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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Lazar
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Doch das tägliche Mittagessen, das der Mann ihnen brachte, wusste er sehr zu schätzen, und so wuchs in ihm eine gewisse Treue zu ihm. Und wenn Nelson Treue empfand, war das immer etwas, das Macht über ihn hatte.
    Die Krankheit, die sich in dem alten Mann ausbreitete, war nicht die gleiche, die seine Frau umgebracht hatte. Eigentlich war es gar keine richtige Krankheit, sondern eine gewisse Verdickung des Blutes, an der Menschen leiden, wenn sie alt werden. Fünfundachtzig Jahre lang war Blut durch Herberts Adern gepumpt worden, und das war eine lange Zeit. Doch im Laufe der Jahre war die Pumpleistung seines Herzens immer schwächer geworden.
    Eines Tages, als er Nelson und Lucy ihr Mittagessen gab, gerann das Blut in Herberts Gehirn, bildete einen kleinen Klumpen, und die Durchblutung des restlichen Gehirns geriet ins Stocken. Er streichelte gerade die beiden Hunde, als der Schlaganfall kam. Zuerst wusste Nelson nicht genau, was da passierte. Herberts Körper verströmte Panikgerüche und brach zusammen. Der weiche, warme Sand fing seinen Sturz ab, und er lag ganz ruhig da und starrte mit offenen Augen zum Wald und zum Himmel Montanas empor, die er so sehr liebte. Lucy und Nelson bellten ihn an, sprangen sogar auf ihn und versuchten, ihn durch Lecken wieder zum Leben zu bringen, doch er lag einfach nur da, hilflos. Nelson wusste, dass das ein Notfall war. Sein Gehirn sagte es ihm ebenso wie seine Nase. Er musste Hilfe holen, unbedingt.
    Nelson und Lucy hatten gelernt, sich von den Straßen fernzuhalten, wenn es nicht absolut notwendig war, und diesen großen, widerlichen Dingern, den Autos, musste man aus dem Weg gehen. Doch in diesem Moment musste Nelson unbedingt Hilfe für den alten Mann holen. Während Lucy bei ihm blieb und versuchte, ihn ins Leben zurückzuholen, stellte sich Nelson stolz und aufrecht mitten auf die Straße, die in die Stadt führte, und bellte laut, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Ein paar Autos fuhren vorbei, ohne den Hund zu beachten, und verpassten ihn nur knapp mit ihren Fahrzeugen. Normalerweise wäre er weggelaufen, wenn ein Auto ihm so nahe gekommen wäre. Doch durch seine Adern floss in diesem Moment eine Menge Adrenalin, der Geruch des alten Mannes, der im Sterben lag, hing in der Luft, und Nelson bellte lauter und lauter.
    Schließlich verlangsamte ein Wagen mit zwei jungen Leuten, Bruder und Schwester, seine Fahrt, als die Insassen den kleinen Hund sahen, der laut bellend mitten auf der Straße stand, und hielt neben ihm an. Nelson bellte sogar noch lauter, als sie die Fenster herunterkurbelten. Er lief zu dem alten Mann zurück, und die junge Frau und der Mann aus dem Auto sahen ihn dort liegen. Er atmete kaum noch.
    Doch gerade als Nelson die Straße verließ, übersah er die drei Motorräder, die aus der anderen Richtung auf ihn zukamen. Die Biker näherten sich mit hoher Geschwindigkeit der Kurve, die direkt in die Stadt führte, und waren viel zu schnell, um den kleinen Hund sehen zu können, der mitten auf der Straße stand. Einer der Motorradfahrer stieg voll auf die Bremse, als er sah, dass er den kleinen Hund anfahren würde. Doch es war zu spät. Zwar konnte er zur Seite ausweichen, doch das schwere Motorrad traf dennoch mit voller Wucht Nelsons Flanke. Nelson war überrascht, weil er so konzentriert darauf gewesen war, Herbert zu retten. Bevor er wusste, wie ihm geschah, übernahm wieder sein Körper die Führung und tat das, was am besten für ihn war. Nelson verschwand einfach in dem schwarzen Loch, das in ihm war, und begann seinen Sturz in die Dunkelheit.
    Lucy verwirrte das, was geschah. Zuerst bellte sie laut. Doch als ein Krankenwagen und die Polizei eintrafen, rannte sie in den Wald. Zu Nelson konnte sie nicht, ohne Gefahr zu laufen, mit all den Menschen zusammenzutreffen, die plötzlich auf ihrem kleinen sandigen Rastplatz herumliefen. Doch da sie überall in den Fichtenwäldern rund um die Stadt Kojoten witterte, suchte sie sich auf Nebenstraßen ihren Weg zurück in die Stadt und schlief beim Waschsalon, wie sie und Nelson es immer taten. Es war kalt, weil Nelson nicht neben ihr lag. Immer wieder wachte sie auf und hoffte, ihn neben sich zu finden. Am nächsten Tag suchte sie überall in der Stadt nach ihm, winselte immer dann, wenn sie glaubte, sie habe seine Witterung aufgenommen, nur um zu entdecken, dass es eine alte Duftspur war. Auf dem sandigen Gelände, wo sie so viele Tage miteinander verbracht hatten, war es ruhig, und Herbert war

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