Nelson DeMille
kurzen Blick zu und sah, dass sie nicht lächelte. Schwarzen Humor kapiert sie nicht. »Was meinen Sie?«, fragte ich Mancuso. »Ist Anthony tot oder am Leben?«
»Nun, D'Alessio hatte in der letzten Woche zusätzliche Leibwächter bei sich - drei bis vier Männer, nicht aber heute am Friedhof. Wenn er also heute Abend, morgen und danach immer noch von so vielen Männern begleitet wird, müssen wir annehmen, das Anthony am Leben ist und einen Auftrag für seinen Onkel erteilt hat.«
»Was für einen Auftrag?«, fragte Susan.
»Einen ... bezeichnen wir es als Todesurteil.«
»Oh.«
»Unterschrieben von Anthony Bellarosa. Natürlich nicht schriftlich.« Des Weiteren erklärte ihr Mr Mancuso: »Und Salvatore D'Alessio hat höchstwahrscheinlich die Ermordung von Bellarosa in Auftrag gegeben.«
Susan gab keinen Kommentar dazu ab. Aber sie dachte sicher an ihren Geliebten, der nicht ganz zufällig den gleichen Familiennamen getragen hatte.
Felix Mancuso fasste es für uns zusammen: »Es sieht also so aus, als habe sich Anthony dafür entschieden, sich lieber zu verstecken, als seinen Geschäften mit einer Schar Leibwächter nachzugehen, wie es sein Onkel macht. Ich glaube, wir werden in ein, zwei Wochen wissen, wer den richtigen Schritt getan hat.«
»Warum glauben Sie, dass es so schnell gehen wird?«, fragte ich.
»Jeden Tag, an dem Anthony nicht da ist, um seinen Teil der Geschäfte zu leiten, erringt sein Onkel mehr Kontrolle und Macht«, erklärte Mr Mancuso. »Ich habe das hier ... nun, sehr lange gemacht. Daher habe ich so was schon erlebt und weiß, wie sie denken und sich verhalten.«
Ich dachte darüber nach, dann fragte ich: »Wenn Sie wetten müssten - und sich die Chancen ansehen -, welcher von ihnen könnte dann Ihrer Ansicht nach nächste Woche noch am Leben sein?«
Mr Mancuso zögerte. »Eigentlich ... nun, ich sage das ungern, aber wir haben hier ... eine Art Wettgemeinschaft.« »Kann ich einsteigen?«
Er rang sich ein Glucksen ab und erwiderte: »Klar.« »Bitte!«, sagte Susan.
Mr Mancuso wurde wieder dienstlich: »Genau genommen stehen die Chancen fifty-fifty. D'Alessio ist nicht allzu hell, aber der Großteil der Unterbosse und die alten Mafiosi stehen zu ihm, sodass er einen Vorteil hat, wenn er sich Anthony vornehmen und den Job professionell erledigen lassen will. Anthonys Stärken sind, dass er jung, energisch und skrupellos ist, und er hat einen Haufen junger Talente um sich. Außerdem ist er vorsichtig, wie ich schon sagte, aber er ist auch ein Hitzkopf, wie Sie wissen, und er wird bei diesem Job alle Vorsicht fallenlassen, was möglicherweise sein Untergang sein könnte - oder zu einem überraschenden Sieg führt.«
Ich dachte über all das nach, und meine Intuition und mein Intellekt sagten mir, dass ich auf den alten Knaben setzen sollte - Onkel Sal, der auch gefühlsmäßig meine erste Wahl war. »Sie halten die Chancen also für ausgeglichen?«, fragte ich.
»Ja, in der Tat.«
»Was ist der höchste Einsatz?«
»Fünfzig.«
»John!«
Das war Susan, und ich bedeutete ihr, still zu sein. »Könnten Sie mir fünfzig auf Onkel Sal vorschießen?«, fragte ich Mr Mancuso. »Wird gemacht.«
»Ich gebe sie Ihnen, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Und sagen Sie mir Bescheid, wenn sich die Chancen verändern.« »Das werde ich ganz sicher tun.«
Ich hätte ihn jetzt fragen können, wie ich erfahren sollte, ob ich gewonnen hatte, aber das wäre albern gewesen. Stattdessen fragte ich: »Warum standen Hunderte von Menschen wegen der Beerdigungsprozession eines Mafia-Dons am Straßenrand?«
»Vermutlich eher Tausende«, erwiderte er. »Und darauf fällt mir nicht nur eine Antwort ein. Vielleicht aus Neugier ... vielleicht war es auch einfach Herdeninstinkt... Und manche Leute hielten Gotti für einen Helden, daher müssen wir also vielleicht noch mal darüber nachdenken.«
Ich warf Susan einen kurzen Blick zu, bevor ich zu Mr Mancuso sagte: »Tja, wir waren bei der Beerdigung einer alten Dame, die ein ruhiges Leben geführt hat, friedlich gestorben ist und ohne großes Aufsehen begraben wurde. Und ich bin mir sicher, dass sie jetzt bei den Engeln ist.«
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Mr Mancuso und sagte dann: »Nun, ich habe nichts weiter anzubieten. Noch irgendwelche Fragen?«
Ich schaute Susan an, die den Kopf schüttelte, worauf ich sagte: »Im Moment nicht.«
»Ich wünsche Ihnen einen schönen Vatertag«, sagte er.
Den hätte ich, wenn William an
Weitere Kostenlose Bücher