Nelson sucht das Glück
um düstere Gedanken zu vertreiben. Nur der laute Lärm, die Abgase einiger LKW und gelegentlich ein verrückter Motorradfahrer, der die Straße entlangdonnerte, trübten die angenehmen Seiten von Herberts täglichem Spaziergang.
Obwohl er immer noch täglich an seine liebe Frau dachte, genauer gesagt sogar mehrmals, war er irgendwie wieder glücklich geworden. Es machte ihm Spaß, seine kleinen Holztiere zu schnitzen, und die Stadt Kalispell bezauberte ihn immer noch mit ihrer herrlich würzigen Luft, ihren Bäumen und den fernen Bergen.
Auf seinem täglichen Spaziergang in die Stadt bemerkte er mehrmals die beiden kleinen Hunde. Er sah, wie sie auf dem sandigen Gelände neben der Kurve der Straße herumtollten, die ins Zentrum der Stadt führte. Einer der beiden Hunde war kurzbeinig und erinnerte ihn an den Hund, den seine Familie einmal gehabt hatte, als er in Arizona aufwuchs. Doch es war der andere Hund, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er hatte eine interessante Färbung, vor allem im Gesicht. Wenn der Hund einen ansah, schien er dem Betrachter in die Seele zu schauen, mit einem fragenden, aber freundlichen Blick, und wenn er mit seiner buschigen Rute wedelte, so sah die schnelle Bewegung von vorn aus wie ein schimmernder Heiligenschein über dem originellen Gesicht. Zuerst beobachtete Herbert die beiden Hunde nur. Doch dann, eines Tages, nahm er ein paar Reste von seinen Frühstückspfannkuchen, steckte sie in eine kleine Plastiktüte, als er sich auf den Weg in die Stadt machte, und fütterte die beiden Hunde damit. Sie fraßen alles mit Begeisterung, obwohl sie nicht so ausgehungert schienen, wie er es sich vorgestellt hatte.
Das wurde zu einem fast täglichen Ritual. Außer am Sonntag ging Herbert jeden Tag spazieren, und die Hunde waren immer entweder dort oder in der Nähe. Schon bald warteten sie geduldig an der gleichen Stelle und freuten sich auf ihre tägliche Zwischenmahlzeit. Wenn er ihnen das Futter gegeben hatte, ging er weiter, und zuerst machten die beiden Hunde Anstalten, ihm zu folgen, besonders derjenige mit der ungewöhnlichen Fellfärbung.
Als er noch ein Junge war, hatte Herbert Hunde geliebt. Nach der Hochzeit und bevor er und seine Frau Kinder bekamen, hatte Herbert gedacht, ein Hund sei eine ausgezeichnete Ergänzung zu der zukünftigen Familie, die er mit seiner Frau gründen wollte. Doch sie war sowohl auf Katzen als auch auf Hunde extrem allergisch gewesen. Es genügte schon, wenn sie ein Haus betrat, in dem ein solches Tier sich aufgehalten hatte, und sie begann zu niesen, und ihre Augen tränten. Als Jahre später gute Medikamente auf den Markt kamen, half das ein wenig, aber nicht viel. Und so hatten ihre Allergien sie immer davon abgehalten, sich ein Haustier zuzulegen. Herbert hatte das nie bedauert, denn die Liebe seiner Frau machte es mehr als wett. Jahre später, erinnerte er sich, als seine Söhne und seine Tochter mehrfach den Wunsch nach einem Tier äußerten, hatte er die Annehmlichkeiten eines Haustiers noch einmal in Betracht gezogen.
Jetzt, wo seine Frau nicht mehr da war, hätte Herbert gut und gerne einem oder zwei Hunden ein Zuhause bieten können. Manchmal ging ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er ja tatsächlich die beiden Streuner, die er täglich fütterte, mit nach Hause nehmen könnte. Auch sahen sie so aus, als könnten sie ein gründliches Bad brauchen. Doch Herbert scheute immer wieder davor zurück, diesen Gedanken wirklich in die Tat umzusetzen. Irgendwie kam es ihm seiner Frau gegenüber respektlos vor.
Und so scheuchte er die beiden Hunde weg, wann immer sie ihm nach ihrer kleinen Mahlzeit hinterherliefen. Er war sich nicht sicher, aber irgendwie glaubte er, in Nelsons Augen sogar eine Art Verständnis dafür zu entdecken, dass es angesichts der Allergien seiner Frau einfach nicht richtig gewesen wäre, hätte Herbert die Hunde mit nach Hause genommen. Gut, sie war nicht mehr da, aber ihre Wünsche wollte er dennoch respektieren.
17
Nelson und Lucy waren glücklich miteinander. Sie waren beide Streuner, und ihr Leben war nicht leicht. Die Nächte waren kalt, und manchmal wurden die beiden krank und husteten und schnieften. Wenn das der Fall war, konnte der eine Hund die Müdigkeit, die Erschöpfung und die Traurigkeit des anderen spüren. Wären sie allein gewesen, hätten all diese Dinge genügt, um ihnen irgendwann den Tod zu bringen. Doch die beiden wärmten sich gegenseitig und spielten miteinander, wenn sich einer nicht wohlfühlte,
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