechs schaltete ich den Fernseher ein und fand einen lokalen Nachrichtensender, der einen Aufmacher über John Gottis Beerdigung brachte.
Susan blickte von ihrer Zeitschrift auf. »Wenn du dich beeilst, können wir unsere Siegesserie über sechs Runden fortsetzen.«
Hm, Sex oder eine weitere Beerdigung? »Fünf Minuten«, sagte ich.
Sie verließ das Zimmer, und ich wandte mich dem Fernseher zu, der eine Luftaufnahme von Gottis Beerdigungsprozession zeigte, die am Vormittag von einem Hubschrauber aus aufgenommen worden war.
»Die Prozession wird vor Gottis Haus in Howard Beach langsamer, einer Wohngegend der Mittelschicht in Queens«, sagte die Reporterin im Hubschrauber. Gottis bescheidenes Zuhause stellt einen großen
Weitere Kostenlose Bücher