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Nemesis 02 - Geisterstunde

Nemesis 02 - Geisterstunde

Titel: Nemesis 02 - Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
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an, dass niemand eine Zwischenmahlzeit will?«
    Niemand lachte und auch Carls nervöses Grinsen wirkte einfach nur hilflos. Er begann nervös auf der Stelle zu treten, und sein Blick irrte überallhin, nur nicht zu dem Regal. Man hätte fast meinen können, dass er Angst davor hatte...
    »Einen Moment noch«, murmelte ich. Im blassen Lichtschein der Campinglampe meinte ich hinter dem Regal etwas Metallisches schimmern zu sehen. Es kostete mich noch immer große Überwindung, und ich ging in einem schon fast albern großen Bogen um das heruntergefallene Glas herum, aber ich ging darum herum, griff nach einer der Streben und rüttelte prüfend daran. »Fasst mal mit an.«
    »Was soll denn der Unsinn?«, fragte Carl nervös.
    »Das beginne ich mich allmählich auch zu fragen«, sagte Stefan – aber er sah Carl bei diesen Worten an, und seine Stimme war hörbar schärfer geworden. Selbst in dem blassgelben, dürftigen Licht, das die Öllampe verstrahlte, konnte man erkennen, dass Carls Gesicht noch einmal blasser geworden war.
    Stefan wartete einen Herzschlag lang vergeblich auf eine Antwort, zuckte schließlich mit den Schultern und trat ohne ein weiteres Wort neben mich. Als ich es allein versucht hatte, hatte sich das Regal praktisch nicht gerührt, aber zu zweit schoben wir es ohne große Mühe zur Seite – was auch nicht weiter erstaunlich war. Das Regal stand keineswegs so unverrückbar da, wie es den Anschein zu erwecken versuchte, sondern bewegte sich auf einer Anzahl großer, offenbar sorgsam geölter Rollen.
    Dahinter kam eine ziemlich stabil aussehende Metalltür zum Vorschein, die zusätzlich noch mit breiten Eisenbändern beschlagen und mit einem modernen Zylinderschloss gesichert war.
    »Lassen Sie mich raten«, wandte ich mich gereizt an Carl. »Sie sehen diese Tür zum ersten Mal, nicht wahr?
    Und Sie haben auch nicht die geringste Ahnung, was dahinter liegt.«
    »Stimmt«, antwortete Carl trotzig. Sein Gesicht war das personifizierte schlechte Gewissen. »Ich habe sie noch nie vorher gesehen.«
    Stefan verdrehte bezeichnend die Augen, aber er enthielt sich jeden Kommentars, ließ sich stattdessen in die Hocke sinken und fuhr mit den Fingerspitzen über die hellen Kratzspuren, die die eisernen Rollen im Boden zurückgelassen hatten. Einige davon waren frisch, aber längst nicht alle. Das Regal war schon oft bewegt worden.
    »Und Sie haben auch selbstverständlich keinen Schlüssel dafür«, vermutete ich.
    »Selbstverständlich nicht«, antwortete Carl trotzig.
    »Wie gesagt: Ich sehe diese Tür zum ersten Mal.« Seine Stimme war erstaunlich ruhig, aber sein Blick irrte wie der eines in die Enge getriebenen Tieres hin und her.
    Innerlich spannte ich mich instinktiv an, um ihm den Weg zu verstellen, falls er versuchen sollte wegzulaufen.
    Er sah ganz so aus, als wollte er genau das tun.
    »Vielleicht waren es ja die Arbeiter, die hier renoviert haben«, fuhr er fort. »Sie ...«
    Stefan stand kommentarlos auf und war mit einem Schritt, der fast gemächlich wirkte, ohne es im Geringsten zu sein, neben ihm und griff in seine Hosentasche.
    Carl begann lauthals zu protestieren und versuchte sogar, seine Hand zur Seite zuschlagen, aber Stefan ignorierte ihn einfach. Als er die Hand wieder aus Carls Hosentasche herauszog, hielt sie einen gewaltigen Bund mit mindestens zwei Dutzend Schlüsseln. Die meisten davon waren uralt und rostig, altmodische Gebilde mit übergroßen, geschwungenen Barten, aber es gab auch zwei umso modernere, goldfarben schimmernde Sicherheitsschlüssel, und dieses Mal war die Wahrscheinlichkeit auf unserer Seite.
    Bereits der erste Schlüssel, den ich ausprobierte, passte.
    Mit einem leisen Klicken glitt der Riegel zurück.
    »Und weil Sie sie noch nie gesehen haben, ist es überflüssig, zu erwähnen, dass Sie sie auch noch nie geöffnet haben«, stellte Stefan in einem Tonfall fest, der ungefähr so trocken war wie Wüstensand nach anderthalb Stunden im Umluftherd. »Nicht einmal, wenn wir dahinter Ihr ganz persönliches Kulturtäschchen finden. Oder Ihre aktuelle Steuererklärung.«
    Carl funkelte ihn trotzig an und presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Stefan bedachte ihn mit einem ebenso abfälligen wie verächtlichen Blick, ehe er vortrat und die Tür mit einem übertrieben heftigen Ruck aufriss. Obwohl sie äußerst schwer und massiv aussah, ließ sie sich so einfach öffnen, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte, und ich verkniff mir nur mühsam ein

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