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Nelson DeMille

Nelson DeMille

Titel: Nelson DeMille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis
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Fledermausdreck oder so was Ähnliches und plauderten freundlich miteinander.
    Allmählich mochte ich meine Mutter fast, was ziemlich einfach war, wenn man angefangen von meiner Geburt bis vor etwa zehn Minuten alles ausblendete. Aber mal ernsthaft - wenigstens war sie fürsorglich; sie kümmerte sich um die falschen Dinge, beziehungsweise um die richtigen Dinge auf die falsche Art, aber sie war engagiert und nahm Anteil am Leben.
    Was dieses Thema anging, fragte ich mich, worüber sie mit Pater Hunnings geredet hatte. Und wer eigentlich wen angesprochen hatte. Harriet schien sich genau wie Ethel eher um die Unterdrückten dieser Welt zu kümmern, die sie nie kennengelernt hatte, sowie um Tiere und Bäume, dann erst um die Menschen in ihrer Umgebung, wie zum Beispiel ihren Sohn und ihre Tochter. Aber ich hatte den Eindruck, dass allmählich eine neue Harriet Gestalt annahm - eine, die sich um ihre Enkel kümmerte und mit einem Priester über die Entfremdung zwischen ihr und ihrem Sohn sprach. Was ging in ihr vor? Nun ja, vielleicht hatte Harriet durch Ethels Tod ihre eigene Sterblichkeit erkannt, und ihr war klargeworden, dass der Weg zum Himmel zu Hause anfing.
    Harriet fragte Carolyn und Edward nach ihren Jobs und schien sich ehrlich dafür zu interessieren, auch wenn sie, was Carolyn betraf, ein paar Probleme mit dem Strafrecht hatte. Und was das Thema Kriminelle anging, fragte ich mich, ob Anthony Bellarosa aus seinem Versteck gekommen war, um den Vatertag bei seiner Familie zu verbringen. Höchstwahrscheinlich nicht, aber wenn ja, würde ich es erfahren, weil auf meinen Vorschlag hin Felix Mancuso, das FBI oder die New Yorker Polizei den Friedhof von Santa Lucia in Brooklyn observierten, wo Frank Bellarosa zur letzten Ruhe gebettet worden war.
    Anna würde zum Friedhof gehen und laut Anna auch Franks andere Söhne, Frankie und Tommy, vielleicht sogar Megan und ihre Kinder. Auch wenn Megan ihren Schwiegervater nie kennengelernt hatte, war eine der Bedingungen, wenn man in eine italienische Familie einheiratete, dass man die Gräber eines jeden Familienmitglieds besuchte, das im letzten Jahrhundert gestorben war.
    Nach Aussage von Mancuso wurden Mamas Haus in Brooklyn und die Alhambra-Anlagen ebenfalls den ganzen Tag überwacht. Ich persönlich glaubte nicht, das Anthony aus seinem Loch gekrochen kam, und schon gar nicht heute, da er wusste, dass das FBI seines und das Haus seiner Mutter observierte. Aber Anthony könnte das Grab seines Vaters besuchen. Und wenn Onkel Sal auf den gleichen Gedanken kam, könnte Anthony tot auf dem Friedhof liegen, bevor er festgenommen wurde.
    Jedenfalls waren Harriet und Carolyn vom Thema Geisteswissenschaften auf Serienkiller zu sprechen gekommen, und Harriet fragte mich: »Weshalb sind bewaffnete Wachmänner am Tor?«
    »Mr Nasim glaubt, die Ayatollahs wären hinter ihm her«, erklärte ich. »Ich gebe der Regierung die Schuld.«
    Harriet weiß, wann ich sie provozieren will, und fällt nie darauf rein. Nach Aussage von Susan wusste sie jedoch nicht, dass Anthony Bellarosa nebenan wohnte; wenn doch, hätte sie darauf bestanden, dass wir Edward und Carolyn diese beunruhigende Kunde anvertrauten. Als wir noch klein waren, sagte Harriet zu mir und Emily immer Sachen wie: »Euer Vater hat ein schwaches Herz und kann jederzeit sterben, deshalb solltet ihr darauf vorbereitet sein.« Wahrscheinlich hatte sie ein sehr strenges Buch über Kindererziehung in die Hände bekommen.
    Ich wechselte das Thema und kam auf Ethels Totenwache und die Beerdigung zu sprechen, was mich darauf brachte, Harriet mitzuteilen: »Wir haben heute alle Dads Grab besucht.«
    Meine Mutter blickte mich an, erwiderte aber nichts. Nun ja, das war noch immer ein schmerzliches Thema für sie. Ich hatte die Beerdigung verpasst, und auch mein guter Grund dafür konnte das nicht ungeschehen machen. Soweit es sie anging, war es nur ein weiteres Beispiel dafür, dass ihr Sohn keine Gelegenheit ausließ, seiner Mutter Schmerz und Leid zu bereiten.
    Ich fragte: »Warst du heute dort?« Sag nein. Bitte sag nein.
    »Ich habe am Grabstein ein Bukett hingelegt«, erwiderte sie. »Hast du es nicht gesehen?«
    »Doch. Aber ich weiß, wie du zu Schnittblumen stehst.« Deshalb dachte ich, Dad hätte eine Freundin. »Daher war ich mir nicht sicher, ob es von dir war.«
    »Wer sonst sollte Blumen an seinem Grab niederlegen?« Vielleicht Lola, die Rezeptionistin mit den großen Kannen, oder Jackie, die scharfe Büroleiterin. »Ich

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