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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gedankengang zu folgen. Außerdem war sie irgendwie im gleichen Moment, in dem sie ihren Vortrag unter der blinkenden Überschrift Hier tanzt mir keiner aus der Reihe begonnen hatte, wieder zu der arroganten Zicke mutiert, für die ich sie schon im ersten Moment gehalten hatte.
    »Wenn wir uns jetzt in den Computer hacken, dann macht uns das ganz automatisch verdächtig.«
    »Verdächtig?« Stefan schüttelte verständnislos den Kopf. »Aber was hat denn der Computer damit zu tun?«
    Ellen verdrehte die Augen; so ungefähr, als hätte sie einem etwas begriffsstutzigen Neunjährigen gerade zum hundertsten Mal das kleine Einmaleins zu erklären versucht, obwohl sie genau wusste, dass er es auch diesmal nicht begreifen würde.
    »Wir sind sechs Wildfremde in einem abgelegenen Nest.
    Und dann stirbt plötzlich derjenige, der uns hier zusammengetrommelt hat, ohne uns zuvor über die Details der Einladung zu informieren. Was meinst du, was die Polizei davon hält, wenn wir nach dem Todesfall nichts Besseres zu tun haben, als das Notebook des Opfers zu fleddern — und dabei möglicherweise ein paar Daten zu kopieren oder zu manipulieren?«
    Stefan starrte sie mit offenem Mund an. »Ach so«, murmelte er dann.
    »Aber wir haben Flemming doch nicht umgebracht!«, begehrte Judith auf.
    »Glaub mir einfach, Schätzchen«, seufzte Ellen. »Ich habe oft genug mit Polizisten zu tun. Ich weiß, wie sie denken. Wir sind hier, und der Mann, der uns alle reich machen wird — oder vielleicht auch nur einige von uns —, ist tot. Das macht uns ganz automatisch zu Verdächtigen.
    Wir können froh sein, wenn es uns nicht automatisch zu überführten Verdächtigen macht. Das Dümmste, was wir jetzt tun könnten, wäre, irgendetwas dort drinnen anzurühren.«
    »O Mann!«, sagte Stefan. »Warum muss nur immer alles so kompliziert sein?«
    Irgendwie habe ich ja gewusst, dass du das nicht schnallst, signalisierte Ellens Blick. Immerhin verkniff sie es sich, die Worte laut auszusprechen. Das war auch nicht nötig. Sie strahlte sie aus wie Judith das Aroma ihres billigen Parfums.
    Ed setzte sich wieder und der Wirt kam mit einem Tablett voller Kaffeetassen und einem halb leeren Zuckerstreuer.
    Während er es scheppernd auf dem Tisch ablud, sagte Stefan: »Etwas Milch wäre nicht schlecht.«
    »Kommt sofort«, knurrte Zerberus. »Und wo wir schon mal dabei sind, wer bezahlt das alles jetzt hier eigentlich?«
    »Den Kaffee?«, krächzte Ellen.
    »Den und alles andere«, antwortete der Wirt beleidigt.
    »Die Saalmiete und den Ausfall heute.«
    »Ausfall?«
    »Die Taube war den ganzen Tag über geschlossen«, antwortete der Wirt. »Extra für euch und diesen Anwalt.
    Oder glaubt ihr, dass hier immer so wenig los ist?«
    Genau das hatte ich in der Tat angenommen, und den Reaktionen der anderen nach zu schließen, sie wohl auch.
    Irgendwie gelang es mir einfach nicht, die Taube mit der Vorstellung von brodelndem Leben und einer fröhlichen Stimmung in Einklang zu bringen.
    »Das wird sich schon alles klären«, sagte Ellen schließ
    lich. »Schlimmstenfalls werfen wir zusammen.«
    Sie hatte zumindest Humor, das musste man ihr lassen.
    Alles, was ich dazuwerfen konnte, würde wahrscheinlich gerade ausreichen, um den Kaffee zu bezahlen. Dem Wirt jedenfalls schien diese Aussage zu genügen, denn er rang sich eine Grimasse ab, die er wahrscheinlich selbst für ein Lächeln hielt, und wollte gehen, aber Ellen hielt ihn noch einmal zurück.
    »Wo wir schon einmal dabei sind: Wo finden wir die anderen?«
    »Welche anderen?«
    »Die Leute von der Anwaltskanzlei«, erklärte Ellen. »Die Mitarbeiter oder Kollegen von Flemming. Er war unser Ansprechpartner, verstehen Sie? Wir wissen nicht genau, mit wem wir jetzt reden sollen. Man hat uns hierher bestellt, aber leider ist uns sonst niemand von der Kanzlei namentlich bekannt.«
    »Da geht es euch wie mir«, antwortete der Wirt. »Ich kenne auch nur diesen Flemming. Kam vor zwei Wochen das erste Mal her, um den Saal zu reservieren und eine Anzahlung dazulassen. Und dann heute Nachmittag wieder.« Er zuckte abermals mit den Schultern. »Sonst habe ich noch keinen von dieser Firma …?«
    »Sozietät«, half ihm Ellen aus. »Das ist ein gewisser Unterschied.«
    »Meinetwegen. Jedenfalls habe ich sonst niemanden von denen hier gesehen. Warum, glaubt ihr, habe ich gefragt, wer die Rechnung übernimmt?« Er wartete vergeblich darauf, dass irgendjemand seine Frage zum zweiten Mal beantwortete, zuckte schließlich

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