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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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irgendeine Erbschaftsangelegenheit«, sagte Ed fast widerwillig. »Mehr wissen wir auch nicht.«
    »Eine Erbschaft?« Zerberus legte zweifelnd die Stirn in Falten. Dann lachte er. »Ich hätte gewettet, dass ihr vom Fernsehen seid oder so was. Wen wollt ihr denn beerben?«
    »Wenn wir das wüssten, wären wir ganz bestimmt nicht hier«, antwortete Ellen.
    Glücklicherweise näherte sich unsere Fahrt aber auch schon ihrem Ende. Der Wagen hatte die Steigung hinter sich gebracht — und das sogar, ohne dass Zerberus ihn abgewürgt oder den Hang hinunterkatapultiert hatte — und vor uns lag jetzt nur noch ein kurzes Stück ebener Straße und unser eigentliches Ziel, das alte Internatsgebäude.
    Mir kam es im Moment aber eher vor wie Mordor, die schwarze Festung des bösen Zauberers Saruman aus dem Herrn der Ringe.
    Dabei war gar nicht viel zu erkennen. Das Gebäude war unerwartet groß, das konnte man sehen, sonst aber so gut wie nichts. Alles, was ich konkret erkennen konnte, war das klotzige Torhaus und ein asymmetrisches Stück des schweren Eichentores, das die Scheinwerfer aus der Dunkelheit rissen und das größer wurde, je näher wir kamen.
    Dahinter erhob sich ein kantiges Durcheinander aus Gebäude, Türmen und zerfallenen Mauerresten, kaum mehr als ein Schattenriss aus vollkommener Schwärze vor dem nicht ganz so tiefen Schwarz des Himmels. Trotzdem ließ mir der Anblick einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
    Es lag nicht nur daran, dass die fast völlige Dunkelheit der Fantasie vielleicht mehr Spielraum ließ als gut war.
    Viel schlimmer war das, was man nicht sehen konnte, aber was eindeutig da war, unsichtbar und lauernd hinter der Fassade des scheinbar Normalen verborgen, aber da.
    Irgendetwas war dort vorne und es wartete auf uns. Etwas, dem wir vielleicht besser nicht begegneten.
    »Das ist unheimlich«, sagte Judith. Sie sprach nichts anderes aus als das, was wir alle in diesem Moment dachten, und trotzdem wünschte ich mir, dass sie es nicht getan hätte. Es gibt Dinge, die ihren Schrecken verlieren, wenn man ihnen einen Namen gibt, aber diese seltsame Stille und Leblosigkeit hier gehörten eindeutig nicht dazu. Vielleicht hatte es ja einen Grund, dass es so viele Legenden gab, in denen das Böse erschien, wenn man seinen Namen aussprach.
    »Ist nur ein Haufen alter Steine«, sagte Zerberus. Er gab beharrlich weiter Gas, als wäre er wild entschlossen, den Wagen gegen das geschlossene Tor und hindurchzurammen, und obwohl ich natürlich ganz genau wusste, dass es nicht so war, spannte ich mich instinktiv gegen den zu erwartenden Aufprall. Neben mir sog Judith scharf die Luft ein und auch Ellen wirkte plötzlich ein wenig verkrampft.
    Im buchstäblich allerletzten Moment trat Zerberus auf die Bremse. Der Wagen rutschte auf blockierenden Reifen weiter und kam wortwörtlich eine Handbreit vor dem Tor zum Stehen; allerdings nur für eine oder zwei Sekunden, dann rollte er weiter, stieß mit einem dumpfen Klonk! gegen den rechten der beiden riesigen Torflügel und drückte ihn langsam nach innen.
    »He!«, protestierte Ed.
    »Keine Sorge, das mach ich immer so«, sagte Zerberus.
    Er gab ein wenig mehr Gas und das Tor bewegte sich gehorsam auf seinen uralten Angeln nach innen. Dahinter kam ein aus metergroßen Natursteinquadern gemauertes Gewölbe zum Vorschein, das auf einen weitläufigen Innenhof hinausführte. Das Licht der Autoscheinwerfer verlor sich irgendwo auf halbem Wege, obwohl ich den Eindruck hatte, dass es viel weiter reichen müsste, und erneut und diesmal viel heftiger hatte ich das Gefühl, dass in der Dunkelheit dort draußen etwas lauerte, etwas, was uns ganz genau beobachtete, vielleicht aber auch in diesem Augenblick schon zum Sturm ansetzte. Unmittelbar neben Ellen schlug der riesige Torflügel mit einem Geräusch gegen die Wand, das jedem alten Boris-Karloff-Film zur Ehre gereicht hätte, und Zerberus trat das Gaspedal mit einer einzigen Bewegung fast bis zum Bodenblech durch. Der Landrover machte einen Satz, den ich dieser antiken Schrottkarre nie und nimmer zugetraut hätte, und als der Torflügel zurückschwang, verfehlte er das Heck des Wagens um eine gute Handbreit. Gottlob! Das Tor musste eine Tonne wiegen, vermutlich mehr. Hätte es den Wagen getroffen, hätte es ihn vermutlich in Stücke geschlagen.
    Samt seiner Insassen.
    »Nicht schlecht«, lobte Ed. »Funktioniert der Trick immer?«
    Statt zu antworten, nahm Zerberus den Fuß vom Gas und lenkte den Wagen in einer engen

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