Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nemesis 02 - Geisterstunde

Nemesis 02 - Geisterstunde

Titel: Nemesis 02 - Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Vorstellung wehren, dass das Maschinenungetüm neben mir die Dunkelheit ausnutzte, um endgültig zu etwas anderem zu mutieren.
    »Da hat sich jemand aber verdammt große Mühe gegeben«, sagte Stefan. Seine Stimme drang als verzerrtes Echo aus dem Loch in der Wand hervor. Der Raum auf der anderen Seite musste sehr groß sein. »Und das ist – hoppla! Was ist denn das?«
    Er kroch unter gewaltigem Scheppern und Getöse vollends in das Loch hinein und richtete sich auf der anderen Seite wieder auf, und die Dunkelheit schlug wie eine erstickende Woge über mir zusammen. Judith atmete scharf ein, und auch Maria stieß einen zwar undefinierbaren, aber zweifellos erschrockenen Laut aus. Mein Herz begann zu jagen. Vielleicht war der einzige Grund, aus dem ich es plötzlich sehr eilig hatte, Stefan zu folgen, der, dass ich spürte, mit diesem Panikanfall nicht mehr fertig zu werden. Ich bin gewiss kein größerer Feigling als die meisten anderen, und ich habe auch keine übersteigerte Angst vor der Dunkelheit, aber das hier war etwas anderes. So hastig, dass ich im Dunkeln über die mittlerweile wirr herumliegenden Kanister stolperte und um ein Haar gefallen wäre, folgte ich Stefan und kroch auf Händen und Knien – und ohne Judiths Hand loszulassen, was ich auch schwerlich gekonnt hätte, denn sie klammerte sich mittlerweile mit aller Kraft an meine Finger – durch das Loch in der Wand. Hastig richtete ich mich auf der anderen Seite wieder auf und trat so dicht an Stefan heran, wie es gerade noch ging, ohne ihn wirklich zu berühren; nicht, um in seiner Nähe Schutz zu suchen, wohl aber in dem Licht seiner Lampe. Der Raum, in dem wir uns befanden, musste sehr groß sein. Ich sah im allerersten Moment nur ein hoffnungsloses Durcheinander aus Schemen und Umrissen, über die das gelbe Licht der Petroleumlampe zu schnell hinwegtastete, um sie wirklich erkennen zu können. Aber dieser Keller war eindeutig größer als der Generator-Raum nebenan, und der Luftzug war nun so deutlich, als striche eine kühle Hand über mein Gesicht. Ganz automatisch drehte ich mich in die entsprechende Richtung und glaubte tatsächlich etwas wie einen grauen Schimmer hoch oben unter der Decke wahrzunehmen – möglicherweise ein Fenster oder ein schmaler Lichtschacht.
    »Was ist das hier?«, murmelte Judith. Die Frage galt Carl, der als Letzter auf Händen und Knien hereingekrochen kam und sich so umständlich aufrichtete, dass die Bewegung gar keinem anderen Zweck dienen konnte als dem, Zeit zu schinden.
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte er dann auch prompt.
    Etwas schepperte. Ich drehte mit einem erschrockenen Ruck den Kopf und sah einen Schatten neben mir, wo eigentlich keiner sein sollte, und eine halbe Sekunde später wiederholte sich das Scheppern und Glas zerbrach.
    »Bleibt, wo ihr seid!«, sagte Stefan. »Ich glaube, hier steht eine ...« Statt weiterzusprechen, stellte er die Lampe geräuschvoll ab, und für ein paar Sekunden war nur ein hektisches Scharren und Kramen zu hören. Dann riss er ein Streichholz an, und ein leises Zischen erklang, das mir irgendwie vertraut vorkam, obwohl ich es im ersten Moment nicht einordnen konnte. Erst als nur ein kleines Stück neben Stefans Petroleumlaterne eine zweite, deutlich hellere und weiße Lichtquelle aufglomm, erkannte ich die gasbetriebene Campingleuchte.
    »Interessant«, sagte Stefan.
    Ich war ganz und gar nicht sicher, ob er dasselbe meinte wie ich, vor allem nicht, wenn man den Blick in Betracht zog, den er Carl dabei zuwarf. Ich drehte mich jedoch nicht einmal zu Zerberus herum, sondern presste für eine Sekunde die Lider zusammen und blinzelte dann ein paarmal, damit sich meine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen konnten. Auch dieser Raum bestand aus uralten, groben Ziegelsteinen und hatte eine gewölbte Decke, war aber deutlich größer als die Kammer nebenan. Stefan hatte seine Lampe auf etwas abgestellt, was früher vielleicht einmal als Werkbank gedient hatte, nun aber hoffnungslos mit allem möglichen Gerümpel beladen war. Daneben befand sich eine Art hölzerner Verschlag, nur kniehoch, aber mit einer Seitenlänge von sicherlich zwei Metern, den ich im ersten Moment für eine antiquierte Kartoffelkiste hielt, bis ich die von Rost zerfressene, schräg in der Decke verschwindende Kohlenrutsche gewahrte. Die Zugluft kam von dort oben. Es war kein Fenster, sondern eine Kohlenklappe, die nicht mehr ganz dicht schloss und es vermutlich auch nie getan hatte.

Weitere Kostenlose Bücher