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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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betonen möchte.«
    »Klaus Sänger ist vor fünfzehn Jahren gestorben«, sagte Maria. »Ungefähr.«
    Von Thun seufzte. »Ich weiß«, sagte er betrübt. »Wie gesagt: Es war nicht einfach. Wir mussten umfangreiche genealogische Nachforschungen anstellen, Briefe und Faxe an Stadtverwaltungen und Archive schicken, jahrhundertealte Kirchenbücher einsehen …« Er seufzte. »Ich allein habe Dutzende von Reisen unternommen …«
    »… und uns am Ende aufgespürt«, sagte Ellen. »Ich bin sicher, das war eine großartige Leistung, aber ich …«
    »Sie möchten wissen, wie genau das Testament Klaus Sängers nun aussieht«, sagte von Thun. »Das kann ich verstehen. Ohne ins Detail gehen zu wollen — was ich im Moment weder kann noch darf, wie Sie sicher verstehen werden …«
    »Um ehrlich zu sein, nein.« Diesmal war ich es, der von Thun unterbrach. »Ich hob die Hände, als er antworten wollte, und fuhr mit einem Beistand heischenden Blick in die Runde fort: »Ich kann durchaus verstehen, dass Sie Zeit benötigen, um sich in die Unterlagen einzuarbeiten, aber wieso dürfen Sie uns nichts sagen?«
    Von Thun antwortete nicht gleich. Er sah mich irgendwie hilflos an, aber ich konnte auch sehen, wie schwer ihm die Entscheidung fiel, die er nun zu treffen hatte. Schließlich seufzte er tief. »Ja, wahrscheinlich haben Sie Recht«, sagte er niedergeschlagen. »Ich kann Sie ja verstehen.« Er sah eine geschlagene Sekunde lang unglücklich auf den Papierstapel vor sich herab, dann schob er ihn mit einer irgendwie resignierend wirkenden Bewegung in den Ziehharmonikaordner zurück.
    »Also gut«, begann er von neuem, nachdem er sich umständlich geräuspert und einen neuerlichen, langen Blick in die Runde geworfen hatte. »Ich werde versuchen, Sie zu informieren, so weit mir das möglich ist. Aber bitte, nageln Sie mich später nicht auf Einzelheiten fest.«
    »Jaja, schon gut«, sagte Ed. »Also?«
    »Wie gesagt«, begann von Thun, »Klaus Sänger war ein etwas … Sie würden wahrscheinlich sagen: exzentrischer Mensch.« Ich tauschte einen fragenden Blick mit Judith.
    Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, dass er das schon gesagt hatte. Judith offenbar auch nicht, denn ich erntete nur ein unglückliches Achselzucken als Antwort.
    »Es ist mir leider nicht gestattet, den genauen Wortlaut des Testamentes vorzulesen …«
    »Warum nicht?«, wollte Stefan wissen.
    »Ich bin kein Notar«, antwortete von Thun. »Leider sind in einem solchen Fall gewisse … formaljuristische Regeln einzuhalten.«
    »Damit nicht hinterher ein Enkel um siebenundfünfzig Ecken ankommt und das gesamte Testament anfechten kann«, vermutete Judith. »Ich verstehe.«
    »So ungefähr«, bestätigte von Thun.
    Ellen seufzte. »Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Herr von Thun … aber wenn Sie uns sowieso nichts sagen dürfen, warum sind wir dann hier?«
    Von Thun schien ein kleines Stück in sich hineinzukriechen und wirkte noch unglücklicher.
    »Selbstverständlich wird die wirkliche Testamentseröffnung in unserer Kanzlei stattfinden«, sagte er, »und ebenso selbstverständlich wird Herr Flemming selbst anwesend sein, wenn das Testament verlesen wird. Aber zuvor sind gewisse … Vorbereitungen zu treffen, und es war der ausdrückliche Wunsch Klaus Sängers, dass Sie alle sich hier das erste Mal begegnen, auf dem alten Familiensitz.«
    »Vorbereitungen?« Stefan klang mit einem Male misstrauisch.
    »Wie gesagt, es ist mir nicht gestattet, zu diesem Zeitpunkt schon zu viel zu verraten«, antwortete von Thun unglücklich. »Dennoch kann ich Ihnen so viel sagen: Sie sechs hier sind die letzten Nachkommen der Familie Sänger, die wir ausfindig machen konnten, und Klaus Sänger hat in seinem letzten Willen verfügt, dass sein Vermögen — nach Erfüllung gewisser Bedingungen — zu gleichen Teilen an seine letzten Nachkommen vermacht werden soll, und somit an Sie.«
    Eds Augen leuchteten auf. Er begann unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen und auch Ellen wirkte plötzlich deutlich angespannt. Aber vermutlich sah auch ich in diesem Moment nicht unbedingt gelangweilt aus.
    »Ohne zu viel zu sagen«, fuhr von Thun fort. »Sollte das Vermögen zu gleichen Teilen aufgeteilt werden, dürfte für jeden von Ihnen eine Summe in deutlich siebenstelligem Bereich anfallen, nur was das Bargeld und das Aktienvermögen Klaus Sängers angeht. Dabei sind die — wie ich betonen möchte: beträchtlichen — Immobilienwerte noch gar nicht

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