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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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offensichtlich um sein kostbares Damast fürchtete, der aber auch sofort wieder verstummte, nachdem Stefan ihm einen drohenden Blick zugeworfen hatte. Anschließend hatten wir die Schiebetür sorgfältig geschlossen und uns wieder auf unsere Plätze zurückgezogen, um auf den Krankenwagen zu warten.
    Der Rest war Routine, wie man so schön sagt. Nicht dass ich besonders viel Übung in solcherlei Dingen gehabt hätte.
    Die hatte — mit Ausnahme von Ellen vielleicht ( Dr. Ellen, verbesserte ich mich in Gedanken, aber irgendwie machte sie mir das auch nicht wesentlich sympathischer) — keiner von uns. Aber schließlich hatten wir alle schon genug Krimis gesehen, um zu wissen, wie man sich in einer Situation wie dieser zu verhalten hat. Nicht weggehen, nichts anfassen, nichts verändern, bevor die Polizei, der Arzt, der Katastrophenschutz, eine Sonderabteilung der GSG 9, die Umweltschutzbehörde und eine Sturmtruppe der US Navy Seals eingetroffen waren. Mindestens.
    Eine sonderbare und alles andere als angenehme Stimmung begann sich im Gastraum der Taube auszubreiten, während wir auf den Krankenwagen warteten, der immer noch nicht kam — und auch nicht kommen sollte, aber das wusste in diesem Moment ja noch niemand.
    Keiner von uns hatte Flemming persönlich gekannt; unsere Kontakte mit ihm hatten sich auf eine Hand voll Telefonate und zwei oder drei Briefe beschränkt, und allem Anschein nach war ich nicht der Einzige hier, der unserem unbekannten Wohltäter trotz allem auch eine gesunde Portion Misstrauen entgegengebracht hatte — was mich, ebenso wie die anderen, aber auch nicht daran gehindert hatte, sein Angebot letzten Endes ziemlich kritiklos anzunehmen.
    Menschen sind nun einmal gierig.
    »Hat einer von euch eine Idee, was wir machen, wenn niemand auftaucht, um Flemming zu ersetzen?«, fragte Stefan, während er an seinem mittlerweile dritten Bier nippte. Der Blick seiner dunklen Augen, die vielleicht nicht ganz so stupide in die Welt hinaussahen, wie ich mir bisher eingeredet hatte, tastete dabei aufmerksam über unsere Gesichter, aber nicht auf eine Art, als suche er darin nach einer Antwort auf seine Frage. Vielmehr hatte ich das unangenehme Gefühl, von einem Feind gemustert zu werden, der nach einer Schwachstelle in meiner Verteidigung suchte. Es geht schon los, dachte ich. Obwohl es möglicherweise bereits vorbei war, bevor es überhaupt richtig angefangen hatte, begann die Feindseligkeit um sich zu greifen — es war ja auch irgendwie die klassische Highlander-Situation. Es kann nur einen geben …
    Ich musste über meinen eigenen Gedanken lächeln, was mir einen etwas deutlicher feindseligen Blick Stefans und ein fragendes Stirnrunzeln von Judith einbrachte. Ich würde niemals behaupten, dass ich der geborene Pazifist bin, aber seit ich an diesem gastlichen Ort eingetroffen war, begann sich eine militaristische Sprache in meinem Denken breit zu machen, die eigentlich gar nicht zu mir passte …
    Niemand hatte eine Idee (das heißt: Ich hatte schon die eine oder andere, aber keine davon gefiel mir auch nur selbst, und ich hatte das sichere Gefühl, dass die Fantasie meiner Mitstreiter durchaus ausreichte, um sich selbst genug schlechte Neuigkeiten auszumalen, also behielt ich meine Meinung lieber für mich). Aber ich war auch nicht besonders überrascht, dass es Ellen war, die sich schließlich an den Wirt wandte:
    »Sie haben Gästezimmer hier, nehme ich an?«
    Gästezimmer? Ich hoffte, dass sie mein unwillkürliches Zusammenzucken nicht zu deutlich bemerkte. Ich konnte mir kein Zimmer leisten. Nicht einmal einen Hühnerstall.
    »Leider hab ich nicht genug Einzel zimmer«, antwortete Zerberus. Überflüssig zu sagen, dass sich bei diesen Worten die Andeutung eines anzüglichen Grienens auf seinem verlebten Gesicht breit zu machen begann. Statt jedoch irgendeine Zote hinzuzufügen — ich hätte in dieser Sekunde meine rechte Hand darauf verwettet, dass er ganz genau das tun würde —, schüttelte er den Kopf und fuhr fort: »Ist auch nicht nötig. Oben im Internat sind Zimmer für euch alle reserviert.«
    »Internat?« Ich tauschte einen fragenden Blick mit Judith, den sie aber nur mit einem Achselzucken und einem Ausdruck irgendwie niedlicher Hilflosigkeit in den Augen beantwortete. Ein rascher Blick in die Runde zeigte mir, dass die anderen auch nicht unbedingt schlauer waren als wir.
    »Das Kloster.« Zerberus machte eine vage Kopfbewegung in Richtung Tür. »Die Ruine oben auf dem Berg. Habt ihr

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