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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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und vermutlich nicht unbeabsichtigt.
    »Habe ich … irgendetwas verpasst?«, fragte ich.
    »Maria glaubt, etwas gehört zu haben«, sagte Stefan.
    Ich kramte einen Moment in meinem Gedächtnis. Wenn ich mich nicht sehr täuschte, dann hatte Maria das Zimmer neben Judith. Ich konnte mir ungefähr vorstellen, was sie gehört hatte, und wappnete mich innerlich gegen einen von Eds dummen Sprüchen. Zu meiner Überraschung schwieg er, nur sein Grinsen wurde noch breiter. Sollte ich das Rennen machen und als Sieger aus dieser absurden Geschichte hervorgehen, dann würde ich dem Kerl die Fresse polieren, sobald die Entscheidung gefallen war.
    Wenn nicht, vermutlich auch.
    »Und?« Ich drehte mich auf dem Stuhl herum, um Maria anzusehen. Sie hockte mit angezogenen Beinen auf ihrem Stuhl und hatte beide Knie mit den Armen umschlungen.
    Sie ging nicht so weit, auf dem Stuhl vor- und zurückzuschaukeln, aber sie sah sehr erschrocken aus, und in ihrem Blick war eine Leere, die mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ.
    Ellen ließ eine große, weiße Tablette in das Wasserglas neben mir fallen und beobachtete, wie sie in Millionen feiner Luftbläschen explodierte. »Hast du gut geschlafen?«
    Judith lächelte verschwörerisch. Sie wusste ja, unter welchen Umständen ich eingeschlafen war; und ich hatte das sichere Gefühl, nicht nur sie … Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Rot werden wie ein verknallter Teenager hatte gerade noch gefehlt. Ich wartete auf einen vernichtenden Kommentar von Ed, aber seltsamerweise ließ er auch dieses Mal eine Gelegenheit verstreichen.
    Ich nahm einen Schluck aus dem Glas, ehe ich antwortete. Ich schmeckte erst, dass es kein Aspirin war, als die bittere Flüssigkeit bereits meine Kehle hinabrann. Aber was immer es auch war, es tat seine Wirkung. Die Flüssigkeit konnte meinen Magen noch gar nicht wirklich erreicht haben, aber der dumpfe Druck in meinem Kopf nahm bereits ab. Ich nahm einen weiteren, noch größeren Schluck, verzog — demonstrativ — das Gesicht und leerte das Glas dann mit einem einzigen Zug. In Ellens Augen blitzte es amüsiert auf, aber sie verbiss sich zu meiner Erleichterung jeden Kommentar, sondern nahm mir nur das Glas aus der Hand und stellte es wortlos auf den Tisch zurück. Braver Junge.
    »Gut geschlafen?« Ich schüttelte vorsichtig den Kopf.
    »Nicht besonders, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Das hätte mich auch gewundert«, sagte Ed.
    »Niemand von uns hat das«, fügte Ellen beinahe hastig hinzu. Ich sah sie nicht an, aber ich konnte den ärgerlichen Blick, den sie Ed zuwarf, regelrecht spüren. »Maria war nur die Erste, die aufgewacht ist.«
    »Aufgewacht woraus?«, fragte ich.
    »Aus dem Traum«, antwortete Ed. »Aus unserem Traum, um genau zu sein, Schlaukopf.«
    »Ed, bitte!«, seufzte Ellen. Sie warf Ed einen ärgerlichen Blick zu und beugte sich dann wie zufällig wieder zwischen Judith und mir hindurch, diesmal, um nach einer Packung West zu greifen, die auf dem Tisch lag, und sich eine Zigarette anzuzünden. »Du hattest einen Alptraum. Habe ich Recht?«
    Bevor ich antwortete, griff ich ebenfalls nach der Schachtel, bediente mich und ließ mir von Ellen Feuer geben. »Und?«
    Ellen lächelte zuckersüß. »Ich wette, du hast von dieser Burg geträumt und etwas hat dich in diesem Traum verfolgt.«
    Die blauen Augen der anderen durchbohrten mich regelrecht mit Blicken. Erst jetzt fiel es mir auf: Sie alle hatten blaue Augen. Leuchtend klare, himmelblaue Augen … so wie ich. Aber wir scheinen ja auch alle miteinander verwandt zu sein, versuchte der rationale Teil meines Verstandes mich zu beruhigen. Außerdem spielte es im Moment wirklich keine Rolle.
    Ellen blies eine Rauchwolke in meine Richtung. »Du wurdest gnadenlos gehetzt. Und da war Feuer … Du bist zur Burg hinauf geflohen. Allein … ausgeliefert diesem blutgierigen Mob … und dann war da diese Tür.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich fassungslos. Automatisch starrte ich Judith an, erntete aber nur ein angedeutetes Achselzucken, und Ed sagte grinsend: »Keine Sorge — du sprichst nicht im Schlaf. Und wenn doch, hat sie wenigstens nichts davon erzählt.«
    Ich war so verwirrt, dass ich nicht einmal darauf reagierte, sondern mich nur wieder an Ellen wandte. »Was … was soll das alles?«
    »Also?«, fragte sie. »Habe ich Recht?«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich noch einmal.
    »Sie weiß es«, antwortete Maria an Ellens Stelle, »weil wir alle diesen

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