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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Lazar
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und holte eine glänzende Spritze aus der Schublade. Den Geruch der Flüssigkeit darin mochte Nelson nicht, doch er hatte Vertrauen zu dem Tierarzt. Ein kurzer stechender Schmerz fuhr ihm durchs Hinterteil, als er seine drei Impfstöße bekam. Die Stelle, an der er die Injektionen erhalten hatte, tat noch mehrere Tage weh, doch Nelson spürte, dass sie gut für ihn waren. Auch seine kleine Schwester wurde geimpft, und Nelson kaute zärtlich ihr Ohr, während sie winselte.
    Am nächsten Abend nahm Vernon Nelson und seine Schwester vor allen anderen Welpen aus ihrem Abteil. Er hatte von Emils Vorhaben, sie kupieren zu lassen, gewusst und war erleichtert, als er sah, dass Nelson immer noch seine Rute hatte und fröhlich mit ihr wedelte. An diesem Abend hatte Vernon von einem Grillabend mit seiner Familie am Wochenende ein paar Steakreste mitgebracht, die Nelson und seine Schwester gierig hinunterschlangen. Wenn Emil das herausfand, würde er wütend sein, doch Vernon konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, die kleinen Hunde mit ein paar extra Leckerbissen zu verwöhnen.
    Normalerweise verkauften sich die Welpen in Emils Laden innerhalb einer Woche, doch mittlerweile waren Nelson und seine Schwester schon fast drei Wochen da, und niemand hatte sie gekauft. Vernon verstand das nicht, denn er fand, dass die beiden Welpen von Tag zu Tag süßer wurden. Langsam wuchs ihr Fell ein wenig nach, und wenn sie ihn am Abend schwanzwedelnd begrüßten, schmolz er förmlich dahin. Seiner Vermutung nach war die Kundschaft, die in Emils Laden kam, einfach ziemlich eingebildet und wollte nur Welpen mit richtigen Zuchtpapieren.
    Vernon war ein aufgeweckter und neugieriger Mensch, der trotz seiner mangelnden Bildung oft das ganze Wochenende mit Lesen verbrachte, wobei er sich für alle möglichen und unmöglichen Themen interessierte. Er verschlang Bücher und Zeitungsartikel über die Schildkröten auf den Galapagosinseln, die heißen Geysire Islands oder chinesische Geschichte. Und so fand er auch, dass die Neugier, die aus jedem Blick von Nelson sprach, ihn zu einem ziemlich faszinierenden jungen Hund machte. Natürlich waren es nicht wirklich die Augen, mit denen Nelson seine Neugier stillte. Sein Hauptantrieb im Leben waren die Gerüche. Dennoch lag Vernon nicht ganz falsch, wenn er in dem Hund ein wenig von sich selbst wiedererkannte.
    Vernon wusste, dass Emil vor allem von seinem Profitdenken gelenkt wurde, und so bereitete es ihm durchaus Sorge, was Emil wohl mit den beiden Welpen tun würde, wenn sie nicht bald jemand kaufte. Pünktlich jeden Monat zahlte ihm sein Boss sein Gehalt, und in den acht Jahren, die er in dem Tierladen arbeitete, hatte er ihn nur ein einziges Mal angeschrien, denn Vernon war bei der Arbeit sehr gewissenhaft, und so hatte es für Emil nie einen Grund gegeben, böse auf ihn zu sein. Vernon wusste, dass Emil Hunde nicht mochte, weshalb ihm der Blick, den Vernon in Emils Augen sah, wenn er Nelson und seine Schwester finster anschaute, manchmal Angst machte.
    Und so war Vernon auch mehr als beunruhigt, als er eines Abends in den Laden kam und sofort bemerkte, dass Nelsons kleine Schwester nicht mehr bei ihm im Abteil saß. Er schaute Nelson an, der ganz allein im Käfig lag und voller Kummer vor sich hinschaute. Vernon hob ihn heraus und spürte die Traurigkeit, die den kleinen Hund erfüllte. Normalerweise war er nämlich ein ausgelassenes Bündel Freude, wenn er ihn aus seinem Gefängnis befreite. Dann wedelte er mit dem Schwanz, leckte Vernons Hände und Gesicht und knabberte sanft an ihm. Heute jedoch lag er teilnahmslos da und bewegte sich kaum. Selbst den Streifen Trockenfleisch, den Vernon ihm mitgebracht hatte, beachtete er nicht.
    Einen schrecklichen Moment lang dachte Vernon, Emil habe dem kleinen Hundemädchen etwas Unaussprechliches angetan. Doch als er sich die Kundenliste des Abteils anschaute, hing da ein Zettel mit der Aufschrift » VERKAUFT« unter dem Schild » Beadle, weiblich«.
    Er brachte fast eine halbe Stunde damit zu, Nelson in den Händen zu halten und ihn zu streicheln. Ein paar Mal leckte der Hund ganz sanft Vernons Hände, doch er blieb traurig. Der kleine Hund hatte nicht die Gelegenheit gehabt, sich von seiner Schwester zu verabschieden. Die Tür des Abteils war aufgegangen, und wie sonst auch ahnte er nichts Gutes, als er Emils Hand roch. Dann wurde seine Schwester aus dem Abteil geholt und die Tür laut zugeworfen. Ängstlich hatte er auf ihre Rückkehr gewartet,

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