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Nelson sucht das Glück

Nelson sucht das Glück

Titel: Nelson sucht das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Lazar
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nirgendwo zu sehen. Wieder schlief sie ohne Nelson beim Waschsalon. Ganz früh am nächsten Morgen war sie sich sicher, in der Ferne das Knurren des Kojoten zu hören. Es war an der Zeit, diesen Ort zu verlassen, das sagten ihr die Stimmen in ihrem Kopf, in ihrer Hundesprache, die ganz ohne Worte auskam. Als die Sonne aufging, verschwand Lucy aus der Stadt. Nelson sah sie nie wieder.
    Ihre Wunde würde sie für den Rest ihres Lebens spüren. Manchmal, bei Nacht, schmerzte sie, besonders, wenn es kalt war. Auch ihr starker Geist erholte sich nie ganz von dem Angriff des Kojoten. Manchmal, wenn sie später in ihrem Leben durch Montana kam, schnupperte sie wieder den Gestank des Kojoten in der Luft, und er rief in ihr die Erinnerung an den Tag wach, an dem sie nur knapp dem Tode entronnen war.

Dritter Teil
    Verlust
20
    Der Tierarzt, der Nelson nach dem Unfall in der Notaufnahme der Tierklinik untersuchte, war ein bescheidener Mann. Dougal Evans war auf einer Farm in Illinois aufgewachsen und hatte die Liebe zu den Tieren von seinem Vater geerbt. Sie hatten Rinder gezüchtet, doch überall rund um das Farmhaus, in dem sie lebten, gab es auch andere Tiere – Hühner und Ziegen, Schafe und Schweine, eine Katze zum Rattenfangen, und Hunde, darunter mehrere Border Collies. Von Kindesbeinen an hatte Dougal der Geburt zahlreicher Tierkinder beigewohnt, und oft hatte er einen kleinen Hund oder ein Ferkel mit der Flasche aufgezogen. Tag für Tag fütterte er die Tiere, und manchmal schliefen sie nachts bei ihm im Bett. Als er mit der Schule fertig war und vor der Entscheidung stand, was er werden wollte, hatte seine Berufswahl außer Frage gestanden, und so studierte er Tiermedizin an einem ausgezeichneten College in Kalifornien, der UC Davis, und war einer der besten Studenten, die dort jemals ihren Abschluss machten.
    Nach dem Studium übernahm er die Nachtschicht in einer Notfallklinik für Tiere in Los Angeles, wo er tiefe Einblicke in die Abgründe tierischer Existenz bekam, besonders bei Hunden, die von ihren Herrchen oder Frauchen manchmal ebenso geliebt wie grausam misshandelt wurden. Nach etwa fünf Jahren war er jedoch die Großstadt leid geworden, und er beschloss, wieder in einer Umgebung zu leben, die der ähnelte, in der er aufgewachsen war. Er war ein sparsamer Mensch und hatte über die Jahre eine ansehnliche Summe gespart. Schließlich fand er eine kleine Tierklinik in Montana, die zum Verkauf stand und für die er eine Anzahlung tätigen konnte.
    In den zwanzig Jahren, die er dort lebte, hatte sich Dougal eine erfolgreiche Praxis aufgebaut. Viele Tiere landeten in seinem kleinen Krankenhaus, und nicht wenige kamen gesund wieder heraus. Seine Arbeit gab ihm viel zurück, aber sie war auch schmerzlich, denn er wusste, dass er nicht alle Tiere, die zu ihm kamen, retten konnte. Noch schlimmer waren für Dougal jedoch die Fälle, bei denen er wusste, dass er einem Tier zwar helfen konnte, es jedoch kein Zuhause hatte, in das es hinterher zurückkehren würde. Jedes Mal, wenn ein wohlmeinender Mensch ihm einen streunenden Hund brachte, brach es ihm schier das Herz, denn wo sollte das Tier hin, wenn er es versorgt hatte? Ja, es gab Tierheime in der Stadt, und ein paar Glückspilze kamen auch privat unter. Doch meistens brachte man nach etwa einer Woche, wenn niemand das Tier haben wollte, seinen Patienten still und heimlich in ein Tierheim mit Tötungsstation und schläferte ihn ein.
    Bei jedem Streuner, der in seiner Klinik landete, war Dr. Evans in Versuchung, das Tier mit nach Hause zu nehmen. Früher, zu Beginn seiner Karriere, war das auch mehrfach vorgekommen. Doch irgendwann hatte seine Frau begonnen, sich zu beschweren. Drei Hunde, fünf Katzen und vier Vögel waren genug Haustiere, um die sie sich kümmern musste. Und so musste er sich jedes Mal zusammenreißen, wenn ein Streuner wieder so weit aufgepäppelt war, um die Klinik verlassen zu können, und ins Tierheim gebracht wurde. Wenn er sich von einem dieser Tiere verabschiedete, dann streichelte Dougal ihn oder sie ein wenig länger als seine anderen Patienten, und obwohl er eigentlich kein sehr gläubiger Mann war, schickte er insgeheim ein Stoßgebet zum Himmel, dass das Tier doch noch ein Zuhause finden möge.
    Dougal sah die Schönheit in fast jedem Tier, das er behandelte, doch Hunde mochte er lieber als alle anderen Tiere, weil ihm ihre tiefe Zuneigung zu den Menschen großen Respekt einflößte. Irgendwie mochte er sie alle: die ruhigen Hunde, die

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